Montag, Juli 22, 2024

Praktische Services für die Bürger und eine integrierte Stadt- und Verkehrsplanung sind die Eckpfeiler moderner Kommunen. Wichtig ist dazu ist die richtige Datenstrategie.

Die Digitalisierung und ihre neuen technischen Möglichkeiten könnten die Arbeit der Verwaltung radikal verändern. Diesen Konjunktiv bemüht man derzeit in der Schweiz, um Bevölkerung wie Beschäftigte in der Verwaltung vorsichtig für die Zukunft zu rüsten. »Die digitalen Technologien haben in den vergangenen Jahren neue Geschäftsmodelle entstehen lassen, die das Potenzial haben, unsere Wirtschaft und Gesellschaft fundamental zu verändern. Diese Entwicklung lässt sich nicht stoppen und macht auch vor dem Staat und der öffentlichen Verwaltung nicht Halt«, erklärt Kuno Schedler, Professor für Betriebswirtschaftslehre und Public Management an der Universität.

Als Beispiele nennt er Unternehmen wie Google, Amazon, Facebook, Airbnb, Uber oder Tesla, die gelernt haben, jeden einzelnen ihrer User für sich nutzbar zu machen und damit einen vorher nicht dagewesenen Mehrwert zu schaffen. Die Verwaltung werde sich gegen den Fortschritt nicht wehren können. »Die Digitalisierung wird die strukturellen Hindernisse ganz einfach umfließen. Entweder man ist dabei oder macht sich überflüssig.« Um nun die möglichen Veränderungen und Folgen der Abbildung behördlicher Geschäftsprozesse besser abzuschätzen und vertiefte interdisziplinäre Kenntnisse zu gewinnen, baut Schedler an der Universität St. Gallen ein »Smart Government Lab« auf. Es soll die Erfahrung unterschiedlicher Akteure aus der Praxis mit Erkenntnissen der Forschung zusammenbringen.

Schauplatzwechsel Österreich

Mitten drin, und das seit vielen Jahren bereits, befindet sich die österreichische Verwaltung bei Digitalisierungsfragen. Laut dem jährlich durchgeführten »E-Government Monitor« erreicht die E-Government-Nutzung in Österreich mit 74 % den höchs­ten Wert, der in Deutschland, Österreich und der Schweiz in den letzten sechs Jahren gemessen wurde. Die Bürgerinnen und Bürger Österreichs zeigen sich mit den Angeboten ihrer Verwaltung sehr zufrieden. Fast die Hälfte (48 %) vergaben die Bestnote »äußerst zufrieden«. Besonders positiv werden die zeitliche Unabhängigkeit und Bequemlichkeit bei der Nutzung und das Vertrauen in das Angebot hervorgestrichen. Der Staat setzt neben einem Rabatt bei Gebühren bei der Nutzung digitaler Angebote auf das

Bild: Maria Zesch, T-Mobile: »Wir stehen mitten in einer digitalen Transformation des Alltags, die alle unsere Lebensbereiche erfasst.«

»Once only«-Prinzip: Dokumente wie etwa der Meldezettel brauchen nicht mehr mehrmals bei Behörden vorgelegt werden. Die Behörde kann diese Informationen direkt aus dem Register abfragen. Ganz ohne Antrag wird Berechtigten bereits die Familienbeihilfe ausgezahlt. Kommt ein Kind in Österreich auf die Welt und lebt zumindest einer der Erziehungsberechtigten in Österreich – beides ist nachweisbar und automatisiert prüfbar –, so ist der Anspruch auf Familienbeihilfe erfüllt, das Finanzamt wird von selbst aktiv.

Offene Daten

Mit Open-Government-Data (OGD) können Unternehmen und Entwickler an den anonymisierten Daten der Verwaltung arbeiten. Es ist ein Paradigmenwechsel im Selbstverständnis der Amtsstube. War die Behörde früher strenge Empfängerin von Bittgesuchen, weht heute der »wind of change« in Richtung BürgerInnenservices. Auch die vielfältigen Herausforderungen in der Stadt- und Verkehrsplanung benötigen Lösungen mit neuen Methoden, welche über alte Grenzen hinausgehen. In den Landeshauptstädten tut sich hinsichtlich OGD bereits viel.

Graz, Linz und Wien eifern bei ihrem Angebot regelrecht um die Wette. »Wichtig ist eine entsprechende Datenstrategie zu haben«, empfiehlt Gustav Lebhart, Data Governance Koordinator Stadt Wien und Leiter Landesstatistik Wien. »Um einen Mehrwert zu bekommen, müssen die gewünschten Informationen zur richtigen Zeit am richtigen Ort und auch in einem neuen Kontext aufbereitet abrufbar sein.« Das
Datenspektrum werde sich in Zukunft »gewaltig ändern«, meint Lebhart. »Wir müssen den Daten einen Mehrwert geben.«

Verkehr im Internet der Dinge

Nicht nur die Verwaltung, auch die Verkehrsinfrastruktur und deren Bewirtschaftung werden durch Vernetzung und M2M-Kommunikation in eine neue Ära geführt. Maria Zesch, Chief Commercial Officer T-Mobile, erwartet große Veränderungen durch die Digitalisierung: »Wenn ein Auto bei einem Unfall automatisch den Notruf verständigt, ist das das Internet der Dinge«, so die Managerin. »Wenn das Fahrrad durch ein Schlagloch fährt und davon die Straßenwartung verständigt. Wenn Sie in wenigen Jahren Ihr Auto an der Tür absetzt und es dann selbstgesteuert zum nächsten freien Parkplatz fährt und einparkt. All das sind Beispiele für das Internet der Dinge, das eigentlich richtigerweise das Internet der Menschen, der Tiere und der Dinge heißen müssen – weil einfach alles mit allem über Internet verbunden sein kann.«

Modelle ändern sich im Kern

Die Vernetzung und Digitalisierung des Autos sorgt weiterhin für Umbrüche in der Automobilindustrie und weist rasant wachsendes Marktpotenzial auf. Bei einer jährlichen Zuwachsrate von gut 24 % wird sich das Umsatzvolumen im Bereich der vernetzten Mobilität weltweit von 47 Mrd. Euro in 2017 auf 140 Mrd. Euro in 2022 erhöhen und damit innerhalb von fünf Jahren knapp verdreifachen. Das sind zentralen Ergebnisse einer »Connected Car«-Studie des Beraters Strategy&. Durch die Verfügbarkeit exakter Daten über das Fahrverhalten, Interessen und Prioritäten der Fahrer stehen den Marktteilnehmern ungeahnte Möglichkeiten zur Verfügung, Dienste nach Wunsch, aber auch passgenaue Mobilitätsleistungen anzubieten.

»Vor allem für traditionelle Hersteller ist es enorm wichtig zu begreifen, dass vernetzte Mobilität kein reines Produkt, sondern ein Technologie-Ökosystem ist, welches ihr Geschäftsmodell im Kern verändert. Vor allem die Verknüpfung aus Dienstleistungen und Daten führt zu unzähligen neuen Angeboten im Bereich der Mobilität«, sagt Michael Wagner, Partner für Mobilität bei Strategy&.

In den nächsten Jahren werden Informationstechnologie und die Vernetzung von Sensoren und Fahrzeugen Verkehrsinfrastruktur, wie wir sie heute kennen, völlig verändern. Experten zufolge braucht es in Österreich »lediglich« 300.000 Autos, die mit entsprechenden Messgeräten für Wetterverhältnisse und Verkehrsfluss ausgestattet sind, auf den Straßen, um flächendeckende Verkehrsinformationen herzustellen.

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