Sonntag, Dezember 22, 2024
Spannungsfeld Raumordnung
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Die Abstimmung zwischen den Anforderungen zur Gewinnung mineralischer Rohstoffe und (umwelt-)politischen Interessen sorgt öfters für Konflikte. Dabei sollten diese durch den Österreichischen Rohstoffplan längst geklärt sein.

Im Laufe ihres Lebens benötigt jede Österreicherin und jeder Österreicher statistisch gesehen rund 700 Tonnen mineralische Rohstoffe, das sind 33 kg pro Tag. Um diesen Bedarf zu decken, werden in rund 950 Sand- und Kiesgruben mineralische Rohstoffe abgegraben bzw. in 350 Steinbrüchen durch Sprengungen gewonnen. Etwa 90 % davon kommen in der Bauwirtschaft zur Anwendung.

Der 2010 fertiggestellte Österreichische Rohstoffplan gilt als Masterplan für eine konfliktfreie Rohstoffsicherung für die nächs­ten Generationen. Vorrangiges Ziel war es, bundesweit mit einheitlichen, objektiven Methoden Rohstoffvorkommen zu evaluieren und andere Nutzansprüche – Siedlungsraum, Grundwasservorkommen, Naturschutz, Forst – zu prüfen. Geeignete Zonen wurden als Rohstoffsicherungsflächen ausgewiesen. In einigen Bundesländern spießt sich die Umsetzung jedoch mit der Raumordnung. Streit mit Anrainern und jahrelange Verfahren sind bis heute die Folge.

So wurde in Salzburg bereits 2012 ein Entwurf zum Raumordnungsgesetz vorgelegt, in dem die »Sicherung und gezielte Nutzung der natürlichen Ressourcen« als Ziel definiert sind. Das »Regionalprogramm Pinzgau« startete als Pilotprojekt zur Umsetzung des Österreichischen Rohstoffplans, in weiterer Folge wurde ein eigener »Salzburger Rohstoffplan« angedacht.  Wie der seit 2011 schwelende Konflikt um den Steinbruch

Lidaun in Faistenau (Flachgau) zeigt, ist man seither aber nicht viel weiter gekommen. Der Salzburger Unternehmer Josef Eder plant dort, in einem Zeitraum von 32 Jahren 1,6 Millionen Kubikmeter Kalkstein abzubauen. Das entspricht einer Menge von bis zu 120.000 Tonnen jährlich, der Schotter soll mittels Förderband ins Tal gebracht werden. Pro Jahr sind sechs bis zwölf größere Sprengungen geplant. Ein positiver Bescheid nach dem Mineralrohstoffgesetz wurde wegen Verfahrensfehlern aufgehoben. Nach acht Jahren gibt es noch immer keine Entscheidung.

Auch in St. Koloman im Tennengau spaltete der geplante Kalkstein-Abbau die ansässige Bevölkerung. Dort hätte die Gemeindevertretung 100 Hektar der »Alpinen Ruhezone« umwidmen müssen – eine geheime Abstimmung ging allerdings gegen das Projekt aus.

Fehlende Abstimmung

Der Rechnungshof kritisierte 2017 in seinem Bericht, für den die Länder Nieder­österreich, Oberösterreich und Tirol näher untersucht wurden, dass mit dem Rohstoffplan zwar eine detaillierte Dokumentation der Lagerstätten vorliegt, aber kein bundesweiter Abbauplan, womit der Rohstoffplan »den Charakter eines rechtlich nicht verbindlichen Fachgutachtens« habe. Der Bund und die überprüften Länder seien der gesamtstaatlichen Aufgabe zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit nur unzureichend nachgekommen.

Die Krux liegt vermutlich in der besonderen Entstehungsgeschichte des Rohstoffplans. Zum einen lagen seinerzeit noch keine vollständig digitalisierten Flächenwidmungspläne vor. Bei der Erstellung waren außerdem zahlreiche Institutionen, nicht jedoch die Gemeinden eingebunden, »obwohl den Gemeinden die örtliche Raumordnung oblag und sie bei der Umsetzung raumplanerischer Maßnahmen durch die Verordnung der Flächenwidmungspläne eine wesentliche Rolle spielten«, wie der Rechnungshof anmerkt. Die fehlende Abstimmung zwischen den Gebietskörperschaften führt bis heute regelmäßig zu Diskussionen über Überschneidungen von Residualflächen und Bauland bzw. anderen Nutzungs- und Schutzinteressen. Von der Möglichkeit, wertvolle Rohstofflagerstätten durch für die Gemeinden rechtsverbindliche Akte zu sichern, machte man nur eingeschränkt Gebrauch. Dies wäre jedoch »der Hauptzweck im Sinne einer Strategie zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit gewesen«, urteilte der Rechnungshof.

Informationsdefizit

Im östlichen und südlichen Niederösterreich sind die Vorkommen von Lockergestein durchaus ergiebig. Durch regionale Raumordnungsprogramme wird dem Wildwuchs an Abbaufeldern ein Riegel vorgeschoben. Darin werden jene Flächen als »Eignungszonen« festgelegt, in denen der Abbau von Fest- und Lockergestein erfolgen darf. »Da es in Niederösterreich aber nicht für alle Landesteile ein regionales Raumordnungsprogramm gibt, wurde ergänzend ein ›Sektorales Raumordnungsprogramm für die Gewinnung grundeigener mineralischer Rohstoffe‹ erlassen«, erklärt Ilse Wollansky, Leiterin der Abteilung Raumordnung und Regionalpolitik der NÖ Landesregierung. In diesem sind jene Gemeinden bzw. Gemeindeteile aufgezählt, in denen aus unterschiedlichen Gründen ein Abbau von grundeigenen mineralischen Rohstoffen nicht zulässig ist. Außerhalb der Verbotszonen ist der Abbau auch ohne Widmung durch die Gemeinden zulässig. Ist die Frage der Zulässigkeit eines Abbaus schließlich geklärt, ergibt das Recycling von Baurestmassen und der An- und Abtransport des Materials oftmals weitere Probleme. Bauschuttdeponien bedürfen normalerweise keiner Widmung – für die betroffenen Gemeinden ein unbefriedigender Umstand.

In Tirol gibt es 348 Millionen Kubikmeter Gesteins- und Rohstoffreserven, die Brutto-Abbaumenge beträgt jährlich acht Millionen Tonnen. Das klingt zunächst viel, die Zahlen relativieren sich aber durch den Vergleich: Während in Nieder- und Oberösterreich der Mindestbedarf an Baurohstoffen um das 2,9-Fache bzw. 7,6-Fache für die nächsten 50 Jahre gedeckt ist, kommt Tirol nur auf das 1,4-Fache. Verfügen schon die Gemeinden über keinerlei Informationen zu sicherungswürdigen Lagerstätten, funktioniert auch der Datenaustausch zwischen dem Bund und dem Land Tirol schlecht. So weist das Gesteinsabbaukonzept Tirol 83 Abbaustandorte für mineralische Rohstoffe aus, im Bergbauinformationssystem des Bundes scheinen hingegen nur 34 Standorte auf.

In Oberösterreich standen die Gemeinden dem Rohstoffabbau nach Auffassung des Landes »eher restriktiv« gegenüber. Konflikte wegen möglicher Schutzgebiete sind nicht ausgeschlossen. Zu einem Vergleich der Daten aus dem Rohstoffplan mit den eigenen Flächenwidmungsdaten, um den der Rechnungshof ersucht hatte, sah sich das Land Oberösterreich außerstande – die Personalressourcen seien nicht ausreichend.

Förderung mineralischer Rohstoffe (Int.) - Auswahl (2017)

Eisenerz einschl. Eisenglimmer    2.981.737
Wolframerz    508.425
Gips und Anhydrit    712.469
Talk und Leukophyllit    123.558
Magnesit    730.482
Kalkstein    20.979.024
Quarzsande    885.471
Tone einschl. Bentonit    1.900.592
Salzsole (m3n)    3.853.128
Dolomit    7.228.514
Sand und Kies    27.097.839

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