Samstag, November 23, 2024
Erben ohne Streit: erfolgreich navigieren durch Tradition und Transformation
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Ein Generationenwechsel im Familienunternehmen wirft viele Fragen auf. Neben der Entscheidung, wer den Betrieb fortführt, ist eine ganze Reihe von rechtlichen Punkten zu klären. Ein Kommentar von Katharina Binder und Martin Brodey

Woran gilt es bei der Übertragung des Unternehmens zu denken? Anfangs steht meist die Entscheidung, ob das Unternehmen familienintern weitergeführt, (teilweise) verkauft oder Dritte in das operative Geschäft eingebunden werden sollen. Dieser Entschluss hängt wesentlich davon ab, ob in der Familie geeignete und motivierte Nachfolger vorhanden sind. Dabei sollten alle möglichen zukünftigen Rollen und Positionen einzelner Familienmitglieder angedacht werden: Wer möchte operativ fortführen? Einer? Mehrere? Gibt es jemanden, der beratend und unterstützend, zum Beispiel in einem Beirat, agieren möchte?

Gibt es familienintern keine Nachfolger für das operative Geschäft, kann sich die Familie auf die Eigentümerebene zurückziehen, familienfremde Personen mit der Geschäftsführung betrauen und so weiterhin für Kontinuität und Stabilität im Unternehmen sorgen. Ist auch das keine tragfähige Option oder bedingen äußere Einflüsse das Hinzuziehen eines Dritten, ist der Verkauf des Unternehmens an einen geeigneten Außenstehenden oftmals die beste Lösung.

Grundlagen einer Unternehmensübertragung

Jeder Unternehmensübergang erfordert sorgfältige Planung und die Berücksichtigung verschiedener rechtlicher Anforderungen. Relevant sind primär gesellschaftsrechtliche und steuerliche Aspekte, aber – je nach Betrieb – oft auch Fragestellungen rund um die Übernahme von Kund*innen und Mitarbeiter*innen oder auch die Finanzierung. Scheidet der bzw. die Gründer*in und bisher federführende Verantwortliche aus dem Unternehmen aus, gewinnen diese Punkte zusätzlich an Relevanz.

Ein potenzieller Käufer von dritter Seite wird für die Unternehmensbewertung eine Due-Diligence-Prüfung durchführen wollen, um die finanzielle und rechtliche Situation des Unternehmens sowie potenzielle Risiken zu identifizieren und zu bewerten. Demgegenüber wird der potenzielle Verkäufer das Lebenswerk nur an den für ihn persönlich passendsten Nachfolger übergeben wollen und dabei in aller Regel einerseits die Fortführung des Unternehmens und andererseits eine Minimierung der eigenen Steuerlast anstreben.

Sind die Rahmenbedingungen in Grundsätzen geklärt, ist das wichtigste Instrument der Übertragungsvertrag, der die Bedingungen, wie insbesondere den Kaufpreis samt Zahlungsmodalitäten sowie Garantien und Zusicherungen von beiden Seiten, festlegt. Eine Grundsatz­entscheidung bei der Gestaltung des Deals ist, ob in einem Share Deal Anteile an der Trägergesellschaft, oder im Rahmen eines Asset Deals der Betrieb mit seinen Vermögenswerten, übertragen werden sollen.

Bei einem Asset Deal sieht das Gesetz für bestimmte Sachen zusätzlich zum Kaufvertrag separate Übertragungsschritte vor: Dazu zählen insbesondere Kunden- und Lieferantenverträge, bei denen das Gesetz dem jeweiligen Vertragspartner ein Widerspruchsrecht einräumt, und Immobilien, deren Übertragung jedenfalls eine Eintragung im Grundbuch erfordert. Für die Übertragung der Arbeits- und Dienstverhältnisse sowie für die Haftung für Verbindlichkeiten des übertragenen Unternehmens, kommen bei einem Asset Deal zudem zwingende gesetzliche Regelungen zur Anwendung. Bei einem Share Deal übernimmt der Erwerber hingegen »nur« die rechtliche und wirtschaftliche Stellung des veräußernden Gesellschafters; die das Unternehmen ausmachenden Rechtsverhältnisse mit Mitarbeitenden, Kunden etc. bleiben davon in der Regel unberührt.

Unternehmensübertragung in der Familie

Bei einer Übergabe im Familienkreis spielt zusätzlich zu den genannten rechtlichen Themenkreisen das Erbrecht eine Rolle, und zwar auch dann, wenn das Unternehmen bereits zu Lebzeiten übergeben wird. Nachkommen sowie der Ehe- oder eingetragene Partner haben Pflichtteilsansprüche, deren Höhe von Schenkungen und anderen unentgeltlichen Vermögenszuwendungen des späteren Erblassers abhängt, die dieser zu Lebzeiten oder von Todes wegen tätigt. Der Pflichtteilsanspruch ist ein Geldanspruch in Höhe des halben gesetzlichen Erbteils. Bei der Planung der Unternehmensnachfolge ist es daher essenziell für die Erfüllung dieser Ansprüche vorzusorgen, ohne den Bestand des Unternehmens zu gefährden. Das Gesetz sieht in diesem Zusammenhang die Möglichkeit der Stundung oder Ratenzahlung vor, genauso können aber auch Pflichtteilsverzichte, mit auf die Familiensituation individuell zugeschnittenen Regelungen, Abhilfe schaffen. Zudem haben sich Pflichtteilsberechtigte jeden Vermögenswert, den sie vom Erblasser erhalten, auf ihren jeweiligen Pflichtteilsanspruch anrechnen zu lassen.

Eine bevorstehende Weitergabe ist eine Herausforderung, die weit über rein unternehmerische und rechtliche Überlegungen hinausgeht. Die nahtlose Übergabe von einer Generation an die nächste erfordert strategische Planung und kommunikative Kompetenz, weil dieser Prozess häufig bis dahin schlummernde Spannungsfelder in der Familie offenlegt. Einerseits strahlen lebenslang gewachsene innerfamiliäre Konflikte in dieser Situation besonders aus, andererseits bestehen meist unterschiedliche Vorstellungen über die zukünftige Ausrichtung des Unternehmens.

Ideale Planung und Umsetzung der Unternehmensnachfolge beziehen alle Beteiligten an einem Tisch auf Augenhöhe mit ein. Dies ist für eine frühzeitige Identifizierung potenzieller Nachfolger entscheidend. Eine systematische und strukturierte Nachfolgeplanung, die individuelle Stärken und Interessen aller Beteiligten berücksichtigt, führt langfristig zu unternehmerischem Erfolg. Je nach Familiensituation kann hier die Einbindung externer Berater wie Mediatoren helfen, objektive Einschätzungen vorzunehmen und die bestmögliche Lösung für das Unternehmen zu finden.

Um allen Interessen möglichst gerecht zu werden, ist es oft ratsam, gemeinsam eine Familienverfassung zu erarbeiten, in der die familiären Grundprinzipien für die Teilhabe am Unternehmen definiert und festgehalten werden. Dabei geht es oft um die Festsetzung von Grundprinzipien der Unternehmensführung als Leitlinie für das familieninterne Unternehmensbild, aber auch um die Bedingungen für einen etwaigen Verkauf. Eine Familienverfassung ist Richtschnur für alle Beteiligten, die ihre Verfügungen sodann in den jeweiligen relevanten rechtlichen Instrumenten (Testament, Syndikatsvertrag, etc) entsprechend ausrichten und so den Zusammenhalt als Familienunternehmen gewährleisten.

Fazit

Die Unternehmensnachfolge bedarf frühzeitiger Planung und umsichtiger Umsetzung. Dabei sind ein klarer Blick auf das Unternehmen und die Unternehmerfamilie, aber auch eine umfassende Beratung unerlässlich. Sowohl beim Verkauf als auch bei einer Weitergabe innerhalb der Familie müssen unternehmerische, rechtliche und steuerliche Aspekte berücksichtigt und unterschiedliche Interessen ausbalanciert werden. Eine frühzeitige Begleitung durch Anwälte und Steuerberater hilft dabei, potenzielle Chancen und Risiken aufzuzeigen, ein gemeinsames Verständnis für die unternehmerischen Ziele zu schaffen und konkrete Ablaufpläne zu entwickeln.


Tipps – wer, wann, wieviel

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Bei einer Übergabe im Familienkreis spielt zusätzlich zu den genannten rechtlichen Themenkreisen das Erbrecht eine Rolle, und zwar auch dann, wenn das Unternehmen bereits zu Lebzeiten übergeben wird.

1. Pflichtteilsberechtigte
Nachkommen sowie der Ehe- oder eingetragene Partner haben Pflichtteilsansprüche. Bei der Nachfolgeplanung ist es daher essenziell, für die Erfüllung dieser Ansprüche vorzusorgen, ohne den Bestand des Unternehmens zu gefährden.

2. Pflichtteilsanspruch
Der Pflichtteilsanspruch ist ein Geldanspruch in Höhe des halben gesetzlichen Erbteils. Pflichtteilsberechtigte können die Erfüllung ihres Geldpflichtteils ein Jahr nach dem Tod des Erblassers fordern. Das Gesetz sieht jedoch die Möglichkeit der Stundung oder Ratenzahlung vor.

3. Pflichtteilsverzicht
Pflichtteilsberechtigte müssen sich jeden Vermögenswert, den sie vom Erblasser zu dessen Lebzeiten oder von Todes wegen erhalten, auf ihren Pflichtteilsanspruch anrechnen lassen. Auch – unter Umständen individuell zugeschnittene – Pflichtteilsverzichtsvereinbarungen können Abhilfe schaffen.


Die Autor*innen


Dr. Martin Brodey, LL.M., ist seit 2018 Managing Partner der DORDA Rechtsanwälte GmbH und in den Bereichen M&A und CEE führend tätig.

Mag. Katharina Binder, LL.M., ist Rechtsanwältin und seit 2014 Mitglied des Private Client and Tax Teams in der Kanzlei DORDA.

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