Freitag, Jänner 24, 2025
Der Vorstand als Männerdomäne
Helen Pelzmann, Partnerin EY Law, zeichnet für die Initiative „Women.Fast Forward“ bei EY Österreich verantwortlich.

Der Anteil weiblicher Vorstände in den 55 im Wiener Börse Index gelisteten Unternehmen steigt langsam, bleibt aber weiterhin jenseits eines akzeptablen Niveaus. Von den 192 Vorstandsmitgliedern sind nur 24 Frauen.

Mit 12,5 Prozent markiert der Frauenanteil derzeit einen neuen, wenn auch sehr bescheidenen, Höchststand. Gegenüber August 2024 (22 Frauen) kamen zu Jahresbeginn 2025 zwei Frauen hinzugekommen. Zwar zeigt der Langzeitvergleich einen deutlichen Aufwärtstrend in der weiblichen Vorstandbesetzung – seit 2015 hat sich der Frauenanteil mehr als verdreifacht (von sieben auf 24 Personen). Dennoch hat dieser Fortschritt stark an Dynamik verloren. Zu diesem Ergebnis kommt das Mixed Leadership Barometer der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY, das halbjährlich die Strukturen von Vorständen und Aufsichtsräten der im Wiener Börse Index gelisteten österreichischen Unternehmen analysiert.

Eine weibliche Spitze

Der Vorstand ist und bleibt eine Männerdomäne: 32 von 55 Unternehmen haben derzeit einen rein männlich besetzten Vorstand. Nur ein Unternehmen – die Oberbank AG – hat mehr als eine Frau im Vorstandsgremium.

Zudem gibt es nach wie vor nur eine einzige Frau an der Spitze eines WBI-Unternehmens: Radka Doehring hat in der Immofinanz AG die Position einer Co-CEO inne. Neun Frauen sind als Chief Operating Officer (COO) oder in anderen operativen Funktionen tätig, sieben Vorständinnen als Chief Financial Officer, zwei als Chief Risk Officer. Weitere Positionen umfassen Chief Human Resources Officer, Chief Legal Officer und Chief Scientific Officer.

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Bild: Radka Doehring, Co-CEO der Immofinanz AG, ist die einzige Frau an der Spitze eines österreichischen WBI-notierten Unternehmens.

„Der historische Höchststand beim Frauenanteil in den Vorständen ist zwar ein positives Signal, aber keineswegs ausreichend“, kritisiert Helen Pelzmann, Partnerin (EY Law) und Verantwortliche für die Initiative „Women. Fast Forward“ bei EY Österreich. „Die Unternehmen verpassen die Chance, von unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungen zu profitieren. Vielfalt in Führungsgremien führt nachweislich zu besseren Entscheidungen und nachhaltigem Erfolg.“

Neue gläserne Decke

In den Aufsichtsräten liegt der Frauenanteil aufgrund der gesetzlichen Quote höher und beträgt derzeit bei 31,6 Prozent. Insgesamt sind 165 der 522 Mitglieder in den Aufsichtsratsgremien weiblich. Seit 1. Jänner 2018 gilt in den Kontrollgremien der österreichischen WBI-notierten Unternehmen eine Genderquote von 30 Prozent. Der Frauenanteil stieg dadurch deutlich von 19,8 Prozent auf über 31 Prozent – auch diese Entwicklung hat jedoch im Laufe der Jahre an Zugkraft verloren und sank zuletzt sogar geringfügig. Vieles deutet darauf hin, dass sich der Frauenanteil auf dem gesetzlich verankerten Niveau einpendelt – die Arbeiterkammer spricht von einer „neuen, gläsernen Decke auf dem Level der angesetzten Geschlechterquote“.

Sieben Unternehmen haben nach wir vor keine einzige Frau im Aufsichtsrat. In 48 der 55 Unternehmen hält zumindest eine Frau ein Aufsichtsratsmandat, in 38 Unternehmen sogar zwei. Nach Branchen liegt die Transport- und Logistikbranche einem Frauenanteil von 20 Prozent voran, gefolgt von den Sektoren Energie (17,6 %) und Immobilien (16,7 %). In zwei Branchen – Automobilindustrie und Telekommunikation – findet sich in den Vorständen keine einzige Frau.

Die leichte Abnahme des Frauenanteils in den Aufsichtsräten zeige, dass gesetzliche Quoten allein nicht ausreichen, so Pelzmann: „Es bedarf tiefgreifender und weitreichender Maßnahmen in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft, um langfristige Veränderungen zu bewirken. Dazu gehören unter anderem Gehaltstransparenz, eine Reform der Kinderbetreuung und eine stärkere Einbindung von Männern in Vereinbarkeitsmaßnahmen.“ Die ab 2026 EU-weit geltende Geschlechterquote könnte diesbezüglich ein wichtiger Impuls sein: Mindestens 40 Prozent der Aufsichtsratsposten oder 33 Prozent der Vorstands- und Aufsichtsratsposten sollen dann an Frauen gehen.

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