Infineon entwickelt und produziert in Österreich energieeffiziente Chips. Mit ihnen soll der weltweit steigende Energiehunger befriedigt werden.
Wenn man den Prognosen der Klima- und Wirtschaftsforscher Glauben schenken darf, sieht unsere Zukunft düster aus: Die Welt wächst unaufhörlich zu einem energiehungrigen Moloch. Da mag die herrschende Bio-Welle in Europa putzig erscheinen, wenn sich anderenorts in Schwellenländern Familien eines neuen Mittelstands auf den ersten SUV freuen. In Asien werden derzeit die meisten Kohlekraftwerke weltweit errichtet. Mit ihnen will man mit dem explodierenden Energieverbrauch fertig werden. Freilich ist das kostengünstigste Kraftwerk immer noch jenes, das gar nicht gebaut wird. Halbleiterhersteller Infineon hat sich just diesen fiktiven Kraftwerkstyp zum Thema gemacht. An den Standorten in Österreich wird mit dieser Vision vor Augen eine breite Palette passender Chips gebaut. Die kleinen Energiesparer sind in unzähligen Geräten zu finden – vom Kühlschrank bis zur Windkraftanlage.
Effekte durch Technologie <<
»Würden alle Geräte mit elektrischen Bauteilen heute auf den neuesten Stand der Technik gebracht, könnte auf einen Schlag bis zu ein Viertel des weltweiten Stromverbrauches eingespart werden«, behauptet Infineon-Manager Andreas Urschitz. Elektrische Motoren sind derzeit für 40 Prozent des Stromverbrauchs weltweit verantwortlich. Er erwartet, dass Strom im Energieverbrauch eine zunehmende Rolle spielen wird. So nehmen aktuell alle Fahrzeughersteller erste Elektroautos in die Massenproduktion auf. Länder wie China haben in den Ballungsräumen die Nutzung von E-Cars gar staatlich angeordnet. Doch steckt die Technik teilweise noch in den Kinderschuhen. Unternehmen wie Infineon Austria arbeiten nun daran, die gesamte Fahrzeugelektronik effizienter zu gestaltet. Im Fokus der Forscher ist vor allem die Energiewandlung. Bei Elektroautos ist zum Beispiel die Wandlung von Gleichstrom in Wechselstrom beim Laden der Batterie aus dem Stromnetz von großer Bedeutung – und auch die Wandlung von Gleich- in Drehstrom, um die Elektromotoren im Fahrbetrieb aus der Batterie zu speisen. Schnurrt die Elektronik auf Hightechniveau, so werden künftig auch die Batterien kleiner gebaut werden können. Dadurch vermindert sich das Leergewicht des Fahrzeuges, folglich steigt auch seine Reichweite.
Doch auch in herkömmlichen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor ist die Effizienz der Autoelektronik im wahrsten Sinne des Wortes zu einem brandheißen Thema geworden. »Elektrische Verbraucher im Auto wie etwa Klimaanlage oder Licht verursachen bis zu 20 Prozent des Spritverbrauchs«, weiß Urschitz. Dabei müssen die Hersteller die Abgaswerte ihrer Modelle stets den gesetzlich zugelassenen Vorgaben anpassen. Werden diese Normgrößen aus Umweltschutzgründen weiter verändert, könnte dies über eine effizientere, spritsparende Elektronik kompensiert werden.
>> Dünner als ein Haar <<
Welcher Faktor aber macht die Energieeffizienz von Bauteilen überhaupt aus? Wenn die Komponenten besonders dünn und klein sind, wird Strom mit minimalem Widerstand durchgeleitet. Infineon wendet bei der Herstellung seiner Chips, die in Fernsehern, Computern, Netzteilen, Spielkonsolen, Servern, Motoren und Maschinen zum Einsatz kommen, sogenannte Dünnschichtverfahren an. Die »Wafer«, wie die Siliziumscheiben genannt werden, auf denen in Villach mikroelektronische Schaltungen angebracht werden, sind lediglich 60 Mikrometer dick – das ist in etwa so dick wie ein menschliches Haar. Die Fertigung dieser extrem zerbrechlichen Scheiben passiert in staubfreien Reinräumen. Ein einzelner Wafer wird in mehr als 300 Arbeitsschritten behandelt, bis er zersägt wird und die Mikrochips in das jeweilige Gehäuse verpackt werden.
Urschitz forscht mit seiner Mannschaft bereits an noch extremeren Schichtniveaus. »In den kommenden Monaten, spätestens 2012, werden wir die Produktion von 40 Mikrometer dünnen Wafern beginnen. Voraussichtlich ab 2013 schaffen wir dann sogar 20 Mikrometer – dünner als ein Haar.« Dieses Fertigungs-Know-how gibt es weltweit derzeit nur in Villach, bekräftigt auch Infineon-Sprecherin Ingrid Lawicka. Wie heißt es doch so schön in der Industrie: Vorsprung durch Technik.
>> Wussten Sie, dass ... ?
Jeder kennt sie, die Ladekabel mit integriertem Netzteil. Hat etwa Ihr Notebook ein besonders großes Netzteil, bedeutet das in der Regel, dass billige, ältere Chips zur Spannungsumwandlung eingebaut wurden. Hintergrund: In Elektronik minderer Qualität entsteht durch einen höheren Leitungswiderstand auch mehr Wärme. Damit sich niemand die Finger am Netzteil verbrennt, werden deren Gehäuse einfach großzügiger dimensioniert. Die größere Oberfläche verteilt die Hitze auf ein für den Nutzer erträgliches Maß.
Der Unterschied im Einkaufspreis für energiesparendere Netzteile beträgt am Weltmarkt zwar nur wenige Dollar, doch das juckt manche Notebookhersteller nicht. Der Grund: Mit Skaleneffekten bei Zehntausenden Stück pro verkauftem Modell summiert sich jede noch so kleine Einsparung. Wer aber am Ende draufzahlt, ist der Konsument. Denn heißlaufende Netzgeräte schlagen sich auf den Stromverbrauch nieder.