Sonntag, Dezember 22, 2024
"Blockketten können das Vertrauen in die Industrie stärken"

Österreich ist ein gutes Pflaster für Unternehmen, die auf Blockchain-Technologie setzen. Seit Jänner ist der regulatorische Rahmen für Dienstleister im Zusammenhang mit digitalen Währungen bei der Finanzmarktaufsicht geregelt, kürzlich wurde die Einrichtung einer "Regulatory Sandbox" bei der FMA vom Nationalrat beschlossen. Adrien Treccani, Gründer und CEO von Metaco, eines Spezialisten für Infrastrukturlösungen für digitale Assets, im Gespräch.

Report: Sie bieten eine Plattform für digitale Vermögenswerte, die sich an Finanzinstitutionen richtet. Welche Dienstleistungen können diese ihren Endkunden anbieten?

Adrien Treccani: Metaco liefert Lösungen, die es Banken ermöglichen, Kryptowährungen und digitale Vermögenswerte nahtlos in ihre Kerninfrastruktur zu integrieren. Banken haben eine Reihe von Anwendungsfällen, aber die meisten haben sich zunächst darauf konzentriert, ihren Kunden die Verwahrung und das Lifecycle-Management von Kryptowährungen anzubieten. Im Allgemeinen sehen Banken eine längerfristige Chance in tokenisierten Vermögenswerten und Wertpapieren, aber diese Anwendungsfälle stehen aber noch am Anfang ihrer Karriere und arbeiten sich noch durch regulatorische und rechtliche Fragen. Es ist aber klar, dass sie großes disruptives Potential haben könnten und eine immense längerfristige Chance darstellen. Eines ist heute aber schon sicher: Banken wollen eine einzige, hochsichere und skalierbare Infrastruktur zur Speicherung, Verwaltung und Steuerung digitaler Vermögenswerte, sei es auf einer öffentlichen oder einer sogenannten permissioned Blockchain - auf die nur ausgewählte Teilnehmer Zugriffsrechte haben -, die in ihre Kerninfrastruktur integriert werden kann. Die Lösungen von Metaco liefern genau das.

Report: Sie haben gerade eine große Finanzierungsrunde mit zahlreichen Partnern an Bord erfolgreich abgeschlossen. Unterstreichen Investoren wie Giesecke + Devrient, die Zürcher Kantonalbank, Swisscom oder die Schweizerische Post, dass digitale Vermögenswerte nun im Vermögenssektor angekommen sind? Würden Sie sagen, es ist ein Indikator dafür, dass sie jetzt weitgehend etabliert sind?

Treccani: 2017 war das Jahr der Einführung von Kryptowährungen im Einzelhandel. 2018 war das Jahr des "Proof of Concept" im Bankwesen, in dem Banken mit Blockketten und DLT (Anm. "Distributed Ledger Technologie") experimentierten, Anwendungsfälle testeten und die Kundennachfrage validierten.

Seit 2019 haben wir insbesondere in Rechtsordnungen wie Deutschland, der Schweiz und Singapur, in denen die Aufsichtsbehörden klare Regelungen für digitale Vermögenswerte haben, erlebt, dass Banken Geschäftsfälle validieren und in Produktion gehen. Dieser Trend hat sich im Jahr 2020 erheblich beschleunigt. Obwohl sich die wichtigsten produktiven Einsätze unserer Kunden auf Kryptowährungen konzentrieren, wollen selbst die konservativsten Institutionen, die sich mit den Kryptos noch nicht wohlfühlen, sicherstellen, dass sie über Fähigkeiten in Bezug auf Tokenisierung und Asset-Servicing verfügen.

Report: Wie ist die Situation im deutschsprachigen Raum? Ist die Blockchain-Technologie im Finanzsektor bereits "normal"?

Treccani: Sowohl die FINMA als auch die BAFIN waren Vorreiter bei der Regulierung von Krypto-Assets, sodass sich der Bankensektor diese neuen Asset-Klassen zu eigen gemacht hat. Die österreichische Finanzmarktaufsicht hat gezeigt, dass sie nicht die Absicht hat, Krypto-Startups unnötig zu behindern, sofern die Innovationsmodelle ausreichend entwickelt und finanziert sind. Österreich gilt als einer der Vorreiter im Bereich des E-Government in Europa.

Report: Was sind Ihre Ziele in Österreich?

Treccani: Österreichs zukunftsorientierter Umgang mit digitalen Assets macht es zu einem äußerst interessanten Standort für Technologieunternehmen wie Metaco. Der Finanzsektor in Österreich, wie auch in seinen schweizerischen und deutschen Nachbarländern, konzentriert sich zunehmend auf diese Anlageklasse, und Metaco mit seiner umfassenden institutionellen Erfolgsbilanz in der Zusammenarbeit mit regulierten Banken und Börsen ist gut aufgestellt, um sie bei ihrer digitalen Reise zu unterstützen.

Report: Der Vertrauensfaktor ist das Kerngeschäft der Banken. Inwieweit kann ihm rein mit sicheren technologischen Lösungen begegnet werden?

Treccani: Den Banken wird weitgehend vertraut, weil sie reguliert sind und die Bevölkerung dieser Regulierung vertraut. Seit der Kreditkrise 2008/2009, bei der Firmen wie Lehman Brothers und Bear Stearns scheiterten, ist das Vertrauen in Banken und Zentralbehörden im Allgemeinen erheblich geschwächt, da es sich um große intransparente Organisationen handelt, die, wie wir festgestellt haben, von den Regulierungsbehörden nur schwer vollständig verstanden und überwacht werden können. Dezentralisierte Technologien wie Blockketten tragen dazu bei, Fragen von Transparenz und Governance neu zu beantworten, und können infolgedessen das Vertrauen in die Industrie stärken. Kunden können auf einfache und transparente Weise überprüfen, dass ihre Vermögenswerte vom Verwahrer verwahrt werden und sicher sind. Im Allgemeinen mögen sich die meisten immer noch auf einen vertrauenswürdigen Verwahrer verlassen wollen, aber die Möglichkeit, diese Vermögenswerte jederzeit sofort in ein Wallet zu verschieben, auf das sie als Kunde exklusiv und persönlich Zugriff haben, zwingt die Institution dazu, verantwortungsbewusst zu handeln und die Interessen ihrer Kunden besser zu unterstützen.


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