Schlemmen über den Wolken: Deftige Hüttenkost ist out, immer mehr Spitzenköche erobern mit Haute Cuisine die Berge.
Wenn man auf einer Höhe, wo andere nach Luft schnappen, ein Spitzenrestaurant eröffnet, braucht es doch Hoch-Mut. Dass es funktioniert, zeigt die Alpenglow Stube in Vail schon seit Jahren erfolgreich. Und noch ein Weltrekord: Die Pop-up-Champagner Bar The Oasis in der Nobelskiregion Aspen öffnet Veuve Cliquot & Co auf 3400 Metern.
Auch in Europa wächst die Zahl der Hoch-Küchen. »Kaviar statt Kaspressknödel« lautet das Mantra immer öfter. Bestes Beispiel für die neue Alpinküche ist Reto Mathis: Auf 2486 Metern thront sein Restaurant La Marmite in St. Moritz. Ein gelber Kubus, in dem der Schweizer mit Hummer, Gänseleber und Kaviar Gourmetküche zelebriert. Trüffel ist fast schon so selbstverständlich wie das Brotkörbchen, praktisch an jedem Tisch hobelt ein Kellner begeistert beeindruckende Mengen über die Gerichte.
Auch Sterneköche suchen die Höhe
Jean Sulpice richtete sich in seinem gleichnamigen Restaurant im französischen Wintersportort Val Thorens umgeben von mächtigen Bergketten ein – auf 2.300 Metern gelegen, mit zwei Michelin-Sternen und vier Hauben ausgezeichnet. Zu seinem Alltag gehören zugeschneite Straßen und Temperaturen bis minus 20° C, die verlässliche Lieferung der Produkte wird zur Herausforderung.
Aber nicht nur international, auch hierzulande wird in den Bergen immer exquisiter gekocht. Report(+)PLUS präsentiert ausgewählte Gourmettempel in luftiger Höhe.
Schaufelspitz, Stubaier Gletscher
»Was die im Tal können, kriegen wir auch hin«, sagte sich auch David Kostner. Sein Arbeitsplatz liegt am Stubaier Gletscher auf 2.900 Metern im Restaurant Schaufelspitz, aktuell mit zwei Hauben bewertet und damit Europas höchster Gourmettempel. An die ganz speziellen Bedingungen auf dieser Höhe musste er sich erst gewöhnen. Kuchen geht doppelt so schnell auf wie im Tal, Brot und Lebensmittel werden schneller trocken, Rotwein altert rascher, Champagner hat »energischere« Perlen. »Man muss die Rezepte halt anpassen.«
www.stubaier-gletscher.com/skigebiet/restaurants
Wedelhütte & Kristallhütte, Zillertal
Die Wedelhütte im Zillertal (2.350 m) ist das höchstgelegene Fünf-Sterne-Hotel der Alpen. Geplant wurde der futuristische Anbau so, dass der erste Blick aus dem Schlafzimmer auf die Morgensonne fällt. In der stilvollen Premium Wedel Lodge werden Fünf-Gänge-Menüs jenseits der Kaspressknödel serviert, die passenden Flaschen sondiert man im zweistöckigen Felsenkeller. Im Falstaff ist die Wedelhütte das höchstgelegene Restaurant mit sehr guten 87 Punkten. Gleich viele Punkte gab es auch auch für die Zillertaler Kristallhütte (2.147 m). Von den unabhängigen Skigebietstestern Skiresort.de und Snowonline.de wurde sie zur besten Hütte der Welt gewählt. Stockbett und kratzende Decke waren einmal.
www.wedelhuette.at, www.kristallhuette.at
Angerer Alm, St. Johann
Weit mehr als bloß eine Alm ist die Angerer Alm in St. Johann in Tirol (1.300 m). Vor der Naturkulisse des Kaisergebirges zelebriert Katharina Foidl Slow-Food mit regionalem Bezug und Wildkräutern, abends wird es kreativ. Annemarie Foidl, die Mutter der jungen Chefin und Präsidentin des Österreichischen Sommelierverbandes, steuert die Weinbegleitung aus einem Fundus von 6.000
Flaschen bei.
Verwallstube, St. Anton
Auf Haubenniveau isst man in der Verwallstube in St. Anton am Arlberg. Direkt an der Skipiste, mit Blick auf die weiß gepuderten Gipfel. Und was kocht Bernhard Neuhold auf 2085 Metern am liebsten? Richtig getippt, Meeresfisch. Auch in Tirol zu Hause ist das Edelweiß & Gurgl (1.930 m). Alfred Renn kann für seine Haubenküche teils auf Schweine, Kälber und Rinder der eigenen Landwirtschaft zurückgreifen, Kräuter werden auf den Almwiesen gesammelt.
Seewirt, Turracher Höhe
Recht frisch in der Liga der hochkarätigen Küchen ist der junge Philipp Prodinger im Schlosshotel Seewirt (1.700 m) auf der Turrach. Die Tiefenschärfe holte er sich bei Johanna Maier und Roland Trettl im Salzburger Hangar-7. Statt typischer Skihütten-Kulinarik pflegt Prodinger einfallsreiche Regionalküche mit Gerichten wie Zirbencremesuppe oder einem Duett von Styria Beef und Nockalm-Bio-Saibling.
Hotel Eder, St. Kathrein
Ein Duo sorgte im oststeirischen St. Kathrein/O. für Aufmerksamkeit: Stefan Eder im Hotel Eder (975 m) für seine zwei Hauben und seine Partnerin Eveline Wild für ihre süßen Kreationen. Besonders die Schokoladen (etwa mit Blattgold, Orange oder Kürbiskern-Zimt) gelingen der Konditorweltmeisterin und Fernsehköchin, genauso (welt-)meisterlich sind ihre Desserts. Stefan Eder pflegt natürlich die Klassik, wir sind schließlich am Land. Aber eben nicht nur, leicht und stimmig von der Hand gehen ihm auch kreative Gänge wie eingelegte Steinpilze mit karamellisiertem Pfirsich und luftgetrocknetem Speck.
Gannerhof, Villgratental
Im wildromantischen Villgratental in Osttirol hat man zwar das Gefühl, dass der Zeitschalter auf Stopp steht, im Gannerhof (1.400 m) erlebt man aber eine gelungene Verbindung zwischen Gestern und Heute. In der Küche leben Bodenständigkeiten wie Schlipfkrapfen friedlich neben Kreationen wie Villgrater Regenbogenforelle im Teerauch mit Orangen-Chicoree. Gestrig ist das bei Gott nicht, auf den die Menschen im Villgratental genauso vertrauen wie auf die Kraft ihrer Produkte.
Almdorf Seinerzeit, Fellacheralm
Im exklusiven Kärntner Almdorf Seinerzeit auf der Fellacheralm (1.400 m) hat auch die Küche hohes Niveau. Von der Kärntner Kasnudel bis zum Kaiserschmarren – alles hervorragend. Ein Muss ist der knusprige Schweinsbraten aus dem Holzofen.