Ja, nein, vielleicht – in der Diskussion über eine Babypause für frischgebackene Väter vollzieht die Regierung einen Schlingerkurs. Beschäftigte im öffentlichen Dienst können schon jetzt vier Wochen unbezahlt in »Väterfrühkarenz« gehen. Teilweise gibt es diesen Rechtsanspruch auch perKollektivvertrag in der Privatwirtschaft, alle anderen müssen sich mit ihrem Arbeitgeber einigen. Seit 1. März 2017 kann für vier Wochen ein »Familienzeitbonus« in Höhe von 700 Euro beantragt werden.
Dieser wurde im ersten Jahr von 6 % der Väter in Anspruch genommen. Für die Karenz konnten sich zuletzt nur 3,8 % der Väter begeistern. Report(+)PLUS hat bei ExpertInnen nachgefragt, welche Auswirkungen ein Papamonat hätte.
1. Wären die Kosten für einen Papamonat mit Rechtsanspruch vertretbar?
Manuela Vollmann, Geschäftsführerin abz*austria
Ja, denn den Kosten stehen betriebswirtschaftliche Vorteile gegenüber. Die demografische Entwicklung, aber auch der steigende Anteil von Männern, die am Leben ihrer Kinder aktiv teilhaben wollen, stellt Unternehmen vor die Aufgabe, Organisationsmodelle zu etablieren, die mehr Flexibilität ermöglichen. Außerdem fördert aktive Vaterschaft auch die Möglichkeit, das Fachkräftepotenzial von Frauen besser zu nutzen. Unternehmen, die an diesen wachsenden Herausforderungen frühzeitig arbeiten, haben einen deutlichen Vorteil. Ein Rechtsanspruch würde die Auseinandersetzung mit dem Thema forcieren.
Sabine Mlnarsky, Personalchefin der Erste Bank
Die echten Kosten werden sich in Grenzen halten und sind sicher vertretbar, weil die Mitarbeiter in diesem Monat kein Einkommen beziehen. Der administrative Aufwand (abrechnen, abmelden, wieder anmelden …) ist für einen Monat überproportional hoch. Es gäbe da weitaus einfachere Lösungen – wie z.B. ein Kurz-Sabbatical, das wir schon anbieten.
Martin Kocher, Direktor des Instituts für Höhere Studien (IHS)
Hier muss man direkte Kosten und indirekte Kosten unterscheiden. Die direkten Kosten wären die Ersatzleistung für Lohn bzw. Gehalt. Wenn wir von 700 bis 1.000 Euro für den »Papamonat« und 30.000 Vätern pro Jahr ausgehen, die den Papamonat in Anspruch nehmen, sind das direkte Kosten von 20 bis 30 Millionen Euro. Die indirekten Kosten für die Unternehmen sind gegebenenfalls um einiges höher – diese hängen von der Kapazitätsauslastung, von den Ersatzmöglichkeiten und von der Betriebsstruktur (also der Branche) ab. Für die meisten größeren Unternehmen sollte ein Papamonat aber organisierbar sein.
2. Würde die Attraktivität der Väterkarenz dadurch steigen?
Manuela Vollmann
Wenn Väter diese Zeit mit Kind intensiv nutzen, entsteht eine Bindung, die Lust auf mehr machen kann. Die Attraktivität der Väterkarenz und die gute Umsetzbarkeit des Papamonats hängen aber auch stark davon ab, ob das Unternehmen generell einen guten Auszeiten- und Karenzmanagementprozess etabliert hat. Ganz wichtig ist, dass das Thema von den Führungskräften unterstützt und positiv bewertet wird. Im Idealfall sind die Führungskräfte selbst Role Models in Sachen Vereinbarkeit. Es ist also eine Struktur- und Kulturfrage.
Sabine Mlnarsky
Sicherlich, weil die erste Hürde überwunden ist. Von den Vätern wird das sicher positiv angenommen.
Martin Kocher
Dazu haben wir leider zu wenig Evidenz. Ein »Papamonat« könnte möglicherweise zu einem größeren Interesse der Väter an ihren Kindern führen und dadurch die Anzahl der Väter, die in Väterkarenz gehen, erhöhen. Andererseits könnte er aber auch eine Art Ausrede bieten, um nicht in Karenz zu gehen, weil man ja schon einen Monat zu Hause war. Persönlich denke ich, dass der Papamonat an sich keine großen Auswirkungen zeigen wird auf die Neigung, eine Väterkarenz anzutreten oder nicht. Er sollte daher auch unabhängig davon gesehen werden.
3. Sollte eine einheitliche Regelung auf EU-Ebene abgewartet werden?
Manuela Vollmann
Nein, der EU-Rahmen muss die Positionen und Interessen von 28 Staaten vereinen. Österreich darf hier durchaus eine Vorreiterrolle einnehmen – unsere Karenzmodelle sind auch deutlich differenzierter und umfassender als im EU-Schnitt. Durch die Einführung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgelds ist es gelungen, den Anteil der Väterkarenzen zu erhöhen. Ein wichtiger paralleler Schritt wäre neben dem Papamonat die Etablierung von geteilten Betreuungs- und Arbeitszeitmodellen wie etwa eine Reduktion der Erwerbsarbeit auf 30 Wochenstunden für beide Elternteile.
Sabine Mlnarsky
Jede Vereinheitlichung auf EU Ebene ist ein Vorteil. Daher ja – wenn sich jetzt schon eine EU-weite Regelung abzeichnet, dann unbedingt.
Martin Kocher
Das ist eine politische Frage, die ein Ökonom nur schwer seriös beantworten kann. Wenn uns der »Papamonat« in Österreich gesellschaftlich wichtig ist, dann sollte die EU-Entscheidung keine Rolle spielen. Allerdings kann man natürlich auch argumentieren, dass EU-Regeln sinnvollerweise national umgesetzt, aber nicht notwendigerweise übererfüllt werden müssen. Persönlich denke ich, dass Österreich Nachholbedarf bei der Involvierung der Väter in der Kinderbetreuung und -erziehung hat – dieses Faktum spricht für den »Papamonat« in Österreich.