Samstag, Dezember 21, 2024
Schub für die Digitalisierung
Foto: iba

Nach vier Wochen im Homeoffice ist zwar kein Alltag in die Digitalwirtschaft eingekehrt, aber zeitgleich mit der schrittweisen Öffnung des stationären Handels kommt sie in der neuen Normalität an. Wie diese aussehen kann, diskutierte das interactive advertising bureau austria als größte Interessenvertretung der Digitalwirtschaft im zweiten „Digi Talk“ via Zoom.

„Wir erleben einen fundamentalen Wandel, der maßgeblich durch Digitalisierung gestaltet wird. Vom Wertewandel bis zum Konsumwandel wird in der neuen Normalität alles anders sein“ leitete iab-austria-Vizepräsidentin Cosima Serban in den Talk ein. „Mit Agilität, Gestaltungskraft und einem konstruktiven Mindset kann die Digitalwirtschaft die Zukunft für die Zeit nach den COVID-19-Maßnahmen positiv formen. Dabei muss der Fokus klar auf Qualität liegen.“

„Es hat sich vom Arbeitsablauf bis zur Einstellung in den letzten Wochen alles geändert“, blickt auch Bernd Wollmann (Casinos Austria) auf die Zeit seit Einführung der COVID-19-Maßnahmen zurück. Adaptives Verhalten sieht er als Schlüssel, um erfolgreich in die Recovery-Phase zu kommen. Es wird jedoch keine Rückkehr in die gewohnte Vergangenheit, sondern in eine neue Realität. Aus dem Geschäftsalltag berichtet er, dass die Geschäftsmodelle komplementär sind und die Schließung der Casinos sich auch im digitalen Business abzeichnet. Positiv erkennt er gesellschaftliche Trends, die für mehr Zusammenhalt und Generationenverständnis führen.

„Der abrupte Schutdown war in etlichen Unternehmen ein Prozessbeschleuniger. Man kann fast von einem Digitalisierungszwang sprechen“, meint Alexander Oswald (Futura). In seiner Funktion als Präsident der Österreichischen Marketing Gesellschaft sieht er den Wegfall analoger Networking-Veranstaltungen als Rückschlag, der durch digitale Plattformen nicht zur Gänze kompensiert werden kann. „Das neue Premium-Erlebnis wird der persönliche Kontakt sein“, ist Oswald überzeugt. Beim Thema Krisenkommunikation kommt gerade das große Aufwachen. Viele Unternehmen entdecken die Bedeutung direkter Kommunikationskanäle zu den Konsumenten.

Bewusstseinswandel

Michael Katzlberger arbeitet mit seiner Agentur TUNNEL23 für systemrelevante Kunden wie BILLA oder Magenta Telekom. Entsprechend gefordert ist die Digitalschmiede in den Homeoffices. „Kommunikation hilft auch, Ängste in der Bevölkerung abzubauen“, berichtet er aus der Praxis des Lebensmittelhandels. Im Shutdown sieht er eine Entschleunigung des getriebenen Systems, die zu einer intensiveren Auseinenadersetzung mit Technologie und Geschäftsmöglichkeiten führt. „Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Notwendigkeit nimmt die Diskussion über das bedingungslose Grundeinkommen wieder Fahrt auf“, zeigt Katzlberger die weitreichenden Folgen der Pandemie auf.

Das Sportportal LAOLA1 sieht sich durch die langfristige Absage oder Verschiebung großer Sportveranstaltungen besonders hart mit der Situation durch die Maßnahmen zur Pandemie-Bekämpfung konfrontiert. Philip Haubner berichtet von einer Abflachung der anfangs stark gestiegenen Zugriffe, da der Sport-Content mit der Dauer der Maßnahmen abnimmt. „Trotz breiter Wertschöpfungskette zeigt sich eindrucksvoll, dass Content King ist“, bringt er die Situation auf den Punkt. Neue Formate mit Tennisprofi Jürgen Melzer oder Home-Workouts mit Skistars sind aktuelle Projekte, mit denen LAOLA1 seine User bindet.

Als positiven Wandel durch die Ausnahmesituation erkennt Wollmann bereits jetzt den Wandel im Konsumverhalten zu regionalen und lokalen Anbietern. Gerade sie profitieren von der Digitalisierung, um neue Kundenschichten anzusprechen. Auch Plattformen wie www.oesterreich.gv.at/onlinemarktplatz unterstützen die Konsumenten bei der Suche nach heimischen Anbietern und Lieferanten. Oswald sieht auch eine starke Verbindung zwischen Produzenten oder Lieferanten wachsen, da es erstmals einen direkten Austausch über Marktplätze und soziale Medien gibt.

Wollmann sieht derzeit viel Nachahmungstäter in der klassischen Werbung. Die Botschaften von Finanzdienstleistern oder Handelsketten sind derzeit austauschbar. Er warnt davor, den Scheitelpunkt der Kurve zu versäumen und Werbespendings stark zu beschneiden. LAOLA1 hat sich bewusst gegen Kampagnen während der COVID-19-Maßnahmen entschieden und Haubner setzt auf die eigenen Kanäle, um die Interaktion mit den Usern zu forcieren. Probleme sieht der LAOLA1-Marketingleiter derzeit in der programmatischen Werbung, da reichweitenstarke Umfelder zu Themen wie „Krise“ oder „Krankheit“ ausgeschlossen sind. Oswald warnt vor dem panikgetriebenen Preisverfall, der sich mit der Dauer der Maßnahmen weiter verstärken wird. „Wir müssen im Zusammenspiel zwischen Auftraggeberinnen und Auftraggebern, Agenturen und Medien sehr darauf aufpassen, dass es nicht zu einer preislichen Kettenreaktion und einer Abwärtsspirale kommt. Qualität muss im Vordergrund stehen!“, so Oswald.

 

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