Bei der Reduktion von Leistungsspitzen und damit der Stromkosten durch batteriebasiertes Last- und Spitzenstrommanagement spielen Stromspeicher in Unternehmen eine zunehmend bedeutende Rolle.
In Deutschland stieg die Nachfrage nach Stromspeichern laut Bundesverband Solarwirtschaft heuer bereits um 47 Prozent. Für Österreich liegen keine konkreten Zahlen vor, die Speicherzahlen werden laut Photovoltaic Austria noch nicht erhoben. »Österreich fehlt eine Speicherstrategie«, kritisiert Geschäftsführerin Vera Immitzer scharf und richtet einen dringenden Appell an das Klimaschutzministerium.
Angesichts der Förderlage erkennt sie die erhöhte Nachfrage: »Für das Jahr 2021 beträgt das Förderbudget für Stromspeicher, das über die Investitionsförderung der OeMAG zur Verfügung steht, zwölf Millionen Euro, damit sind 3.528 Stück förderbar. Die Nachfrage ist aber so hoch, dass zum aktuellen Zeitpunkt bereits 2.100 Stromspeicher keine Förderung mehr erhalten.«
Vera Immitzer, Geschäftsführerin Photovoltaic Austria, kritisiert das österreichische Klimaministerium; es fehle eine klare Strategie für den Ausbau und die Förderung neuer Energiespeichertechnologien.
Großes Potenzial
Vor dem Hintergrund der zusätzlichen 27 TWh an erneuerbarem Strom, die Österreich bis 2030 produzieren möchte – 11 TWh Photovoltaik, 10 TWh Windkraft, 5 TWh Wasserkraft und 1 TWh Biomasse – sollte ein Speichererfolg schon gesichert sein.
Bei der Fachtagung Photovoltaik und Stromspeicher zeigte sich Hubert Fechner von der Technologieplattform PV Österreich überzeugt, dass es jetzt erst richtig losgehe.
Speicher müssen kurzfristige Lastschwankungen ausgleichen und zum saisonalen Ausgleich von Energieströmen dienen. Dementsprechend unterschiedlich sind die technischen Anforderungen, was Energie- und Leistungsdichte, Wirkungsgrad, Reaktionszeit, Zyklenfestigkeit, Speicherkapazität, Selbstentladung und andere Kenndaten betrifft.
Und nur wenn PV-Anlagen, Windkraftwerke, Mikro-KWK-Anlagen sowie andere Energieerzeuger und -verbraucher miteinander digital verknüpft und gesteuert werden, sind in Zukunft Energieverbrauch und Energieerzeugung in Haushalt, Gewerbe und Industrie in Einklang zu bringen.
Neue Ideen
»Noch ist in Österreich die Nachfrage nach Stromspeichern vor allem auf den Sektor Einfamilienhaus beschränkt«, betont Matthias Humpeler vom Beratungsunternehmen ConPlusUltra. Im Bereich Gewerbe und Industrie gibt es erste Pionieranlagen, das derzeitige Kosten-Nutzen-Verhältnis hemmt aber noch viele Betriebe vor einer Umsetzung. ConPlusUltra bietet dazu ein eigenes Stromspeichertool an, die Software »SimBattLast 2021«.
Vera Immitzer sieht deutliche Innovationen im Speicherbereich. Es werde viel geforscht, das Wenigste ist allerdings »state of the art«. »Der Batteriemarkt ist noch Lithium-Ionen dominiert«, bestätigt auch Humpeler. Alternative Speichertechnologien wie die Salzwasserbatterie kommen vermehrt in der Hotellerie und dem Gastgewerbe zum Einsatz.
Wöchentliche Lastgangkurve eines Hotels: Stromspeicher geben die Energie während hoher Verbräuche ab, so werden (teure) Spitzenlasten vermieden.
Ungenutztes Speicherpotenzial in Städten erkennt die Forschung in Blockheizkraftwerken und Wärmepumpen mit Wärmespeicher sowie in Elektrospeicherheizungen. Für größere Anwendungen eignen sich weiters Redox-Flow-Batterien und Elektrolyseur-Brennstoffzellen-Systeme.
Das Fraunhofer-Institut Umsicht forscht an Eisen-Luft-Batterien, die eine Energiedichte von 250 Wh/kg sowie einen Wirkungsgrad von mindestens 60 Prozent besitzen und 500 Lade- und Entladezyklen lang einsatzfähig sein sollen. Zur Langzeitstabilität der Batterien betreibt die EVN das Forschungsprogramm BatterieSTABIL.
Sonja Starnberger, Geschäftsführerin des Energieinstituts der Wirtschaft, erkennt als einen möglichen Energiespeicher der Zukunft die Sektorkopplung und nennt als erfolgreiches Beispiel die Kühlhäuser des Tiefkühlkost-Herstellers Meisterfrost. Hier dient das Kühlgut als Speichermedium für die effiziente Nutzung des selbst produzierten Ökostroms.
Die EU rechnet bis zum Jahr 2030 mit mindestens 30 Millionen E-Autos und Plug-in-Hybriden auf den Straßen. In der Elektromobilität sieht Immitzer allerdings noch nicht die große Speicherlösung. »Man sollte aktuell noch nicht zu viel erwarten. Die Besitzer werden den Strom nur begrenzt der Allgemeinheit zur Verfügung stellen, wenn es keine entsprechende Gegenleistung gibt.« Zudem bestehen noch Probleme beim bidirektionalen Laden, da es technisch sehr komplex ist. Dazu läuft heuer das Leuchtturmprojekt »Car2Flex«, die Konsortialführung hat die TU Wien.
Neuer Markt in Europa
Mit den Batterie-IPCEIs (»Important Projects of Common European Interest«) soll eine geschlossene Wertschöpfungskette für Batteriezellen entstehen – von der Aufbereitung der Rohstoffe über die Batteriezellenfertigung bis hin zum Recycling. Für zwölf Mitgliedstaaten, darunter auch Österreich, werden für Innovationsprojekte bis zu 2,9 Mrd. Euro bereitgestellt.
Speichertechnologien
- Mechanisch: Pumpspeicher, Druckluftspeicher, Schwungradspeicher. Mit virtuellen Kraftwerken wie Schwarmkraftwerken können tausende voneinander regional unabhängig aufgestellte Energiespeicher Strom managen.
- Elektrochemisch: klassische Batteriespeicher, Redox-, Hybrid-Flow-Batteriespeicher.
- Thermisch: sensible Wärmespeicher (thermische Energie in Teilchenbewegung), Latentspeicher (Enthalpie thermodynamischer Zustandsänderungen), Thermochemische Speicher (Wärmespeicherung durch endotherme Reaktion).
- Elektronisch: supraleitende magnetische Speicher (elektrische Energie im magnetischen Feld), Superkondensatoren (elektrische Energie im elektrischen Feld).
- Power2X: (Power-to-Gas-, -to-Liquid-, -to-Chemicals-Anlagen).
Digitalisierung und KI als Hebel für die Wende
Ein steigender Anteil erneuerbarer Energieträger hat steigende Volatilität der Lastflüsse, steigende Komplexität des Energiemanagements und damit verbunden die Notwendigkeit eines flexibleren Energiesystems zur Folge. »Hier hilft künstliche Intelligenz«, betonte Stefan Wolf vom Beratungshaus VDI bei der Fachtagung Photovoltaik und Stromspeicher von PV Austria. KI wirkt unterstützend bei:
- Daten-Vorverarbeitung mit Edge Smart Systems, die im Feld verbaut werden und die Ergebnisse in die Cloud übermitteln. Die Daten können dann weiter verarbeitet werden.
- Datenorganisation und Strukturierung
- Datenanalyse und Mustererkennung – relevant für den Handel
- Prädiktive Modelle
- Automatisierung repetitiver Arbeiten durch Maschinen