Montag, Dezember 23, 2024
Statiker arbeiten für gewöhnlich im Verborgenen. Das Team um die beiden Steirer Günther Zenkner und Erich Handel ist anders. Sie arbeiten mit Stararchitekten in der ganzen Welt an außergewöhnlichen Projekten, bei denen auch nach der Rechenkunst dahinter gefragt wird.

Report: Für ein österreichisches Büro ist es nicht selbstverständlich, mit Größen wie Norman Foster und Ben van Berkel zu arbeiten. Sehen Sie sich als Starstatiker?
Erich Handel: Statiker eignen sich nicht zum Star, sie arbeiten im Verborgenen.
Günther Zenkner: Wir sehen uns als Statiker ausgefallener, interessanter Ingenieur- und Architekturbauwerke mit ausgefallenen, leichten Konstruktionen, hohem Innovationsgehalt und den momentan im Trend liegenden Materialien wie Glas, Seil und textilen Membranen.

Sehr viele Ihrer Projekte machen Sie im Ausland. Wie sieht die Umsatzverteilung Ihres Unternehmens aus?
Z.: Unser Schwerpunkt liegt im Ausland, wo wir in etwa 70 Prozent unseres Umsatzes von rund einer Million Euro machen.

Was prägt die Arbeit mit den ausländischen Architekturgrößen?
Z.: Die eigentliche Arbeit passiert nicht mit den jeweiligen Stars - mit denen gibt es irgendwann einen Handshake und eine kurze Vorstellung, der Rest wird mit den betreffenden Teams gemacht. H.: Bei internationalen Pro
jekten ist die Projektabwicklung durch die straffe Organisation manchmal einfacher. In ganz gezielten Treffen werden die offenen Probleme wirklich abgehakt; es gelingt besser, die Dinge straffer zu halten. Dazu muss man aber anmerken, dass bei internationalen Projekten in der Regel mehr Vorbereitungsaufwand geleistet wird und dass die Dinge professioneller vorbereitet werden. Damit ist natürlich auch der Schutz vor Nachforderungen viel präziser vorbereitet. Die bekannten überraschungen von Baukostenüberschreitungen von über 50 Prozent sind ein typisch österreichisches Leiden aufgrund mangelnder Vorbereitung. Kurz gesagt: Man spart in der Vorbereitung und gibt es dann im Bereich der Nachforderungen aus.
Z.: Dazu kommt, dass der Begriff des Tragwerkplaners im angelsächsischen Raum viel klarer definiert ist. Dort gibt es die glückliche Aufteilung zwischen Tragwerkplaner, Auftraggeber, ausführender Kontrolle und der immer begleitenden Kostenkontrolle. Es gibt wunderbare Beispiele, wo man ohne Generalunternehmer-Vermischung und durch Trennung der Aufgaben und Planerleistungen das Optimum erreicht hat.

Gibt es in Ihrem Beruf die Kategorie Angst?
z.: Angst haben wir vor dem, an das wir nicht gedacht haben. Die Gefahr liegt also in jenen Gedanken, die man nicht gedacht, nicht ergriffen und verfolgt hat.

Das heißt: Alles, was man bedacht hat, lässt sich wegrechnen?
H.: Ja, da kann man sicher sein, dass es richtig ist. Im Grunde haben alle Unfälle mit Vergessen zu tun.

Sie machen auch einen Teil der Statik beim Projekt Murinsel, einem der Leitprojekte der Inszenierung Kulturhauptstadt Graz. Denken Sie, dass der jetzt stattfindende architektonische Aufbruch über die Zeit nach 2003 hinweg anhält?
z.: Wir glauben und hoffen, dass sich die Entwicklung der letzten fünf bis zehn Jahre, die mit dem generellen Aufschwung im Süden zusammenhängt, fortführen lässt und man nicht nur auf die Autoindustrie setzt.
H.: Ich denke, dass die nun gebauten Dinge bleibende Zeichen in Graz hinterlassen. Wenn sich die Sache Kulturhauptstadt nicht in einem einjährigen Tourismus erschöpft und von der Bevölkerung angenommen und weitergetragen wird und die Bauten bleibend beseelt werden, besteht absolut Hoffnung für eine positive Entwicklung.

Wie stehen die Chancen, dass die Murinsel rechtzeitig fertig wird?
H.: Wir hoffen, dass es sich ausgeht, befürchten aber, dass es sich nicht ausgeht. Wenn alles nach Zeitplan klappt und keine unvorhersehbaren Zwischenfälle passieren und alle am Projekt Beteiligten an einem Strang ziehen und in der Ausführungsphase die wichtigen Entscheidungen richtig getrofffen werden, gibt es die realistische Chance, dass die Insel Ende des Jahres 2002 fertig ist.

Auf welches Projekt sind Sie global betrachtet besonders stolz?
Z.: Ein British Museum London oder ein Sony Center Berlin kann man nicht wiederholen, so etwas bekommt man nur einmal im Leben.

Wie sieht es mit dem technischen Horizont aus? Sind die Grenzen der Materialien Glas und textile Membranen ausgereizt?
Z.: Wir sind sicher nicht am Ende. Eigentlich sind es gesetzliche Hürden, die verhindern, dass man diese Materialien weiter ausreizt. Die Verklebung von Glas etwa darf nur dann erfolgen, wenn zugleich eine mechanische Sicherung vorhanden ist, die Gleiches leistet, womit die Verklebung ad absurdum geführt wird. österreich und Deutschland sind in dieser Hinsicht sehr restriktiv.


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