Die Energienetze für Strom und Gas bilden nicht nur als Infrastruktur das Rückgrat der heimischen Wirtschaft, sondern stellen auch selbst einen wichtigen Wirtschaftsfaktor dar. In Zeiten der Corona-Krise hat diese Bedeutung noch zugenommen, erläuterte Johannes Zimmerberger, Geschäftsführer LINZ NETZ GmbH, beim Energiepolitischen Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit.
Allein in den Jahren 2019 – 2022 werden die Mitgliedsbetriebe des Forums Versorgungssicherheit rund 2,1 Milliarden Euro in den Erhalt und Ausbau der Strom- und Gasnetze investieren. Zum Forum Versorgungssicherheit gehören fünf Energienetz-Betreiber in Ostösterreich, nämlich Linz Netz, Netz Oberösterreich, Netz Niederösterreich, Wiener Netze und Netz Burgenland.
Johannes Zimmerberger, Geschäftsführer der Linz Netz GmbH, hob beim Energiepolitischen Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit hervor, dass diese langfristigen Investitionspläne trotz der Corona-Krise auch im Lockdown weitgehend eingehalten werden konnten. Die Investitionspläne widerspiegeln sehr deutlich die Herausforderungen durch den Wandel des Energiesystems hin zu erneuerbaren, CO2-neutralen Energiequellen: Ganze 12 % der Investitionen sind für die Integration von erneuerbaren Energieträgern reserviert, also den Anschluss von Windparks und Photovoltaik-Anlagen, dazu kommen noch einmal rund 25 % für die Aufrüstung zu Intelligenten Netzen (Smart Grids), die ebenfalls eine Voraussetzung für die Bewältigung der komplexen Aufgaben im künftigen Energiesystem darstellen.
„Die Integration der Erneuerbaren nimmt eine immer größere Rolle ein“, betonte Zimmerberger, „dazu kommt, dass wir uns auch auf die E-Mobilität vorbereiten, denn die Dekarbonisierung des Verkehrs in großem Umfang steht uns erst noch bevor.“
Stütze der regionalen Wirtschaft
Die Investitionen der Energienetzbetreiber kommen vorwiegend der Wirtschaft in der Region zugute, so Zimmerberger, weshalb sich die Energienetze mit Recht als Wirtschaftsmotor ihres jeweiligen Versorgungsgebiets betrachten dürfen. Der Anteil der Linz Netz GmbH an den Investitionen der fünf Forum-Versorgungssicherheit-Mitgliedsbetriebe macht rund 10% aus, das sind rund 50 Millionen Euro pro Jahr. Nach einer Studie des Ökonomen Prof. Friedrich Schneider von der Linzer Johannes-Kepler-Universität wurden durch die Investitionen der LINZ AG (also der Muttergesellschaft der Linz Netz GmbH) in den Jahren 2016 bis 2018 774 Arbeitsplätze in der Region geschaffen und dauerhaft gesichert.
Ähnliche Zahlen präsentierten auch die anderen Energienetzbetreiber: Netz Burgenland gibt jährlich rund 100 Millionen Euro für Ausbau und Ertüchtigung der Netze (Gas und Strom) aus, Netz NÖ investierte 2019 rund 12 Millionen Euro in die Integration von Ökostrom-Anlagen, Netz OÖ weist ebenfalls rund 100 Millionen Euro jährlich an Netzinvestitionen aus und verzeichnet derzeit rund 100 Neuanträge pro Woche für die Integration von dezentralen Photovoltaik-Anlagen. Bei den Wiener Netzen löst auch das starke Wachstum der Stadt Wien Investitionsbedarf aus, bis 2024 sind allein 1,4 Milliarden Euro für den Ausbau der Netze vorgesehen. 86% aller angekauften Materialien und Dienstleistungen stammen von Unternehmen mit Sitz in Wien.
Sicher durch die Corona-Krise
Die Corona-Krise mit ihren Kontakt-Beschränkungen und der ständigen Gefahr von Quarantänen stellte die Energienetze vor hohe zusätzliche Herausforderungen. Bei Linz Netz wurden Teams gebildet, die stets zusammenblieben und mit anderen Teams keinen Kontakt hatten, um allenfalls auftretende Infektionen möglichst zu begrenzen. Persönliche Kontakte mit Kunden wurden während des Lockdowns auf das unbedingt erforderliche Ausmaß beschränkt (z.B. Entstörung, dringende Inbetriebnahmen), Kundenanlagen durften nur mit Schutzausrüstung betreten werden.Der Stromverbrauch, der im Lockdown deutlich zurückgegangen war, hat sich inzwischen wieder weitgehend normalisiert.
Die Netzbetreiber haben aus dieser Krisensituation viele Erfahrungen für die Bewältigung künftiger Notsituationen gelernt, sagte Zimmerberger: „Durchgängiges und vorausschauendes Krisenmanagement ist unbedingt erforderlich.“ So können bei einem Umspringen der Corona-Ampel sehr kurzfristig Maßnahmen gesetzt werden, um trotzdem eine sichere, stabile und qualitativ hochwertige Versorgung zu gewährleisten.
Wünsche an Politik und Regulator
Da die Energienetze Monopolbetriebe sind, deren Tarife (und damit auch deren Erlöse) durch das Gesetz sowie durch die Regulierungsbehörde E-Control festgelegt werden, hängt es stark von der jeweiligen Regulierung ab, welcher Spielraum für Investitionen zur Verfügung steht. Hier wünschte sich Zimmerberger vor allem einmal langfristige Planungssicherheit: „Wir betreiben eine sehr kapitalintensive Infrastruktur mit Abschreibungszeiträumen von bis zu 30 Jahren.“
Konkret wiederholte Zimmerberger den schon öfter von den Energienetzbetreibern vorgetragenen Wunsch, die Leistungskomponente im Tarif anzuheben: „Kilowatt statt Kilowattstunde – so lautet verkürzt gesagt unser Wunsch. Wer Strom mit hoher Leistung bezieht, soll dafür mehr zahlen als einer, der dieselbe Strommenge langsam und netzschonend abruft“. Da ein solcher Leistungstarif eine Verhaltensänderung bei den Konsumenten bewirken soll, müsse er aber gut kommuniziert und mit entsprechenden Übergangszeiten eingeführt werden, so Zimmerberger.
Zimmerberger äußerte Verständnis dafür, dass die Regulierungsbehörde den Netzkosten-Anteil am Strom- und Gaspreis möglichst niedrig halten will, warnte aber: „Die Niedrigpreis-Politik darf nicht zu Lasten des Ausbaus und der Erneuerung der Netze gehen. Denn der Wandel zu einem CO2-neutralen Energiesystem erfordert zusätzliche Investitionen. Die Regulierung ist einer der zentralen Stellhebeln, damit die Energiewende gelingen kann.“