Report: Ihr Vorgänger als EURELECTRIC-Präsident, Rolf Bierhoff, sagte, in zwei bis drei Jahren sei der europäische Strombinnenmarkt Realität.
Haider: Ich habe mir für meine Präsidentschaft vorgenommen, innerhalb Europas faire, gleiche Marktbedingungen in ganz Europa zu schaffen. Es gibt eine Binnenmarktrichtlinie, an die sich alle zu halten haben. Einige Länder haben sich entschlossen, darüber hinaus zu gehen und ihre Märkte voll zu öffnen, wie Deutschland, England oder auch österreich. Persönlich bin ich überzeugt, das ist der richtige Weg. Zweitens muss ein gesamteuropäischer Markt entstehen. Für diesen gibt es auch technische Hindernisse. Wir als Verbund würden liebend gern nach Italien Strom liefern, weil dort die Preise viel höher sind. Das geht nicht, weil es nur eine Leitung gibt. Nicht, dass die Italiener keinen Wettbewerb wollten. Enel musste 50 Prozent ihrer Erzeugungskapazitäten trennen. Das Problem ist nur: Eine Leitung ist nichts Schönes, ein Kraftwerk im Allgemeinen auch nicht. In manchen Gegenden sind die Widerstände von Umweltschützern fast unüberwindbar. Wir bemühen uns seit 17, 18 Jahren um die Kainachtalleitung und hoffen, dass wir jetzt endlich einmal substanzielle Fortschritte machen.
Aus dem Kainachtal heißt es, der Verbund kann jederzeit bauen, wenn er die Leitung verkabelt.
Vergessen Sie"s. Das kostet acht bis zehn Mal so viel wie die Freileitung. Wir sind sicher nicht in der Lage, dafür eine Milliarde Euro auszugeben.
Frankreich wird kritisiert, weil der Markt dort angeblich nicht geöffnet ist. Die EdF könne auf Einkaufstour gehen, weil sie zu Hause Monopolrenditen kassiert.
Ich teile diese Kritik nicht. Der französische Markt ist entsprechend den Mindestanforderungen geöffnet. Wir machen in Frankreich gute Geschäfte. Und vergessen wir nicht: Die Franzosen produzieren zehn Mal so viel Strom wie wir, haben aber nur fünf Mal so viel Personal. Ob wir es uns unbedingt wünschen sollten, dass die EdF auf uns losgelassen wird, wage ich zu bezweifeln. Wir haben 200 Gesellschaften, die haben eine. Das Management der EdF sagte immer, wir wollen, dass der Markt geöffnet und unser Unternehmen privatisiert wird. Die wollen eine AG, die an die Börse geht. Und wenn das passiert, werden die auch alle ihre Trümpfe ausspielen. Machen wir einander nichts vor: Da bleibt kein Stein mehr auf dem anderen.
Was wird in den kommenden Jahren die Agenda der europäischen Energiepolitik bestimmen?
Das erste ist die volle Marktöffnung, die ja für alle gewerblichen Abnehmer ab 2004 kommen soll. EURELECTRIC unterstützt hier die EU-Kommission voll. Wir wollen die volle Marktöffnung. Das zweite ist die EU-Osterweiterung. Energieversorger aus allen Ländern, die beitreten wollen, sind schon jetzt Vollmitglieder bei uns. Für die ist Europa Realität. Drittens geht es um die Nachhaltigkeit. Da geht es nicht nur um die Kiotoziele und den Umweltschutz. Da gehört die Wirtschaftlichkeit dazu und, bitte nicht zu vergessen, die sozialen Standards. Zu einem einheitlichen europäischen Markt gehören nicht nur die gleichen Umweltstandards, sondern auch die gleichen sozialen Standards und ein gleichmäßiges Wachstum. Wir wollen nicht, dass es in einer Gegend wahnsinnig boomt und in der anderen verarmen uns die Leute. Wir haben daher auch ein eigenes Committee, das sich eigens mit diesem Thema "Environment and Sustainable Development" befasst.
Job für drei Tage
Ein Wort noch zur EU-Osterweiterung. Wie hoch ist der Investitionsbedarf dort, was die Infrastruktur für die E-Wirtschaft betrifft?
Ich weiß es nicht. Aber viele der Beitrittsländer haben Teile ihrer E-Wirtschaft schon verkauft. Da wurde auch bereits Etliches modernisiert. So viel wird da nicht mehr an Geld in die Hand genommen werden.
Wie viel Ihrer Zeit nimmt die Präsidentschaft bei EURELECTRIC in Anspruch? Werden Sie nur mehr als eine Art Ehrenvorsitzender agieren?
Sicher nicht. Eine der Voraussetzungen für den Job ist ja, eine Topposition in einem Energieversorgungsunternehmen zu haben. Wir wollen nicht irgendwelche Leute, die sich ein bisschen auskennen, sondern die, die wirklich wissen, wie das Geschäft läuft. Zweitens: Der Zeitaufwand wird überschätzt. Der Job als Vizepräsident der EURELECTRIC hat mich gut einen Tag im Monat gekostet, der Präsidentenjob kommt auf ungefähr drei Tage. Was man nicht machen könnte, wäre, gleichzeitig VEö-Präsident und EURELECTRIC-Präsident sein.
Wie werden Sie die Interessen der österreichischen E-Wirtschaft in Brüssel stärker zur Geltung bringen?
Das ist nicht meine Aufgabe. Ich kann nur generell raten, bei der Entstehung der Richtlinien auf dem Posten zu sein und Gehör für seine Anliegen zu suchen.