Carsharing, Poolcars oder Dienstwagen? Fuhrparkmanager österreichischer Unternehmen gehen mehrheitlich davon aus, dass ihre Flotte weiter wächst. Nur in der Frage des Antriebs scheiden sich die Geister. Die Zeit für Dieselfahrzeuge scheint abgelaufen.
Abgasskandale und Fahrbeschränkungen in einigen europäischen Großstädten stellen zunehmend Dieselfahrzeuge sowie generell die Notwendigkeit eines eigenen Fuhrparks infrage. Zwar gelten viele Fahrverbote in Umweltzonen nur für Dieselfahrzeuge der älteren Fahrzeuggenerationen, vorausdenkende Unternehmen, die zudem Corporate Social Responsibility nicht nur als Lippenbekenntnis auf ihre Agenda schreiben, stellen jedoch bereits auf einen umweltverträglicheren Fuhrpark um.
Derzeit sind mehr als die Hälfte aller registrierten Pkw und Leicht-Lkw in Europa dieselbetrieben, in betrieblichen Fuhrparks beträgt der Anteil sogar zwei Drittel. Dieselfahrzeuge werden nicht über Nacht verschwinden – mittelfristig diesbezügliche Entscheidungen zu treffen, ist aber sicher kein Fehler. Die Fahrzeugwahl sollte abgestimmt auf die Anforderungen des Unternehmens erfolgen. Eine Analyse des Flottenprofils und der Gesamtkosten ist hilfreich.
Für viele Mobilitätsexperten scheint eines klar: Die Zukunft der Fortbewegung ist elektrisch. »E-Mobilität ist das treibende Thema der Stunde. Der Wechsel auf Elektrofahrzeuge bietet zahlreiche Vorzüge, derer sich viele Unternehmen noch nicht vollständig bewusst sind«, hielt LeasePlan-Geschäftsführer Nigel Storny im Rahmen des Events »Fuhrpark e-loaded« ein flammendes Plädoyer für E-Mobilität.
Bild oben: Gwénael Cevaer, Arval Österreich: »Wesentliche Veränderungen für den Fuhrpark.«
Führungskräfte und Flottenbetreiber zweifeln tatsächlich, inwieweit sie E-Fahrzeuge unter den heutigen Gegebenheiten wirtschaftlich sinnvoll in den bestehenden Fuhrpark integrieren können. Für Smatrics-Geschäftsführer Michael-Viktor Fischer sind derlei Bedenken unbegründet: »Ein elektrischer Fuhrpark ist weder fürs Unternehmen noch für die Mitarbeiter ein Marketing-Gag. Ein Dienstwagenfahrer spart allein durch die Sachbezugsbefreiung bis zu 450 Euro netto monatlich.« E-Fahrzeuglenkern stehe in Österreich inzwischen ein nahezu flächendeckendes Ladenetz zur Verfügung. Der Mobilitätsbedarf eines Unternehmens könne ebenso gut abgedeckt werden wie bei herkömmlichen Benzin- oder Dieselflotten. Auch bezüglich Optik und Fahrgefühl haben die E-Modelle in den vergangenen Jahren deutlich aufgeholt – der Coolness-Faktor ist unbestritten.
Abgesang verfrüht
»Es hat sich bewährt, E-Fahrzeuge Schritt für Schritt dort in Flotten zu integrieren, wo der Einsatz Sinn macht und Unternehmen sofort und unmittelbar einen finanziellen Mehrwert haben. Daher ist die genaue Analyse des eigenen Mobilitätsbedarfs durch Experten immer der Ausgangspunkt für die Planung oder Umstellung von Flottenlösungen«, sagt Peter Kokaroski, E-Mobilitätsexperte bei LeasePlan. »Der einzige Bereich, bei dem die Elektromobilität noch an ihre Grenzen stößt, ist bei den Nutzfahrzeugen. Aber auch hier wird sich in den kommenden Jahren viel bewegen.«
Bild oben: Apps veränern das Fuhrpark-management.
Wie weit die Möglichkeiten schon gehen, zeigte das oberösterreichische Unternehmen Kreisel Electric sehr anschaulich, als es im Vorjahr den rund drei Tonnen schweren Mercedes G-Klasse von Arnold Schwarzenegger mit einem Hochleistungs-Akku ausstattete. Mit einer Reichweite von 300 Kilometern und 360 kW (490 PS) setzten die Mühlviertler neue Maßstäbe.
Der Abgesang auf den herkömmlichen Antrieb scheint trotz des gegenwärtigen Hypes rund um E-Fahrzeuge auch den Wissenschaftern der TU Graz noch verfrüht. Forschung am Verbrennungsmotor sei »notwendiger denn je«, so Helmut Eichlseder, Leiter des Institutes für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik an der TU Graz. Elektromobilität sei »insbesondere für den urbanen Verkehr eine sehr interessante Möglichkeit«. Für den Fernverkehr, Transporter, Landmaschinen, Baumaschinen und Frachtschiffe werde die Verbrennungskraftmaschine aber der Motor der Wahl bleiben.
Verzicht oft nicht möglich
Wie auch immer der Fuhrpark aussehen wird, die Verantwortlichen in österreichischen Betrieben blicken optimistisch in die Zukunft, wie die jährlich durchgeführte Arval Fuhrparkstudie dokumentiert. Eine Reduzierung der Flotte ist für die rund 300 befragten Unternehmen vorerst kein Thema, Leasing und Elektromobilität dagegen sehr wohl. Gefragt nach den größten Herausforderungen, gaben 39 % der Fuhrparkmanager an, vor allem Kosten optimieren zu wollen. Das bewusste Verzichten auf Fahrten spielt dabei jedoch keine besondere Rolle, stattdessen wird auf Fahrtrainings und effizienteres Fahren gesetzt. Mit dem rasanten technologischen Fortschritt kämpfen 31 % der Unternehmen, für 28 % stellen Gesetzesänderungen – etwa die neue Abgasmessung WLTP, die höhere CO2-Emissionswerte nach sich ziehen kann – eine Hürde dar.
Betriebe mit bis zu 99 Beschäftigten haben im Schnitt drei Fahrzeuge in der Garage stehen. Bei Unternehmen ab 100 Mitarbeitern sind es durchschnittlich 43 Fahrzeuge. Vor allem für die Branchen Handel, Produktion, freiberufliche und technische Dienstleistungen und den Bausektor sind Firmenautos nach wie vor relevant.
Bild oben: Michael-Viktor Fischer, Smatrics: »Ein elektrischer Fuhrpark ist kein Marketing-Gag.«
Ein völliger Verzicht auf das firmeneigene Auto scheint für viele nicht möglich, ein Umdenken ist dennoch zu bemerken. »Unternehmen sehen sich gerade mit wesentlichen Veränderungen für ihren Fuhrpark konfrontiert: die Diskussion um Dieselantriebe, das Aufkommen alternativer Antriebe, Telematik und damit verbundene Datenschutzfragen sowie die Entwicklungen im autonomen Fahren«, sagt Gwénael Cevaer, Managing Director von Arval Österreich.
Effizienter und vielfältiger
Will man an der firmeneigenen Flotte festhalten, ist zumindest das Auslagern des Fuhrparkmanagements eine Überlegung wert. Immerhin findet sich der Fuhrpark unter den Top 5-Budgetposten eines Unternehmens. Der interne Aufwand wird oft unterschätzt: Für eine Flotte von 35 Fahrzeugen fallen pro Jahr durchschnittlich 2.346 Belege für Kauf, Versicherung, Tanken, Wartung, Reifenwechsel und Reparaturen an, rechnet der Full-Service-Anbieter Arval vor. Kalkuliert man für die Bearbeitung dieser Belege 547 Stunden, entspricht das knapp einem Drittel der durchschnittlichen Nettoarbeitszeit eines Mitarbeiters.
Der im Vorjahr gegründete Fuhrparkverband Austria unterstützt heimische Unternehmen aus der Transport- und Logistik-branche als Informationsplattform und Sprachrohr nach außen. 26 Mitglieder, darunter Porr, Siemens, Stiegl, Roche, Josko und Herold Business Data, mit rund 13.000 Fahrzeugen nehmen bereits am Austausch von Know-how teil. Auch eine Rechtsberatung und eine Ausbildung zum zertifizierten Fuhrparkleiter ist angedacht.
Die Vielzahl an Smartphone-Apps, die derzeit auf den Markt strömen, lässt erahnen, dass sich die Tätigkeit der Fuhrparkmanager schon bald grundlegend ändern kann. Effizienter und vielfältiger wird Mobilität – insbesondere in Unternehmen, die flexibel agieren möchten. Fuhrparkleiter managen dann nicht mehr ausschließlich eigene Fahrzeuge, sondern evaluieren zusätzliche Angebote. Je nach Bedarf werden Carsharing, Mietwagen oder Taxidienste in den Mobilitätsmix des Unternehmens integriert. Das Tool schlägt jeweils die Variante vor, die am besten auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnitten ist. Nutzlose Standzeiten gehören somit der Vergangenheit an.
Laseraugen für Autos
Derzeit noch Zukunftsmusik, auf Fachkonferenzen aber bereits heftig diskutiert und langfristig wohl Teil jedes modernen Flottenmanagements, ist das Thema Autonomes Fahren. Schon jetzt sind Autos rollenden Computern vergleichbar.
Einer Deloitte-Umfrage zufolge sind 85 % der Befragten überzeugt, dass sich autonomes Fahren durchsetzen wird. Auf der IAA in Frankfurt stellte die Daimler-Tochter Smart das Konzeptfahrzeug Vision EQ vor. Nach Eingabe des Fahrtziels via Smartphone-App steuert der Zweisitzer das Ziel ohne weiteres Zutun des Fahrers an.
Fahrassistenz-Systeme wie Einparkhilfen und integrierte Abstandsmesser sind ohnehin bereits gängige Technologien, die in Richtung autonomes Fahren noch nachgeschärft werden. Berufsfahrer profitieren in besonderem Maße von diesen Systemen.
Im Rahmen der Deloitte-Studie erklärten sich 61 % sogar zu einer Aufzahlung bereit, wenn sie in unangenehmen Verkehrssituationen vom Fahren entbunden würden. So könnte etwa ein Staupilot im Stop-and-go-Verkehr gute Dienste leisten oder bei der Parkplatzsuche assistieren. Bei Daimler rechnet man bereits ab 2030 mit der Zulassung von vollautonomen Fahrzeugen. »Autos fahren künftig elektrisch und mit der Umgebung vernetzt selbstständig durch den Verkehr«, sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche auf der Konferenz »me Convention« im vergangenen Herbst. Beim Chiphersteller Infineon in Villach arbeiten Techniker an Mikroelektronik-Lösungen, die die Sensorik für teil- und vollautomatisiertes Fahren entscheidend verbessern sollen.
LiDAR (Light Detection And Ranging) ist die Schlüsseltechnologie. Dabei werden Laserstrahlen im Infrarotbereich eingesetzt, um Objekte in bis zu 200 Metern Entfernung erkennen und den Abstand zu diesen bestimmen zu können. Die hochauflösende 360-Grad-Messung liefert ein dreidimensionales Bild der Umgebung und ist eine ideale Ergänzung zu Radarsystemen, die mit einer anderen Frequenz der elektromagnetischen Wellen arbeiten.
Schon in den nächsten Jahren soll das System in Oberklasse-Fahrzeugen zum Einsatz kommen. Parallel wird aber am Standort Graz an einer kompakten halbleiterbasierten Lösung geforscht, wie Stefan Rohringer, Leiter des Infineon Entwicklungszentrums, erklärt: »Ziel ist es, LiDAR zu einer preisgünstigen Option für jeden Neuwagen weltweit zu machen, wie es uns bei Radar gelungen ist.«