Andreas Pfeiler, Geschäftsführer des Fachverbands Steine-Keramik, über die Sorge, dass das Wohnbaupaket an den Ländern scheitern könnte, seine Hoffnungen in die laufenden Finanzausgleichsverhandlungen und Schildbürgerstreiche in der europäischen Industriepolitik.
(+) plus: Welche Auswirkungen wird die geplante Wohnbauoffensive auf die Mitgliedsunternehmen der Stein- und keramischen Industrie haben?
Andreas Pfeiler: Als Zulieferer für die Bauindustrie erhoffen wir als Baustoffindustrie maßgebliche Impulse durch das Wohnbaupaket. Für die 30.000 neuen Wohnungen braucht es ja auch die dazugehörende Infrastruktur – von Straßen über Wasserver- und -entsorgung bis zur Grundversorgung mit Lebensmitteln und Bildungseinrichtungen. Davon werden unsere Mitgliedsbetriebe auf jeden Fall profitieren, und zwar nicht nur die hochbauaffinen Branchen, sondern auch die Rohstoffbereiche.
(+) plus: Im Zuge des neuen Vergaberechts gab es auch Bestrebungen, Bauprodukte in das Bestbieterprinzip aufzunehmen. Das ist vorerst gescheitert. Sehen Sie noch Chancen auf eine Berücksichtigung?
Pfeiler: Das ist uns nach wie vor ein großes Anliegen, war aber bislang noch nicht möglich. Es geht jetzt darum, klar messbare Qualitätskriterien festzulegen. »Made in Austria« alleine reicht da nicht. Auch wenn es natürlich das Ziel ist, dass über das Bestbieterprinzip jene zum Zug kommen sollen, deren Wertschöpfung der österreichischen Gesellschaft zugute kommt.
(+) plus: Aktuell laufen die Finanzausgleichsverhandlungen. Glauben Sie an eine Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbauförderung?
Pfeiler: Ich glaub, die Chancen stehen jetzt besser als vor drei Jahren. Die Bundesebene ist mehr als bereit, der Wiedereinführung zuzustimmen. Es ist aber zu befürchten, dass sich die Länder ihren finanziellen Spielraum nicht einengen lassen wollen. Das ist sehr schade. Denn eine Zweckbindung nicht der Bundeszuschüsse, sondern auch der Rückflüsse der vergebenen Darlehen würde ein System schaffen, das sich selbst trägt. Aber leider haben viele Bundesländer ihre Darlehensrückflüsse bereits verkauft. In Tirol etwa, wo keine Forderungen verkauft wurden, funktioniert das System. Das sollten sich auch andere Länder zum Vorbild nehmen.
(+) plus: Immer wieder ist von einer Re-Industrialisierung Europas die Rede. Sie haben immer kritisiert, dass es sich um reine Lippenbekenntnisse handelt. Können Sie ein Beispiel für Ihre Kritik nennen?
Pfeiler: Nehmen wir das Thema Energie. Die europäische E-Control, Acer, will die österreichisch-deutsche Strompreiszone entkoppeln. Was ist der Grund dahinter: Mit großen Windparks wird in der Nordsee sehr viel Ökostrom produziert. Der wird in großen Mengen ins deutsche Netz gespeist, das aber nicht auf diese Kapazitäten ausgelegt ist. Deshalb wird der Strom in Länder wie etwa Polen geleitet, wo in den letzten Jahren viel in die Netzinfrastruktur investiert wurde. Deshalb könnte oder sollte Polen eigentlich seine Kohlekraftwerke runterfahren. Aber Polen will das nicht.
(+) plus: Warum nicht?
Pfeiler: Weil daran Arbeitsplätze hängen. Deshalb ist die polnische Sicht auch absolut nachvollziehbar. Das Absurde ist also, dass Europa einerseits Musterschüler in Sachen Ökostrom sein will, gleichzeitig aber einzelnen Mitgliedsländern das Recht gibt, weiter auf Kohle zu setzen. Und die Emissionen, die man den osteuropäischen Ländern zugesteht, sind die, die uns bei der Produktion von Zement, Kalk und Ziegel wieder weggenommen werden. Das ist aus unserer Sicht einfach inakzeptabel. Man kann nicht in einem Land die Kohlekraft unterstützen und andere die Zeche dafür zahlen lassen.
(+) plus: Wie fällt die Bilanz der Stein- und keramischen Industrie für 2015 aus? Und was erwarten Sie von 2016?
Pfeiler: Beides lässt sich ganz gut mit dem Wort »Konstanz« umschreiben. 2015 wird voraussichtlich ein geringes Plus bringen. Ähnliches erwarte ich für 2016. Das wird aber sehr stark davon abhängen, wie rasch die Wohnbauoffensive am Markt ankommt. Das wird aber frühestens im zweiten Halbjahr der Fall sein. Was die Wohnbauoffensive aber auch schaffen kann, ist, eine positive Stimmung zu erzeugen. Und damit wird auch die Investitionsfreude wieder steigen.