Ob als Industrieroboter in der Automobil-Fertigung, als Service-Roboter für die Lagerhaltung oder als mobiler Roboter für Montagearbeiten am Bau – Roboter sind gefragt. 80 Prozent der Arbeiten, die beim Bau eines Gebäudes anfallen, könnten von Maschinen übernommen werden.
Es ist noch nicht lange her, da war die Baustelle Synonym für körperlich harte Arbeit, Schweiß, Muskelkraft und Staub. Zu einem gewissen Grad bleibt das sicher erhalten, aber Robotik prägt den digitalen Wandel und sorgt für Erleichterung. Zu unterscheiden sind stationäre Industrieroboter, die bereits seit Jahren in der Produktion für Montagearbeiten wie Schweißen, Nieten und Verschrauben eingesetzt werden, sowie mobile Roboter, die selbständig komplette Arbeitsabläufe übernehmen. Den Maurer-Roboter gibt es als Idee schon lange, bis zum vollständig autonom agierenden Robo-Kollegen wird es noch dauern. Robotik am Bau nimmt aber definitiv Fahrt auf, etwa bei der Strabag.
Bild oben: »Aktuell stecken wir wortwörtlich in den ersten Gehversuchen im Bereich Roboterhunde«, berichtet Patrick Ullrich, Leiter Innovation und Digitalisierung bei Leyrer + Graf. Das Ziel sind Daten für automatisierte Arbeitsabläufe und BIM-Modelle.
»Der Roboterhund Spot von Boston Dynamics hat bei uns seine Spur aufgenommen«, berichtet Linus Waltenberger, Leiter der Function Startups & Scouting im Zentralbereich Strabag Innovation and Digitalisation. In einem ersten Schritt übernimmt Spot die zeitintensive und repetitive Fotodokumentation von Baustellen zur Entlastung der operativen Teams und zur lückenlosen Baustellendokumentation. Die nächste Erweiterung ist ein Laserscan, um Daten für den Abgleich mit dem BIM 5D-Modell zu generieren. »Darüber hinaus testen wir Mal-, Estrich- und Bohrroboter auf Baustellen vor Ort und überprüfen die Voraussetzungen für einen Regelbetrieb.«
In der Vorfertigung sind Industrieroboter bei Strabag und Züblin bereits seit mehreren Jahren in Betrieb. Spot unterstützt als elektronischer Vierbeiner auch Leyrer + Graf. Auf Baustellen ist er noch nicht im Einsatz, geplant sei er vorerst für die tägliche Dokumentation des Baustellenfortschritts mit 360° Bildern von der Baustelle, heißt es aus dem Bauunternehmen. Das Spektrum des Roboters Baubot von Printstones reicht vom Transport von Baumaterial über das Schrauben und Plasmaschneiden bis hin zum Bohren. Daneben kann er auch zum Streichen von Wänden, Vermessen oder Schweißen eingesetzt werden.
Roboter kooperieren
Die Baubranche beschreitet neue digitale Wege, das Bekenntnis zu Robotik ist im Gegensatz zu anderen Branchen allerdings noch gering. Dafür gibt es laut Forschern mehrere Gründe. Roboter werden am erfolgreichsten in stationären Massenfertigungslinien mit gleichbleibenden Aufgaben eingesetzt. Im Gegensatz dazu ist jede Baustelle einzigartig.
Bei der Entscheidung für Robotik sind auch die hohen Vorlaufkosten einschließlich Forschung und Entwicklung zu berücksichtigen. Es gibt vielversprechende Innovationen bei Robotern im Bauwesen. »Auf lange Sicht wird der Einsatz von Robotik Bauprozesse und die Bauwirtschaft tiefgreifend verändern. Auf der Baustelle der Zukunft werden Roboter und Menschen Schulter an Schulter sicher, effizient und nachhaltig nebeneinander arbeiten«, sieht Linus Waltenberger großes Potenzial.
Den Gedanken, dass Roboter Menschen im Bau komplett ersetzen, hält er für unrealistisch, da Vermessungsdrohnen Pilot*innen und Geoinformatiker*innen für die Auswertung der Daten brauchen, Fertigungsroboter Betriebs- und Wartungspersonal und ein 3D-Betondrucker ein hochqualifiziertes Team von Techniker*innen. Roboter tragen dazu bei, den Bauprozess bei gleichbleibender Ausführungsqualität und geringerer Fehlerquote zu beschleunigen und transparenter zu machen.
Robotik fordert
Der Bereich Robotik bestimmt weltweit die Forschung. Aktuelle Fragestellungen betreffen die Mensch-Roboter-Kollaboration, den Einsatz von Sensoren und Aktuatoren in der flexiblen Automatisierungstechnik, die Simulation, die optimierte Regelung und Visualisierung von Robotersystemen sowie Methoden zur Orientierung und Navigation mobiler Roboter.
»Forschungen rund um mobile Robotik sind sehr umfassend«, erläutert Alexander Nemecek, Leiter des Studiengangs Robotik an der FH Wiener Neustadt, anhand eines Projekts seines Instituts: »Im Projekt PlugBot entwickeln wir ein modulares Roboterbaukastensystem, das über standardisierte Schnittstellen kommuniziert, flexibel und einfach zu programmieren ist.« Heterogene Robotersysteme wie mobile Manipulatoren oder Spritzgussmaschinen mit integriertem Robotersystem sind komplex in Aufbau, Programmierung und Betrieb, da unterschiedliche Komponenten beim Anlagenbetreiber integriert werden und sicher funktionieren müssen.
Besonderes Augenmerk wird in der Robotik-Forschung deshalb auf die Kooperation zwischen Mensch und Maschine gelegt. Großes Entwicklungspotenzial sieht Alexander Nemecek in der Umsetzung vom Labor auf die alltägliche Situation. Im Labor gebe es sehr erfolgreiche Robotik-Schritte. Im Alltag ist der mobile Roboter dagegen mit völlig zufälligen Bedingungen konfrontiert.
Ein Werkzeug hat einen anderen Umfang beim Aufheben, die Umgebung sieht anders aus, es gibt viele Stolperfallen, benennt Studienleiter Nemecek einige Herausforderungen: »Die Entwicklung für eine breite Anwendung ist noch ein sehr großer Schritt, vor allem wenn er mit vertretbarem Aufwand realisiert werden soll.«