Spätestens im Interview mit den Bewerbern entstehen »tiefergehende Eindrücke«, sagt Viktoria Prodan, Consultant der Stowasser Personalberatung.
(+) plus: Halten Sie anonymisierte Bewerbungsverfahren für ein geeignetes Instrument, um Chancengleichheit zu erreichen?
Viktoria Prodan: Das kann für gewisse Positionen Sinn machen; die Frage ist aber auch, was man unter »anonymisiert« versteht. Denn über das tatsächliche »Fit« zwischen Positionsbeschreibung und persönlicher Expertise entscheidet meist nicht ein Foto allein.
Generell vertrete ich die Ansicht, dass nach einer erfolgten Vorselektion anhand von Lebensläufen nach Möglichkeit recht diverse Persönlichkeiten zum ersten Interview eingeladen werden sollten, denn der CV kann höchstens ein Vorgeschmack sein und in den Augen des Lesers Interesse wecken.
Anonymisierte Verfahren könnten im ersten Schritt eine Rolle spielen, um eine größere Bandbreite an Bewerbern persönlich zu erleben. Spätestens im Interview entstehen aber tiefergehende Eindrücke über Kandidaten, die natürlich noch validiert gehören und bei der finalen Entscheidung eine Rolle spielen.
(+) plus: Ist Diversität in den Unternehmen überhaupt erwünscht?
Prodan: Allgemein lässt sich die Frage nicht beantworten. Wenn es um meine Ansicht geht, dann beantworte ich diese Frage mit einem klaren Ja. Unter Diversität verstehe ich auch, dass das eigenständige Denken in Unternehmen gefördert wird und nach Möglichkeit nicht alles nach einem einzigen Schema behandelt wird. Damit im Zusammenhang steht auch, dass nicht ein einziges richtiges Verhalten existiert, sondern neben der Definition von Qualitätskriterien, die erfüllt werden müssen, sehr wohl unterschiedliche persönliche Stärken und Charaktereigenschaften zum Einsatz kommen und entwickelt werden.
(+) plus: Wie lässt sich Diversität erreichen?
Prodan: Diversität beginnt bei mir bei den Themen Teamzusammenstellung und Rollen im Team. Man sollte für eine Abteilung nicht immer gleiche Charaktere auswählen, denn genau in der Unterschiedlichkeit liegt auch das Potenzial, sich Themenstellungen und Herausforderungen mit anderen Ansätzen anzunähern. Daraus resultiert wiederum eine Vielfalt an möglichen Lösungen, die dem Unternehmen – auf unterschiedliche Arten – einen Mehrwert bringen.