Samstag, Juli 20, 2024

Internet der Dinge, IoT oder Industrie 4.0: Die Zeit zum Handeln ist gekommen. Die Revolution in der Produktion und Industrie findet nun schrittweise statt – mithilfe von Sensoren, Vernetzung und Analysen. Ein Spezialist dafür ist das niederösterreichische Unternehmen Linemetrics. Gründer und Geschäftsführer Reinhard Nowak sprach mit dem Energie Report.

Report: Sie gelten als einer der Shooting-Stars der heimischen Gründerszene im Bereich IT und der Vernetzung von Geräten und Prozessen. Was bieten Sie Unternehmen?

Reinhard Nowak: Aus technischer Sicht bieten wir Gesamtlösungen zum Thema Internet of Things für Unternehmen und für die Industrie an. Weniger technisch würde ich es so formulieren: Wir haben eine schlanke, einfache Lösung, die Unternehmen hilft, effizienter zu werden. Über die Analyse von Sensordaten können Maßnahmen für die Energieeffizienz in Gebäuden, für eine Anlagenoptimierung oder zur Steigerung der Produktion in Betrieben gesetzt werden. Wir haben aber auch Projekte, in denen Energiedaten von Windrädern in Echtzeit Energieversorgern zu Verfügung gestellt werden, damit diese mit einer höheren Prognosegenauigkeit zu Lastprofilen effizienter Strom handeln können. Einer der typischen Einsätze unserer Lösung ist das Remote-Monitoring von räumlich verteilten Objekten.

Die Anwendungsfälle sind insgesamt sehr vielschichtig – ein Umstand, der es auch nicht einfach für unser eigenes Marketing macht. Doch drehen sich alle unsere Arbeiten im Kern um eine Gesamtlösung bestehend aus einer Sensorenbox, einem GSM-Kommunikationsmodul und einer Cloudplattform, die den Einstieg in Industrie 4.0 auch für kleinere Unternehmen einfach gestalten kann. Letztlich geht es in allen Fällen um die Erfassung von Informationen aus der realen Welt über Sensoren und deren Auswertung.

»Auch in der Tierzucht gibt es die ›connected Supply-Chain‹, die mit dem Sammeln und Verarbeiten von Daten optimiert werden kann.«

Report: Welche Anwendungsfälle sind Ihre Schwerpunkte?

Nowak: Primär sind unsere Kunden in der Produktion tätig, darüber hinaus wird unsere Lösung generell im Monitoring von Anlagen und Peripherie eingesetzt. Ob nun Temperaturdaten, die Ortung von Leckagen, der Auslastungsgrad einer Maschine oder einfach der Energieverbrauch im Fokus stehen – wichtig ist in Projekten eine klare Fragestellung und Aufgabe sowie der schlanke, zielstrebige Einsatz der Linemetrics-Lösung.

Report:Können Sie ein paar Beispiele geben?

Nowak: Im Energiemonitoring geht es oft um sehr einfache Problemstellungen: So wurde bei einem Kunden mithilfe unserer Sensoren ein signifikanter Stromverbrauch von Anlagen nachgewiesen, die am Ende einer Schicht nicht abgeschaltet, sondern in einem Standby-Modus belassen wurden. Übers Jahr gesehen war das sehr teuer.
In einem anderen Projekt im Bereich Nutzfahrzeugtracking werden Sensordaten des Motorenzustandes, der Fahrzeugposition und weiteren Parametern aggregiert und für unterschiedliche Auswertungen genutzt.

In einem weiteren Piloten evaluieren wir gerade die Einsatzmöglichkeiten in der Lebensmittel- und Landwirtschaftsbranche. So ist auch in Tierstallungen ein klassisches Gebäudemonitoring gefragt, etwa mit Messungen der Luftfeuchte und CO2-Gehalt. Auch in der Tierzucht gibt es die „connected Supply-Chain“, wie wir es nennen, die mit dem Sammeln und Verarbeiten von Daten laufend optimiert werden kann.

In einem ähnlichen Anwendungsfall in der Fahrzeugproduktion erfasst bereits ein Hersteller die Raumklimadaten von Hallen, in denen Metallteile gelagert werden, seiner Lieferanten. Dabei geht es um den Nachweis der richtigen Lagerung in der Lagerlogistik: Ist die Luftfeuchte gering, wird die Bildung von Rost verhindert. Die Besonderheit der Linemetrics-Palette ist ihre Einfachheit. Dieser Kunde kann die Geräte einfach seinen Produktionspartnern schicken. Eine kurze Anleitung ist beigelegt und die Devices werden per Plug-and-Play einfach angeschlossen und in Betrieb genommen.

Ich gehe davon aus, dass ein Lieferant, der sich bereit erklärt, geforderte Daten zu Verfügung zu stellen, in der Bewertung durch den Auftraggeber punkten wird. Wir stehen am Beginn einer neuen Ära in der Wirtschaft, in der Echtzeit-Informationen zu Maschinen und Prozessen  den vielleicht entscheidenden Marktvorteil bedeuten.

Report: Ist nun »Industrie 4.0« nicht auch ein Modewort oder ist es tatsächlich eine Revolution der Wirtschaft? Wo stehen wir hier tatsächlich?

Nowak: Mein beruflicher Hintergrund liegt eigentlich im Automotive-Bereich. Dort wurden die meisten der heutigen Ideen für Industrie 4.0 bereits vor sieben oder acht Jahren in Prozesse umgesetzt. Die Automobilindustrie war hier stets ein Vorreiter, dem andere Industriezweige nun hinterherziehen. Dass Maschinen in der Produktion nun mit Servern kommunizieren ist auch nichts Neues. Dagegen wird eine anlagen- und auch standort­übergreifende Vernetzung jetzt der nächste große Schritt sein.

Report: Linemetrics stößt dabei in eine Domäne großer Namen und Marken etablierter Techniklieferanten.

Nowak: Ja, das macht es uns teilweise auch sehr schwer. Doch konzentrieren sich die großen Automatisierungprofis wie Siemens, Phoenix Contact und Co. bis heute auf die Produktionsebene – Cloudlösungen und Machine-to-machine-Kommunikation ist dort noch kein Geschäft und auch aus dem Thema Internet of Things wird noch wenig gemacht. Es ist aber genau das spannend – die Lücke zwischen der Automatisierungswelt und der IT-Welt zu schließen. Wir sehen dies auch anhand von Anfragen großer Softwarehäuser, etwa aus dem ERP-Bereich (Anm. »Enterprise Ressource Planning«) oder Anwendungsbereichen der Predictive Maintenance. Die Softwarehersteller haben wieder ihre eigene spezielle Sicht auf diese Aufgabenstellungen, haben aber wenig Erfahrung mit Sensoren und Maschinen.

Für Unternehmenskunden bedeutet es einen enormen Aufwand, Hardware, Software, Schnittstellen und Vernetzung funktionierend und effizient unter ein Dach zu bringen.
Gerade mittelständische und kleinere Unternehmen haben oft nicht die Budgets, um dazu die großen Dienstleister, die man kennt, zu beauftragen. Für uns als junges Unternehmen bietet das eine Riesenchance. Wir haben einen klaren Fokus auf das, was wir tun, haben quasi selbsterklärende Produkte und agieren auch preislich verträglich.


Investoren für Expansion

n Ende Oktober hat LineMetrics eine weitere Finanzierungsrunde abgeschlossen. An der Kapitalspritze im unteren siebenstelligen Eurobereich beteiligen sich alle Altinvestoren – das Runtastic-Gründer-Team unter der Führung von Alfred Luger sowie Business-Angel Johann Hansmann - sowie die Neuinvestoren Martin Global AG und die PÜSPÖK Group. Nach drei Jahren Heimmarkt Österreich will Linemetrics nun die Internationalisierung forcieren. Die Schweizer Martin Global AG bringt neben dem finanziellen Investment langjährige Erfahrung im industriellen Umfeld mit ein – ebenso wie Windkraftpionier Lukas Püspök. Er ist von der »einfachen Integration der LineMetrics-Lösung in bestehende Anlagen und dem Kundennutzen ab dem ersten Tag der Inbetriebnahme« beeindruckt.

Info: www.linemetrics.com

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