Die hohe Lebensqualität Wiens ist international anerkannt. Damit dieser Standard erhalten bleibt, sind Investitionen in die Infrastruktur und neue Grünräume unerlässlich, meint Umweltstadträtin Ulli Sima.
(+) Plus : Im Mai blickte ganz Europa auf Wien. War der Eurovision Song Contest auch eine Chance, Wien als Umweltmusterstadt zu präsentieren?
Ulli Sima: Wien setzt seit vielen Jahren bei allen Großevents auf hohe Öko-Standards und hat dies natürlich auch beim Song Contest gemacht. Wir sind Umweltmusterstadt und zeigen das auch den internationalen Gästen – ob mit aktiver Abfallvermeidung durch Mehrwegbecher, mit großartigen öffentlichen Verkehrsmitteln, mit glasklarem Wasser aus den Bergen, mit dem Verzicht auf Dieselaggregaten und dem Einsatz von Öko-Energie – um nur ein paar Beispiele zu nennen. Der Song Contest war ein echtes Öko-Event und wir zeigen mit den vielen Maßnahmen, dass in Wien Feiern und Genießen jedenfalls umweltfreundlich sein kann.
(+) Plus: In internationalen Rankings schneidet Wien in puncto Lebensqualität immer hervorragend ab. Wo gibt es dennoch Verbesserungsbedarf?
Sima: Grundsätzlich kann man immer besser werden. Wien ruht sich sicher nicht auf den internationalen Auszeichnungen aus. Unser Ziel ist es, das hohe Niveau für alle zu erhalten und das ist in einer wachsenden Stadt natürlich eine enorme Herausforderung. Dieser stellen wir uns natürlich – da geht es um neue Grünräume, aber auch um hohe Investitionen in die Infrastruktur und vieles mehr. Wien ist heute top und so soll es auch bleiben!
(+) Plus : Die Stadt Wien investiert 250 Millionen Euro in das Projekt E_OS, das die Hauptkläranlage in Simmering zu einem Öko-Kraftwerk macht. In welchem Zeitraum werden sich die Kosten amortisieren?
Sima: E_OS ist ein echtes Win-win-Projekt, es zeigt, dass Ökologie und Ökonomie Hand in Hand gehen können. Die Hauptkläranlage benötigt zur Abwasserreinigung ja knapp ein Prozent des gesamten Wiener Stromverbrauchs. Die Kosten dafür fallen mit Inbetriebnahme von E_OS weg, dazu gibt es weitere Einsparungen durch die energieoptimierte Betriebsweise der neuen Anlagenteile. Die Vorteile sind so groß, dass sich E_OS schon nach zwölf Jahren amortisieren wird.
(+) Plus : Wie wird das Abwasser während der fünfjährigen Bauzeit gereinigt?
Sima: Wir klären alles, das gilt auch weiterhin: Die Hauptkläranlage liefert jährlich Spitzenwerte bezüglich der Reinigungsleis tung. Und dieses hohe Niveau werden wir auch während der Bauzeit beibehalten. Dafür sorgt ein perfekt ausgeklügeltes System an »Umleitungen«, das vorhandene Beckenvolumen wird optimal benutzt. Die neue Anlage entsteht Stück für Stück, die Bauzeit beträgt mehr als fünf Jahre. Das nehmen wir aber gerne in Kauf, damit nur sauberes Wasser die Hauptkläranlage verlässt.
(+) Plus : Entlang des Liesingbaches wurde inzwischen ein weiteres Teilstück renaturiert. Sind weitere Kooperationen mit der Universität für Bodenkultur geplant?
Sima: Das Projekt an der Liesing ist wirklich sehr schön – ich freue mich über ein neues Paradies für Mensch und Tier am Wasser. Mit der BOKU arbeiten wir sehr gut zusammen und für mich ist es immer eine Freude, mit den Studierenden, die uns unterstützen, ins Gespräch zu kommen. Diese Zusammenarbeit werden wir fortführen, aber es gibt noch kein konkretes Projekt.
(+) Plus : In Wien und Graz wurden 2014 laut Verkehrsclub Österreich die höchsten Feinstaubwerte gemessen. Welche Maßnahmen setzt die Stadt Wien, um die Belastung einzudämmen?
Sima: Das stimmt so nicht, denn wir halten die EU-Grenzwerte seit Jahren ein, wir unterschreiten sie sogar! Wir haben in den letzten Jahren eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen und setzen mittlerweile das dritte Anti-Feinstaub-Paket um. Als Beispiele seien die Modernisierung des Winterdienstes inklusive dramatischer Reduktion des Streusplitts, der weitere Ausbau des öffentlichen Verkehrs, die Staubreduktion auf Baustellen unddie Modernisierung des städtischen Fuhrparks genannt: In allen Verursachergruppen bekämpfen wir den Feinstaub und die Luftgüte in Wien ist sehr gut. Klar ist: Beim Feinstaub ist jeder von uns Verursacher und Leidtragender zugleich und daher muss auch jeder Einzelne mithelfen, die Luftgüte weiter zu verbessern.
(+) Plus : Kürzlich präsentierten sie das Pilotprojekt »Vif-Sack« zur Vermeidung von Einweg-Plastiksackerln. Warum ist Ihnen das Thema ein Anliegen?
Sima: Abfallvermeidung ist mir ein großes Anliegen – und gerade beim Einkaufen kann man da leicht auf Müll verzichten. Einwegplastiksackerln sind echt nicht nötig, sie landen oft nach einmaligem, kurzen Gebrauch im Müll und verschmutzen die Umwelt und die Ozeane. Wir fordern Lenkungsmaßnahmen auf Bundesebene. Das Projekt »Vif-Sack« ist ein sehr erfreuliches, weil wir auf Märkten ansetzen, wo man sehr viele Sackerln bekommt. Unser Angebot sind praktische, wiederverwertbare Sackerln, die in jede Handtasche passen und bei Bedarf immer zur Verfügung stehen.
(+) Plus : Die Hauptstadt wächst, an den Rändern Wiens entstehen neue Siedlungsgebiete. Wie kann gleichzeitig dem Bedürfnis nach Freiräumen und Grünflächen entsprochen werden?
Sima: Das ist in der Tat eine große Herausforderung, der wir uns gerne stellen. Wir schaffen neue Grün- und Erholungsflächen und sorgen dafür, dass auch die nächsten Generationen ausreichend Grünräume zur Verfügung haben. Innerstädtisch bauen wir viele neue Parks, wie etwa aktuell den Helmut-Zilk-Park am Hauptbahnhof. Am Stadtrand sichern wir durch strenge Unterschutzstellung große Gebiete, die nicht verbaut werden dürfen, wie etwa den Norbert-Scheed-Wald in der Donaustadt oder den Rendezvous-Berg in Floridsdorf.