Donnerstag, Februar 06, 2025
"Wir haben uns zu wenig ambitionierte Ziele gesetzt"

Im Interview mit Report(+)PLUS spricht Wirtschaftsminister Harald Mahrer über Anreize für Gründer, den Open-Innovation-Ansatz und wo Österreich noch aufholen muss.

(+) plus: Der Wirtschaftsstandort Österreich befindet sich im Wettbewerb mit einem globalen Markt. Was sind die Erfolgsfaktoren für die heimische Wirtschaft in diesem Wettbewerb – in dem andere Regionen etwa mit Billiglöhnen und niedrigeren (sozialen, ökologischen, Qualitäts-)Standards punkten können?

Harald Mahrer: Ein attraktiver Standort macht Mut zur Selbstständigkeit, lockt internationale Unternehmen an und schafft damit Arbeitsplätze und Wohlstand. Damit meine ich das wirtschaftliche, rechtliche, administrative und politische Umfeld. Österreich kann mit sehr gut qualifizierten Arbeitskräften, innovativen Köpfen, einer engagierten, sehr aktiven und innovativen Gründerszene,einer hohen F&E-Quote, einer herausragenden Lebensqualität und einem sicheren Umfeld punkten. Die vielfältigen Maßnahmen unserer Gründerland-Strategie sorgen zudem dafür, dass Öster­reich für in- und ausländische Start-ups und Jungunternehmen noch attraktiver wird.

(+) plus: Sie definieren »bestmögliche digitale Infrastruktur« als eines der Schwerpunktthemen für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Österreich. Was sollte die Politik dazu in der nächsten Legislaturperiode unternehmen?

Mahrer: Das Stichwort ist Breitbandausbau auf weltweitem Spitzenniveau. Wir brauchen superschnelles Internet bis in die entlegensten Täler. Und das nicht nur für Unternehmen, sondern für alle Menschen in Österreich. Das hochzusteckende Ziel muss heißen, in den nächsten drei bis fünf Jahren Richtung 100 Megabit pro Sekunde flächendeckend zu gehen, mit dem Ausbau des Glasfasernetzes als Rückgrat. Hier haben wir uns in den vergangenen Jahren wohl zu wenig ambitionierte Ziele gesetzt und haben jetzt die Aufgabe aufzuholen. Der Staat kann ein digitales Fundament anbieten, aber nicht nur mit Geld, sondern auch mit schnelleren Genehmigungsverfahren oder dem Verzicht auf Gebühren für die Errichtung von Sendemasten etc. unterstützen. Ein Ausbau der digitalen Infrastruktur hat jedenfalls auf einer Top-Prioritäten-Liste der nächsten Regierung zu stehen, inklusive dem Vorhaben, 5G-Pilotland zu werden.

(+) plus: Informationstechnologie ist ein Fundament unserer Wirtschaft und Gesellschaft geworden, damit steigt auch die Abhängigkeit von funktionierender IT-Infrastruktur und IT-Systemen. Braucht es nicht auch eine offene Diskussion und Maßnahmen dazu, ähnlich wie zur Versorgungssicherheit in der Stromversorgung?

Mahrer: Eine offene Diskussion ist immer sinnvoll. Darum forciere ich seit Jahren einen Open-Innovation-Ansatz, wenn es um die gemeinsame Erarbeitung von Strategien geht. Vor allem in Zukunftsbereichen, beispielsweise mit der erwähnten Gründerland-Strategie, der Energiestrategie oder der erst vor kurzem präsentierten Digitalisierungsstrategie für den heimischen Tourismus. Das Thema Sicherheit begleitet uns, seit es IT-Systeme gibt. Wir nehmen es entsprechend ernst, und daher wird beständig ressortübergreifend – von BKA, Verteidigungsministerium, Innenministerium, Infrastrukturministerium usw. – an einer sicheren IT-Infrastruktur gearbeitet.

(+) plus: In welcher Weise sollte aus Ihrer Sicht prinzipiell der Staat Maßnahmen zu Unternehmensqualität sowie Cybersicherheit anreizen oder steuern? Geschieht dazu bereits genug – und können wir uns auf das Eigeninteresse und die Initiative der Unternehmen verlassen?

Mahrer: Der Staat kann hier Anreize schaffen und Unternehmen zur Umsetzung eigener Maßnahmen animieren – Stichwort Nudging. Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn man Bürger, Unternehmen oder Institutionen Entscheidungsfreiheit lässt, sind sie deutlich motivierter, selbst Verantwortung zu übernehmen.

Andererseits ist natürlich auch klar, dass es zum Teil auch vorgegebene Regeln braucht, wenn es um Themen wie die nationale Sicherheit geht.

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