Vom Muss zum Kann und Will => Kritische Reflexionen Dritter suchen => Erfahrungen entrümpeln => Eingebungen nutzen => Krisenenergie nutzen => Verborgene Schätze suchen und finden => An der Agilität und Robustheit arbeiten => In Bewegung bleiben => Aktionismus vermeiden => Auf klare Ausrichtung achten => Selbstgestaltungsraum schaffen => Den spezifischen Leistungskern spürbar machen => Chancen der Selbstbeschreibung nutzen => Hoffnung begründen und vorleben. Von Johann Risak.
Der Autor dieser Glosse wird, so die Erwartung, in diesem Jahr sein 70. Lebensjahr als Zwischenziel erreichen und möchte mit den Lesern dieser Glosse die Erfahrung teilen, dass ein Wechsel vom Muss zum Kann und Will
>> meist nur kriseninduziert erfolgt,
>> bisher ungeahnte Selbstgestaltungsräume eröffnet,
>> negative in positive Energie wandelt,
>> neue Talente erkennen lässt und
>> eine Neuausrichtung ermöglichen kann.
Viele Unternehmen haben in den letzten beiden Jahren Krisen durchlebt und versuchen nun wieder, einen guten Weg in die Zukunft zu finden. Anhand einer von mir intensiv erlebten gesundheitlichen Krise und deren Folgen möchte ich meine kurze »Geschichte« über die neun Jahren danach vorstellen und daraus abgeleitete Gedanken, unterlegt durch Ergebnisse meiner jüngsten Forschung, mit Ihnen teilen.
Kurzer Abriss der »Geschichte«
>> Existenzielle Krise (2000)
>> Entscheidung, dass Arbeiten zum Zwecke des Einkommenserwerbs kein Lebensziel mehr ist (2001)
>> zur Reflexion der Berufserfahrung Schreiben des Buches »Der Impact Manager« (2001–2003)
>> Gründung des IfU Dialogs am Institut für Unternehmensführung an der Wirtschaftsuniversität Wien (2004)
>> Beginn des Schreibens einer monatlichen Glosse im Report(+)PLUS (2005)
>> Ergänzung des IfU Dialogs um die Forschungsschiene »Initiativen- und Umsetzungsorientiert Führen (IUF)« (2006–2009)
>> Mitinitiator der Transformation des »Österreichischen Staatspreises Qualität« in den »Österreichischen Staatspreis Unternehmensqualität« (2009)
>> Erscheinen des Buches »Überlegene Unternehmensqualität schaffen« (2010).
Diese »Geschichte« ist passiert und war nicht geplant. Hinter allen diesen Schritten stehen, wie nachträgliche Betrachtungen zeigen, Voraussetzungen, die im Laufe des Lebens aufgebaut wurden bzw. sich angesammelt haben. Diese wurden jedoch, weil nicht bewusst wahrgenommen, nicht als nutzbar erkannt und daher auch nicht genutzt. In seinem empfehlenswerten Buch »Unstoppable« beschreibt Chris Zook, worum es dabei geht, nämlich um das Finden von versteckten Schätzen im Unternehmen zur Erneuerung des spezifischen Leistungskerns und zum Ermöglichen eines neuerlichen profitablen Wachstums. Um dieses geht es heute für Unternehmen, wenn es auch in vielen Fällen eine andere Art (Qualität) des Wachstums sein wird.
Dahinter steckt aber noch etwas anderes, was ich gemäß meiner neueren Forschungsergebnisse die Erfolgstriangel nenne, nämlich
>> die leidenschaftliche Suche nach Neuem,
>> das konsequente Agieren beim Umsetzen und
>> die Aufmerksamkeit für sich anbahnende Veränderungen.
Wer genau hinschaut, wird in diesen Hebeln die Grundcharakteristika des Unternehmertums erkennen. Durch die intensive Betätigung dieser drei Hebel kann ein wesentlicher Beitrag zum wieder Aufschwimmen von sinkenden Unternehmen und zum Drehen der Qualität des Energieflusses von negativ auf positiv geleistet werden. Damit wird auch freudvolles Arbeiten wieder möglich.
Was ist nun bei mir am Beginn passiert?
Die existenzbedrohende Krise ermöglichte die Umstellung der Denk- und Verhaltensweise vom »Ich Muss« zum »Ich Will« und »Ich Kann« (noch), welche mir die Freude am Leben und die Gelassenheit im Denken und Handeln wiedergab beziehungsweise verstärkte. Dabei soll angemerkt werden, dass dadurch keineswegs das Aktivitätsniveau abgesenkt wurde, sondern nur die Qualität des Energieflusses von dominant negativ (slaying the dragon) auf dominant positiv (winning the princess) (Heike Bruch/Sumantra Ghoshal) wechselte.
Merke: Nutze die Krise zur Veränderung von Denk- und Verhaltensweisen. Ungenutzte Krisen stellen auch eine ungenutzte Chance dar.
Und was ist danach passiert?
Das Freischreiben mit dem Buch, welches im Dialog mit 21 Persönlichkeiten entstand, die weniger als 40 Jahre alt waren, ermöglichte, wenn auch nicht immer schmerzfrei, eine Aufarbeitung der im Laufe von über 30 Jahren Tätigkeit in der Wirtschaft gewonnenen Erfahrungen und das Finden von eigenen, bisher unerkannten Talenten. Nachträglich als ganz wichtig erscheint mir, dass diese Entrümpelung der Erfahrungen in einer wertschätzenden Atmosphäre, durch kritische Geister, passierte.
Merke: Durch Beschreibung des aktuellen Zustandes und dessen Interpretation können bisher unerkannte Schätze entdeckt, überholte Denk- und Verhaltensweisen abgeschafft und neue Selbstgestaltungsräume geschaffen werden.
Dann sprang der zündender Funke
Dieser sprang bei einem Vortrag von Herrn Dr. Helmut Draxler, damals Generaldirektor der RHI AG, in einer meiner Lehrveranstaltungen an der WU Wien, über. In dieser stellte er den Turnaround der RHI unter Verwendung des von mir entwickelten Entwicklungspfadkonzeptes dar. Es wurde mir damals schlagartig klar, dass diese Lehrveranstaltung, um Bestand zu haben, in einen Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis umgewandelt werden muss. Hier konnte ich nun meine duale Erfahrung aus meinem Leben zwischen Wissenschaft und Praxis als USP (Unique Selling Proposition) einsetzen. Im März 2004 war es dann so weit: An jedem IfU-Dialogabend sprechen ein Wissenschaftler und ein Praktiker über das gleiche Untersuchungs- bzw. Gestaltungsobjekt Unternehmen.
Weitere Infos unter: www.wu.ac.at/ifu/network/ifudialog
Merke: Sei aufmerksam und greife rasch zu, denn das Glück fliegt nur selten vorbei.
Absicherung des bisher Erreichten und Förderung des qualitativen Wachstums
Der IfU Dialog lebt nicht nur von der Qualität der Vortragenden, sondern insbesondere auch von jener der Teilnehmer. An diese muss man sich medial und über Netzwerke heranarbeiten. Ein Weg dazu war auch das Schreiben einer monatlichen Glosse im Report(+)PLUS, der ja Persönlichkeiten, die bereits ein Impact Manager sind oder ein solcher werden wollen, anspricht. Ein weiteres Highlight war die Gründung einer erfolgreichen Medienpartnerschaft mit dem Kurier.
Die inhaltliche Absicherung der aufzugreifenden Themen erfolgte durch die Eröffnung und die konsequente Entwicklung der Forschungsschiene »Initiativen- und Umsetzungsorientiertes Führen (IUF)«, die uns in Kontakt mit über 400 Unternehmen brachte.
Die Forschungsschiene wurde ergänzt durch den Aufbau einer Kooperation mit der Quality Austria, aus welcher dann die gedankliche Untermauerung für die Transformation des »Österreichischen Staatspreises Qualität« zum »Österreichischen Staatspreis Unternehmensqualität« entstand.
So gelang es, nach den ersten Phasen des Wachstums die sich zwangsläufig einstellenden Mühen der Ebene erträglich zu gestalten und Voraussetzungen für einen neuen, von Inhalten getragenen Aufschwung zu schaffen.
Das vorläufige Ergebnis dieser Aktivitäten wird das am 18.Mai 2010 vorzustellende Buch »Überlegene Unternehmensqualität schaffen – Initiativen- und Umsetzungsorientiert Führen« sein.
Zum gleichen Thema wird auch am gleichen Tag, gemeinsam mit der Quality Austria, ein Symposium veranstaltet. Auch der IfU Dialog im Sommersemester 2010 greift das Thema Unternehmensqualität auf. In den vier IfU-Dialogabenden werden Professoren der Wirtschaftsuniversität Wien, zusammen mit Praktikern, die Zusammenhänge von Unternehmensqualität mit der Entrepreneurship, der Logistik, dem Projektmanagement und der marktorientierten Führung betrachten.
Merke: Nutze bei dem Ende eines Aufschwungs oder nach einer bewältigten Krise die Mühen der Ebene zur Schaffung von Voraussetzungen, um beim nächsten Aufschwung dabei sein oder diesen gar anstoßen zu können.
Was beutet dies nun alles für Unternehmen und deren Impact Manager?
Viele Unternehmen, die den Durchbruch an die Spitze schafften, erreichten diesen Durchbruch erst nach der Bewältigung von schweren Krisen (Keith R. McFarland). Dies zeigen die Ergebnisse meiner Forschung und auch andere Quellen. Besonders lesenswert erscheint mir das Buch von Geseko v. Lüpke mit dem Titel »Zukunft entsteht aus Krise«. Meist verändern wir unsere Lebens- und Geschäftsmodelle aufgrund existenzbedrohender Krisen. Wenn das so ist, dann geht es darum, die von Krisen freigesetzte Energie zu nutzen und grundsätzliche Veränderungen herbeizuführen. Durch ständiges Arbeiten an unserer Agilität und Robustheit (Donald N. Sull) sowie durch das Üben anhand von kleineren und mittleren Krisen schaffen wir Voraussetzungen, Krisen zu überstehen und nach deren Bewältigung sogar noch einen Wettbewerbsvorteil lukrieren zu können.
Wie meine »Geschichte« zeigt, erleichtern schwere Krisen das Aufgeben von bisherigen Gewohnheiten und damit gewinnt man die Freiheit, neue Lebens- und Geschäftsmodelle zu entwickeln; es tun sich neue Denk- und Handlungsalternativen auf, die bisher noch nicht gesehen wurden. Bisher Unbewegliches wird beweglich. Insofern leben wir heute in einer für Neugestaltungen höchst attraktiven Zeit. Neue Blickweisen auf das »Gespenst der Gegenwart« (Geseko v. Lüpke) und daraus resultierende neue Verhaltens- und Handlungsweisen sind notwendig, um Veränderungschancen nutzen zu können. Wer dies vergisst, kann leicht überflüssig werden.
Fangen wir doch einfach an, der Krise ins Auge zu blicken und etwas für die Neupositionierung zu tun, denn der Weg der Hoffnung entsteht nur, wenn wir ihn gehen. Dieses Gehen hat den Vorteil, dass man in Bewegung bleibt, es sich situationsbedingt unbequem macht und in den Bereichen mit hohem Energieflusses bleiben kann. Gehen wir die Sache mit Gelassenheit an und verfallen wir nicht in einen Aktionismus. Es geht um die Hoffnung (Zukunftsfreude) weckende Neuausrichtung und die entschlossene Verfolgung des neuen Weges. Bewegung und klare Ausrichtung auf anstrebenswerte Ziele fördern das Engagement aller Beteiligten. Man muss sich dabei selbst etwas zumuten, damit auch andere einem etwas zumuten. Leider ist Mut oft ein knappes Gut.
Wer konsequent, also beharrlich und folgerichtig (Zwischen-)Ziele realisierend voranschreitet, dem kommen, wie beim Laufen, neue Gedanken. Übrigens sind Personen die sich in der Aggressions- und Leidenschaftszone bewegen, attraktiver (für Kooperationen) als solche, die sich in der Komfort- oder Resignationszone (Heike Bruch/Sumantra Ghoshal) befinden.
Unternehmen, die sich positiv weiterentwickeln wollen, brauchen immer wieder neue Selbstgestaltungsräume, damit sie in Bewegung bleiben und den Grundsatz »Selbstgestaltung kommt vor Fremdgestaltung« aufrechterhalten können. Beim Wachsen ist es immer wesentlich, darauf zu achten, dass der spezifische Leistungskern des Unternehmens nicht verwischt wird, sondern im Inneren und für das Umfeld spürbar bleibt. Dieses Spürbarbleiben sichert den Zusammenhalt der Teile und die Beachtung des Grundsatzes, dass das Ganze (spezifischer Leistungskern) vor den Teilen kommt, aber sich in den Teilen darstellt. Beide fordern sich gegenseitig heraus, halten sich damit in Bewegung und begründen den Weg in eine gute Zukunft.
Um den Ist-Zustand zu definieren und Maßnahmen für eine bessere Zukunft setzen zu können, lade ich Sie ein, sich für Ihre Person bzw. Ihre Abteilung bzw. Ihren Bereich oder Ihr Unternehmen die folgenden vier Grundfragen zu stellen und zu beantworten:
>>Was könnte ich (diese, dieser) tun? (KÖNNTE)
Diese Frage bezieht sich auf die Welt der Opportunitäten und fördert das Erkennen dieser. Ihr Vorhandensein stellt den Urgrund für das Vorhandensein von Unternehmen dar.
>> Was kann ich (diese, dieser) tun? (KANN)
Diese Frage bezieht sich auf die eigenen Stärken und Schwächen. Beide sind, wenn auch in Grenzen, gestaltbar.
>> Was will ich (diese, dieser) tun? (WILL)
Diese Frage bezieht sich auf das Wollen und die Entschlossenheit. Auch diese beiden sind gestaltbar. Man könnte auch fragen: »Was will ich mir antun?«
>> Was sollte ich (diese, dieser) tun? (SOLLTE)
Diese Frage bezieht sich auf die Anspruchsgruppen, die Erwartungen haben, bei deren Erfüllung die Unternehmen bonifiziert und bei Nichterfüllung pönalisiert werden.
Damit können Sie nicht nur Ihre eigene »Geschichte« erheben, sondern darauf aufsetzend auch Ihren weiteren, weitgehend selbstbestimmten Weg in eine gute Zukunft strukturiert entwickeln.
Quellenhinweise: Bruch, H./Ghoshal, S.: Unleashing Organizational Energy, in: MIT Sloan Management Review, Fall 2003, S. 45–51.
Zook, C,: Unstoppable, Boston 2007.
Lüpke, G. v. (Hrsg.): Zukunft entsteht aus Krise, München 2009.
McFarland, K. R.: Der Durchbruch, München 2009.
Risak, J.: Der Impact Manager, Wien 2003.
Sull, D. N.: How to Thrive in Turbulent Markets, in. Harvard Business Review, February 2009, S. 78–88.