Während es über die Qualität des hochrangigen Straßennetzes in Österreich kaum einen Grund zur Klage gibt, sind viele Landes- und Gemeindestraßen in einem erbärmlichen Zustand. Der Forschungsverein EcoRoads hat nun eine Methode gefunden, um mit herkömmlichen Einbaumethoden das Qualitätsniveau des hochrangigen auf das niederrangige Straßennetz zu transferieren.
Ein guter Zustand des Straßennetzes bis hin zu den Gemeindestraßen ist unerlässlich für Österreich als Lebens- und Wirtschaftsstandort. Im hochrangigen Straßennetz sind die qualitativ hochwertigen Betonstraßen gut etabliert. »Durch die steifen Betonoberflächen wird der Rollwiderstand verringert und somit Treibstoff gespart. Dadurch werden weniger Emissionen erzeugt, der Transport optimiert und die Verkehrssicherheit erhöht«, erklärt Sebastian Spaun, Vorstandsvorsitzender des Forschungsvereins EcoRoads. Im niederrangigen Straßennetz spielen Betonstraßen bislang aber aufgrund des komplexeren Einbaus und der höheren Kosten kaum eine Rolle.
Das könnte sich nun ändern. Denn auf einer Teststrecke in der Steiermark ist es EcoRoads in Kooperation mit Volvo gelungen, mit einem Asphaltfertiger eine massive Straßendecke aus Walzbeton, auch Roller Compacted Concrete (RCC) genannt, einzubauen. »Walzbeton kombiniert die Vorteile des einfachen und flexiblen Einbaus mit einem Asphaltfertiger mit den hervorragenden materialtechnologischen Eigenschaften des Baustoffs Beton und ermöglicht so die Herstellung langlebiger regionaler Highend-Straßen«, so Spaun.
Von der Theorie in die Praxis
Für das Forschungsprojekt wurden auf der 500 Meter langen Strecke die in der Praxis vorherrschenden Verhältnisse wie Kurven, Steigungen, hoch beanspruchte Stellen und unterschiedliche Einbaubreiten abgebildet. Beim Einbau wurden verschiedene Betonrezepturen des Forschungslabors Smart Minerals und unterschiedliche Oberflächenbearbeitungen getestet wie auch die Verdichtung untersucht.
Da die Fertiger, die in der Regel beim Bau von Betondecken im Autobahnbau eingesetzt werden, für das regionale Netz zu breit sind, hat Volvo für diese Teststrecke einen Kettenfertiger mit Doppelstampferbohle zur Verfügung gestellt, mit dem es möglich ist, Beton wie auch Asphalt einzubauen. »In Anbetracht der wachsenden Zukunftsanforderungen an Straßenbeläge ist die besondere Eignung von Beton in Hinblick auf Sicherheit, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit unschlagbar«, ist Spaun überzeugt.
Qualität und Wirtschaftlichkeit
Um Stauzeit und Umfahrungen möglichst gering zu halten, ist eine frühe Befahrbarkeit (in weniger als einem Tag) der neuen Oberfläche wichtig. »Anwendung, Lebensdauer und Kosten sind für die Auswahl, welche Straßenoberfläche eingebaut wird, entscheidend«, erklärt Spaun.
Walzbeton wird mit erdfeuchter Konsistenz verarbeitet und erreicht dadurch rasch nach dem Einbau bereits die erforderliche Standfestigkeit. Je nach Material und Umgebungseinflüssen können damit Verdichtungswerte von nahezu 100 Prozent erreicht werden. Die Arbeitsgeschwindigkeit beim Einbau liegt mit etwa ein bis zwei Metern pro Minute nur geringfügig unter der von Asphalt. Um eine homogene, geschlossene und ebene Oberfläche der Straße zu erzielen, erfolgte beim Versuch in der Steiermark als Abschlussvorgang eine Nachverdichtung durch Abwalzen mit einer Glattmantelwalze. Unter idealen Einbaubedingungen könnte dieser Arbeitsschritt zur Gänze entfallen.
Forschungsverein EcoRoads
Der 2016 gegründete Verein EcoRoads fördert die Entwicklung, Koordinierung und Beauftragung von Forschungsprojekten für den Bau von Fahrbahnen aus Beton. EcoRoads forscht insbesondere an konkreten Lösungen für das regionale und kommunale Straßennetz.
Mitglieder von EcoRoads sind Unternehmen der Zement- und Transportbetonbranche sowie der bauausführenden Industrie. Diese suchen gemeinsam nach innovativen Lösungen für den Bau und die Sanierung von Verkehrsflächen. Damit werden die erfolgreiche Tradition und der hohe technische Entwicklungsstand des Betonstraßenbaus in Österreich fortgesetzt.
Vorteile von Betonstraßen
Herkömmliche Asphaltstraßenoberflächen zeigen oft nach einigen Jahren deutliche Deformierungen (Spurrillen), die zu hohen Reparaturkosten und Verkehrsbehinderungen führen. Straßen werden zudem aufgrund der sich ändernden Klimabedingungen, des stark steigenden Warenverkehrs und des Zuzugs in die Umlandregionen der Städte zunehmend mehr beansprucht. Betonstraßen sind langlebig, belastbar, bleiben frei von Spurrillen und verformen sich nicht in der Sommerhitze. Die hellere Oberfläche trägt am Land zu mehr Sicherheit bei, in der Stadt verringert sie den »Urban Heat Island Effect«.