Nur höchste Qualität und nachhaltige Produktion überzeugen. Eigenbewertungen klingen gut – den offiziellen Beweis liefern Zertifizierungen.
ISO 9001 bei Unternehmen allgemein, ISO 29990 bei Organisationen mit Aus- und Weiterbildung, ISO 22000 und ISO 15161 im Lebensmittelbereich, ISO 50001 bei größeren und energieverbrauchsintensiven Unternehmen. Zertifizierungen bestimmen den Alltag, mit gutem Grund: Kunden werden anspruchsvoller und kritischer, verlangen die Einhaltung der höchsten Qualitätsanforderungen für Produkte, Prozesse sowie Dienstleistungen. Früher haben Unternehmen ihre Lieferanten-Überprüfungen firmenintern erstellt. Die Frage stellt sich, ob die Kompetenz, nach Kriterien wie Umwelt, Personal, Arbeitssicherheit und Risikoabschätzung zu prüfen, immer gegeben ist. Die Alternative: eine kompetente außerbetriebliche Stelle beauftragen. »Qualitätsmanagement hat sich weltweit zu einer treibenden Kraft entwickelt«, betont Klaus Mlekus, Leiter Vertrieb Managementsystemzertifizierungen bei TÜV Austria. In welchen Branchen werden Zertifizierungen bevorzugt durchgeführt? Mlekus: »Hätten Sie mich das vor 25 Jahren gefragt, hätte ich gesagt: Elektrotechnik und Maschinenbau. Heute sind Zertifikate in allen Branchen wichtiger Hinweis auf Qualität und Zuverlässigkeit.« Auch die Normen selbst haben sich geändert. Früher wurde nur vom Produzenten gesprochen, aktuell heißt es Anbieter, d.h. Produzent und Dienstleister. Klaus Grün, Director Standards Development bei Austrian Standards: »Wo es hohe Risiken gibt, werden Zertifizierungen eher erwartet als in jenen Branchen, bei denen es um Reputation und Image geht.«
Qualitäts-Trio
Um 1900 hat Henry Ford erklärt, dass Qualität kontrolliert werden muss. In der Folge wurde produziert und gemessen, bei schlechtem Ergebnis entsorgt oder nachgearbeitet. Qualitätssicherung ist die evolutionäre Weiterentwicklung der Qualitätskontrolle. Es geht darum, die Produktion so zu steuern, damit möglichst wenig Probleme entstehen. »Wichtig ist, nicht erst am Schluss zu prüfen«, so Roman Käfer, Geschäftsführer von Procon. Der Prozess muss so ausgelegt sein, dass Fehler gar nicht erst entstehen. »Man muss bereits beim Kundenwunsch ansetzen.« Aus Qualitätssicherung sind schließlich Verfahren entstanden, u.a. Prozesse der Produktion, des Marketings, der Mitarbeiter-Weiterentwicklung und der Wartung. Es ergibt sich ein ideologischer Kreislauf, überlebensnotwendig für Unternehmen. Dieser kann zertifiziert werden: Die ISO 9001 enthält die Anforderungen an Qualitätsmanagementsysteme, die ISO 14001 betrifft den Bereich Umwelt, 50000 den Bereich Energie, 27001 die Informationssicherheit. Klaus Grün: »Dann gibt es Derivate der ISO 9001 für verschiedene Wirtschaftszweige, z.B. für den Bereich Automobilzulieferer und IT-Sicherheit.«
Selbst die öffentliche Verwaltung hält Zertifizierungen für notwendig. Roman Käfer: »In Wien gibt es viele kommunale Leistungen, die der Privatwirtschaft sehr ähnlich sind, etwa die Müllentsorgung.« Zertifizierungen sollen nachweisen, dass öffentliche Stellen ihre Leistungen genauso gut erbringen wie privatwirtschaftliche Betriebe. Begehrte Zertifikate sind nicht nur die ISO 9001, sondern u.a. auch die ISO 14001, ISO 27001 und ISO 31000, neu ist die Prozesszertifizierung ISO 33000. »Der Zertifizierungsboom hält weiter an«, ist sich Roman Käfer sicher. Es mag Zertifikate geben, deren Inhalt nicht unbedingt die Erwartungen widerspiegelt. Die Zertifizierungsstellen machen es sich aber nicht einfach. »Eine Zertifizierung von Qualitätsmanagementsystemen durch den TÜV Austria schafft Vertrauen und ist die objektive Bestätigung laufender Prozessoptimierung«, betont Klaus Mlekus.
Zertifizierungspraxis
Microsoft setzt seit jeher auf ein umfassendes Qualitätsmanagement in allen Geschäftsbereichen. »Ohne permanente Verbesserung unserer Prozessqualität wäre das dauerhafte Wachstum in der hart umkämpften IT-Branche schlichtweg nicht möglich«, so CTO Harald Leitenmüller. »Wir haben spezielle Zertifizierungen für die Bereiche Environmental Sustainability, Sales, Production, Development, Devices und z.B. Cloud.« Die Österreichische Energieagentur, die in ihrer Academy unter anderem Schulungen im Bereich Energiemanagement nach ISO 50001 anbietet, ist selber nach dieser und der ISO 29990 Norm zertifiziert. »Zur ISO 50001, Energiemanagement, sind wir nicht verpflichtet, aber was wir predigen, wollen wir auch leben«, so Petra Lackner, Leiterin Center Gewerbe & Industrie. »Und mit der ISO 29990 zeigen wir, dass Entwickung und Durchführung unserer Schulungen einem hohen Qualitätsstandard folgen.«
Die MitarbeiterInnen des IBO sind zertifizierte AuditorInnen für Gebäudebewertungen wie LEED und BREEAM, das IBO ist auch klima.aktiv-Kompetenzpartner. Barbara Bauer: »Im Bereich der Ökobilanzierung arbeiten wir ebenso nach nationalen und internationalen Standards.« Zertifizierungen sind auch Renate Peischl, QM-Direktorin von Krages, der Burgenländischen Krankenanstalten Gesellschaft, wichtig. »Unsere Krankenhäuser sind KTQ-zertifiziert. Zusätzlich erhielten wir als erster Krankenanstaltenträger weltweit das Deutsche Palliativsiegel verliehen.« Ankündigung von Oliver Vettori, Koordinator Qualitätsmanagementsystem der WU Wien: »Im November findet das nächste Kontrollaudit zur Equis-Zertifizierung statt.« Die WU Wien hält die drei im wissenschaftlichen Bereich führenden Betriebswirtschaftslehre-Akkreditierungen: Equis, Amba und AACSB. Qualitätssicherung und -management sehen in der Forschung natürlich anders aus als in der Wirtschaft. Die Kernprozesse Lehre und Forschung sind schwer optimierbar. Behandelt werden Managementlogik, Qualitätssicherung wie auch Stakeholderzufriedenheit und Einbindung der Studenten. Zum Thema Ausbildung informiert Vettori: »Wir haben kein eigenes Masterprogramm für Qualitätsmanager – denn der Einbezug von Qualität ist Teil jedes Studiums.«