Auch die zentrale IT ist nicht gefeit vor einem deutlichen Zuwachs im Energieverbrauch. Bis vor einigen Jahren war sogar von einer Verdoppelung innerhalb weniger Jahre die Rede. Effizienzmaßnahmen waren bisher auf die Bereiche Kühlung und Stromversorgung reduziert.
Von Karin Legat
»Ein befreundeter Kleinstunternehmer hat mir zuletzt von seinem Energieleiden erzählt. Er hat bereits sein gesamtes Wohnumfeld, das auch als Büro genutzt wird, energieeffizient umgestaltet, von der Beleuchtung bis zum Kühlschrank – jedoch ohne wesentliche Auswirkung auf die E-Rechnung. Darüber hat er lange gerätselt«, erzählt Bernd Schäppi, Projektkoordinator PrimeEnergyIT der Österreichischen Energieagentur (AEA). Heute ist klar: Es liegt an seiner IT. Der Server mit einem beträchtlichen Energieverbrauch lief rund um die Uhr. Sein Bekannter ist nur einer unter vielen Kleinunternehmern, bei denen das Bewusstsein für Energieeffizienz im IT-Bereich noch nicht geweckt ist. Gerade in diesen Unternehmensgrößen ist es schwierig, IT als eigenen Bereich zu sehen. Es ist leichter, über Energieeffizienz gesamt zu sprechen, also über Beleuchtung, IT und z.B. Klimatisierung in Summe. Dann wird auch das Sparpotenzial erkennbar.
Unternehmen mit großen Rechenzentren dagegen werden durch den erheblichen Anteil der IT am Gesamtenergieverbrauch für das Thema automatisch sensibilisiert. Viele nutzen externe Berater aus IT-Dienstleistungsunternehmen, die sie auf dem Weg zum professionellen Energiemanagement begleiten.
Heute...
Die IT wird immer leistungsfähiger und komplexer, zunehmend mehr Rechenleistung wird von den Rechenzentren gefordert. Damit steigt der Energieverbrauch. »Hätte sich der Energieverbrauchstrend der Jahre 2003 bis 2007 weiter so fortgesetzt, hätten wir heute bereits einen doppelt so hohen Energieverbrauch in Rechenzentren wie 2007.« Die Wirtschaftskrise hat diese Entwicklung deutlich gebremst. Insbesondere in größeren Rechenzentren sind schon viele Maßnahmen gesetzt worden. Der Trend zeigt aber nach wie vor nach oben. Auf dem Weg zu mehr Energieeffizienz muss im ersten Schritt der Energieverbrauch der IT und der Infrastruktur (Kühlung etc.) gemessen und damit das Einsparpotenzial erhoben werden.
Dafür steht umfangreiches Messequipment zur Verfügung. »Viele EPU und KMU sind in der Lage, ohne betriebswirtschaftlichen Nachteil ihre Server in der Nacht abzuschalten, das Messgerät einzuhängen und über ein bis zwei Wochen zu messen«, so Schäppi. Das Monitoring wird dabei entweder periodisch mit mobilen Messinstrumenten durchgeführt (für sehr kleine Systeme), via Advanced Monitoring Methode (bietet permanent installierte Messeinrichtung in Echtzeit) oder die Wahl fällt auf das State-of-the-Art Monitoring, was eine automatisierte, permanente Aufzeichnung in Echtzeit bedeutet, unterstützt von Online-Software mit umfassenden Analysemöglichkeiten.
Mini/ Midi
Kernthema grüner IT ist Virtualisierung, eine Technologie, physische Server durch virtuelle Maschinen zu konsolidieren. »Damit kann entscheidend Energie gespart werden«, so Schäppi. Praktische Erfahrungen zeigen, dass die Auslastung von Servern von 15 bis 20 Prozent durch Virtualisierung auf bis zu 70 Prozent erhöht werden kann. »Für sehr kleine Unternehmen ist Virtualisierung aber nicht die Lösung«, weiß er. »Für meinen Bekannten wie für viele andere kleinere Unternehmen bietet sich Power-Management als unmittelbare Lösung.« PM funktioniert auf der Ebene der einzelnen Server-Komponenten oder des gesamten Servers. Dabei bleiben die für die Verarbeitung nicht erforderlichen Komponenten und nicht relevanten Peripheriegeräte so lange abgeschaltet oder in Stand-by gehalten, solange sie nicht benötigt werden. PM umfasst den Einsatz stromsparender Komponenten wie ULV-Prozessoren (Ultra Low Voltage), Energiesparmodi und z.B. die Reduzierung der CPU-Taktfrequenz oder auch die zeitweilige gesamte Abschaltung des Servers.
Ein weiterer Schritt auf dem Effizienzweg ist die Wahl der richtigen IT-Hardware. Entscheidend sind die Server. Deren Energieeffizienz wurde laut AEA in den letzten Jahren deutlich verbessert, vor allem durch effektives PM für Hardwarekomponenten. Bei CPUs, jenen Serverkomponenten mit dem höchsten Energieverbrauch, bieten Hersteller bereits spezielle Low-Power-Versionen für signifikante Energieeinsparungen an. Die Effizienz des Netzteils (65 bis über 90 Prozent) bestimmt, wie viel Prozent des verbrauchten Stroms tatsächlich in Leistung umgesetzt wird. Ein wenig beachteter IT-Faktor ist jener des Netzwerkequipments, das trotz steigender Relevanz laut AEA noch wenig berücksichtigt ist. Von Unternehmen auch wenig beachtet, aber entscheidend für den Energieverbrauch, ist der Bereich der Datenspeicherung. »Es bedarf eines gestuften Speichersystems mit Festplatten und Bandsystemen. Alle Daten auf schnellen Festplatten ständig für den raschen Zugriff vorrätig zu halten, macht keinen Sinn. Damit verbrauche ich nur unnötig Energie«, kritisiert Schäppi. Der Markt bietet heute eine Vielzahl an Speicherlösungen, von Solid State Drives über MAIDS und Speichervirtualisierung bis zu Thin Provisioning.
20 Grad
In der Vergangenheit wurden Rechenzentren auf unter 20 Grad gekühlt. »Das ist völlig sinnlos – sowohl ökonomisch als auch ökologisch. Kühlung verschlingt im ungünstigen Fall die Hälfte des Energieverbrauchs im Rechenzentrum«, so Schäppi. Amerikanische Studien haben 27 Grad als Servereinlasstemperatur als völlig unproblematisch bewertet. Wichtig ist dabei aber, dass das Kühlungskonzept insgesamt solide designt ist und nirgends Hotspots entstehen. Dadurch ergibt sich viel Potenzial für freie Kühlung.
Beim Free Cooling wird kühlere Außenluft oder Wasser über einen Wärmetauscher für den internen Kühlkreislauf verwendet. Wichtig für effiziente Kühlung ist im Weiteren die richtige Platzierung der Kühlaggregate und eine effektive Führung des Luftstroms. Vielfach misslingt das – es wird mehr Kälteleistung in den Raum gepumpt, als erforderlich ist. In größeren Rechenzentren werden zur Unterstützung der Luftführung häufig sogenannte Kaltgang/Warmgangkonzepte verwendet, d.h. die Zuluft- und Abluftbereiche werden durch Umhausungen aus Plexiglas getrennt.
...morgen
Unternehmen müssen an der Quelle operieren, sieht die Österreichische Energieagentur Aktionsbedarf für morgen. Früher wurde v.a. der Bereich Kühlung ins Auge gefasst, er galt als augenscheinlichster Faktor für Energieeffizienz. Seit ca. fünf Jahren wird verstärkt versucht, den Verbrauch in der IT selbst zu reduzieren. Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt ist die intensive Nutzung von freier Kühlung. »Die Energiesparpotenziale in Rechenzentren sind nach wie vor groß. Nun gilt es, diese umzusetzen«, blickt Schäppi zuversichtlich in die IT-Energiewelt der Zukunft.