Sonntag, Dezember 22, 2024

Wie in Unternehmen kommuniziert und gearbeitet wird. Wie weit die Digitalisierung vorangeschritten ist. Die Österreich-Studie von HMP und IMC FH Krems exklusiv im Report.

Ist Ihr Unternehmen bereits in der neuen Welt des Arbeitens angekommen? Falls Ihr Werkzeugkasten aus Notebook, Smartphone und Tablet besteht: Dürfen Sie sich aussuchen, zu welcher Tageszeit und an welchem Ort Sie arbeiten? Und würden Sie diese Freiheit überhaupt schätzen? Das Beratungsunternehmen HMP hat zum bereits siebenten Mal in einer Umfrage Beschäftigte in Österreich zu den Auswirkungen und Herausforderungen von modernen Arbeitsumgebungen und modernen Organisationen befragt. Rund 200 nahmen an der Studie »Unternehmen der nächsten Generation – Auswirkungen der digitalen Transformation« teil, die im Herbst 2016 gestartet wurde und Februar 2017 endete. Der Report ist Medienpartner des Studienprojekts. Die Ergebnisse der Umfrage, die von HMP in Kooperation mit der FH Krems und der Plattform »Great Place to Work« entwickelt wurde, sollen in Projekte des Forschungsinstituts Next Generation Enterprise einfließen.

Gewichtung der Kommunikation
Eines vorweg: E-Mail bleibt das wichtigste Kommunikationstool. Mobiltelefonie und persönliche Gespräche befinden sich gleich darauf auf Platz zwei. Während diese drei Kommunikationskanäle von nahezu allen Befragten genannt wurde, landen »Calendar Sharing«, Festnetztelefonie und »Document Sharing« bereits abgeschlagen auf den hinteren Plätzen. Die Schlusslichter in der Bedeutung relevanter Kommunikationskanäle sind – wenig überraschend – SMS und Fax. »Auch wenn technologiegestützte Kommunikation immer weiter steigt, bleibt der persönliche Kontakt sehr wichtig«, betont HMP-Geschäftsführer Thomas Schmutzer. Welche Auswirkungen haben nun Trends wie die Flexibilisierung von Arbeitszeit, Arbeitsstätten und Entscheidungswegen? »Die neue Welt des Arbeitens steigert die Zufriedenheit der Mitarbeiter, aber auch die Innovationskraft und Produktivität eines Unternehmens. Arbeitnehmer und Arbeitgeber profitieren gleichermaßen.



Vor allem die freie Zeiteinteilung, gesteigerte Lebensqualität und der gesteigerte Bedarf an Flexibilisierung sind aus Sicht der Mitarbeiter die wichtigsten Benefits«, kommentiert Schmutzer weiter. Die Konzentration auf Zielsetzungen statt starrer Anwesenheitspflicht, schlichtweg das Arbeiten in einer vertrauensbasierten Kultur sowie räumliche und zeitliche Flexibilität werden für die Menschen immer wichtiger – und werden oft sogar einem hohen Gehalt vorgezogen. Diesen Wertewandel bestätigt auch FH-Prof. Michael Bartz: »Über 70 % der Angestellten halten die Einführung flexibler Arbeitsformen, zielorientierte Führung und Vertrauenskultur für wichtiger als ein hohes Gehalt«, zitiert er aus der Untersuchung. »Die besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu halten und zu gewinnen, die Innovationskraft und die Produktivität des Betriebes zu steigern, sind die wichtigsten Gründe für Unternehmen auf neue innovative Arbeitsformen – also New World of Work – zu setzen«, betont Bartz. Viele würden eine Vereinbarkeit von Beruf- und Privatleben suchen. Flexibilität bei der Arbeit sind mittlerweile die wichtigsten Gründe bei der Wahl des Arbeitgebers geworden.



Spielregeln gefordert
Bei all der geforderten Flexibilität gilt es dennoch, der gewonnenen Freiheit zumindest sanft Grenzen zu setzen. »Am Foto: Michael Bartz meisten verbreitet sind Spielregeln zu den Themen mobiles Arbeiten, zur Nutzung von Kommunikationstools und der Pflege des digitalen Kalenders, sowie im Umgang mit Social Media«, berichtet Schmutzer. In 65 % der Unternehmen kommen solche Spielregeln zum Einsatz. Als »sinnvoll« erachtet mehr als die Hälfte der Befragten Regelungen zur Nutzung von gemeinsamer Bürofläche – Besprechungsräume, Zonen für Telefonate oder ruhigere Bereiche für stille Arbeit. Knapp jeder Zweite findet Regelungen wichtig, welche Kommunikationskanäle für bestimmte Aufgaben und Zwecke genutzt werden sollten. Ebenfalls ein Anliegen vieler ist die Erholungsphase am Wochenende: Auch E-Mails sollten nicht vor Montagfrüh geschickt werden. Einmal muss ja Ruhe sein.



Phasen der Transformation
Ebenfalls untersucht wurde von HMP und FH Krems der Status quo in der heimischen Unternehmenslandschaft hinsichtlich des Schlagwortes der Digitalisierung. Die zunehmende Vernetzung von Unternehmensprozessen, Dingen und Menschen öffnet in allen Branchen neue Möglichkeiten – sogar in bislang von Informationstechnologie kaum durchzogenen Sektoren wie Stahlindustrie und Bauwirtschaft. Generell gilt: »Die Unternehmen sind hinsichtlich Digitalisierung unterschiedlich weit fortgeschritten. Die Mehrheit ist allerdings noch damit beschäftigt, die Auswirkungen der Digitalisierung auf ihr Unternehmen greifbar zu machen«, verrät Schmutzer. Er teilt die Bereitschaft von Organisationen zur Digitalisierung in vier Evolutionsschritte ein: In der »Sensibilisierung « analysieren Unternehmen vergleichbare Firmen und Branchen sowie aktuelle Technologien. 27 % der Befragten sehen sich auf diesem Stand. 30 % sind bereits in der »Realisierung« – sie definieren eine konkrete Strategie und Umsetzung. In der tatsächlichen »Transformation« sehen sich erst 23 %. Diese Unternehmen machen den Wandel oft auch in Form einer Vorstandsposition fest, einem »Chief Digital Officer«. Schließlich sind es 20 %, also jedes fünfte Unternehmen, das sich der finalen Phase wähnt. Auf dieser höchsten Ebene dreht sich alles um konstante Innovation. Inbegriffen sind ein komplettes Redesign des Unternehmens und die Etablierung als »Innovation Leader« – und dies auch mit dem Blick über den Tellerrand im Schaffen eines Partner-Netzwerkes.

Laut der Untersuchung sind im Durchschnitt 65 % der Arbeitsprozesse in den Unternehmen digitalisiert. Der Digitalisierungsgrad ist von Branche zu Branche unterschiedlich. Die Nase vorne haben Banken, Handel und Unternehmen aus der IT und Telekommunikation mit einem Grad bis zu 80 % Umsetzungen. Infrastruktur, Energie und Beratung bilden mit Werten um 50 % die Talsohle. Lediglich Tourismus liegt mit 25 % nochmals weit darunter.



Originaltöne

Thomas Schmutzer, HMP: »Die gewünschte Flexibilität in der neuen Welt des Arbeitens erfordert genauso Spielregeln für Unternehmen und Beschäftigte.«

Michael Bartz, IMC FH Krems: »Unternehmen setzen auf innovative Arbeitsformen, um ihre besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter halten und gewinnen zu können.«


Buchtipp: Atlas des neuen Arbeitens
Im Dezember 2016 wurde »Unternehmen der nächsten Generation – Atlas des neuen Arbeitens« in Wien präsentiert. In dem Sachbuch werden Erfahrungsberichte von über 30 Betrieben aus Österreich, Deutschland und der Schweiz angeführt. Erfahrungsberichte gibt es unter anderem von A1 Telekom Austria, Arbeiterkammer Niederösterreich (AKNÖ), Asfinag, Tieto, Bundesminsterium für Finanzen, Bundesminsterium für Familien und Jugend, BMW Group, Erste Bank, Microsoft und OMV. Die Quintessenz aus den Berichten: Die Transformation von Unternehmen in Richtung neuer, innovativer Arbeitsweisen erfordert Zeit und Ressourcen und ist keinesfalls risikofrei. Umso wichtiger ist es, die Erfahrungen anderer Unternehmen zu nutzen, die sich bereits erfolgreich auf den Weg gemacht haben. Das Buch präsentiert erfolgreiche Lösungsansätze und Vorgehensweisen bei deren Implementierung sowie den erzielten Nutzen.
»Unternehmen der nächsten Generation – Atlas des neuen Arbeitens«, 2016 Springer Gaber Verlag

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