Unter den 191 Vorständen in Österreichs börsennotierten Unternehmen sind aktuell (Stichtag 1. August 2020) nur 14 Frauen. Im Vergleich zum Jahresbeginn ergibt sich sogar ein prozentueller Rückgang von 7,7 auf 7,4 %, denn bei gleichbleibender Anzahl weiblicher Vorstandsmitglieder zogen zusätzlich neun Männer in die Chefetagen ein.
In den Aufsichtsräten steigt der Frauenanteil dagegen langsam an – zurückzuführen ist diese Entwicklung auf die Quotenregelung. Seit Anfang 2019 wurden 44 Frauen neu in Kontrollgremien aufgenommen. Der Frauenanteil beträgt 27,2 %, bereits mehr als jedes vierte Aufsichtsratsmitglied ist somit eine Frau.
Trotzdem verläuft der Anstieg recht schleppend, wie Helen Pelzmann, Partnerin bei EY Law, kommentiert. Die Beratungsorganisation EY analysiert regelmäßig die Strukturen der im Wiener Börse Index gelisteten Unternehmen. „Wenn die Zahl der Frauen weiter im Tempo der letzten Jahre von unter einem Prozentpunkt steigt, wird es bis zum Jahr 2073 dauern, bis in den Vorstandsgremien 50 Prozent Frauen und 50 Prozent Männer sitzen“, so Pelzmann. „Obwohl Unternehmen immer mehr den Wert und die Notwendigkeit von vielfältig zusammengestellten Teams erkennen und auch wissen, dass sie im ‚War for Talents‘ nicht auf Frauen verzichten können, scheuen sie diesen Veränderungsprozess noch in den obersten Leitungsfunktionen und verkennen so auch die hohe Symbolkraft weiblicher Führungskräfte.“
In 45 von 58 österreichischen börsennotierten Unternehmen ist der Vorstand ausschließlich von Männern besetzt. Die meisten Frauen sind in den Chefetagen der Konsumgüterunternehmen (19 %) anzutreffen, dahinter folgen die IT-Branche (12,5 %) und der Finanzsektor (7,7 %). Immerhin drei der 14 Frauen leiten das Unternehmen als CEO: Herta Stockbauer die BKS Bank, Karin Trimmel den Kräuterlikörhersteller Gurktaler und Elisabeth Stadler die Vienna Insurance Group. Sechs Frauen stehen dem Finanzressort vor. Keine einzige Vorständin gibt es fünf Branchen: Automobil, Immobilien, Rohstoffe, Telekommunikation und Transport.
Der positive Effekt verpflichtender Quoten zeigt sich deutlich an der Zusammensetzung der Aufsichtsräte. Seit mit 1. Jänner 2018 die gesetzliche Genderquote von 30 % in Kraft ist, steigt der Frauenanteil in den Kontrollgremien der österreichischen WBI-notierten Unternehmen von 18,8 auf 27,2 %. „Mittlerweile hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass gemischte Teams besser arbeiten und auch die wirtschaftliche Performance des Unternehmens positiv beeinflussen“, erklärt Pelzmann. „Dass es im letzten halben Jahr wenig Veränderungen gab, ist auch auf die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie zurückzuführen. Manche Unternehmen haben ihre planmäßige Hauptversammlung und damit auch die Neubestellung des Aufsichtsrats in den Herbst verschoben. In den nächsten Monaten werden wir wieder deutlich mehr Bewegung sehen.“