Sonntag, Juni 30, 2024
Wien Energie: Gewinne, Reduktionen und Investitionen
Pressekonferenz Anfang Mai: Wien Energie-Geschäftsführung Karl Gruber, Michael Strebl und Alma Kahler. (Foto: Michael Horak/Wien Energie)

Wien Energie blickt auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2023 zurück und plant, 2,6 Milliarden Euro in klimaneutrale Energieversorgung bis zum Jahr 2029 zu investieren. Ab Sommer werden die Endkundenpreise weiter gesenkt, der Gaseinkauf weiter diversifiziert.

"Die Preise sind runtergegangen, der Markt bleibt trotzdem volatil", fasst Wien Energie-Geschäftsführer Michael Strebl die aktuelle Lage zusammen. Der Markt hat sich 2023 beruhigt, dennoch blieb die geopolitische Situation angespannt - allen voran durch die Bestrebungen eines Abkehrs von russischem Gas und der Transitfrage in der Ukraine. Der Umsatz von Wien Energie ist im Vorjahr im Vergleich zu 2022 um rund 20 Prozent auf rund 4,7 Milliarden Euro gesunken. Grund dafür waren vorrangig die niedrigeren Preise an den internationalen Energiemärkten, die auch zu einem niedrigeren Materialaufwand geführt haben.

Das Jahresergebnis für das Geschäftsjahr 2023 liegt nach dem internationalen Bilanzierungsstandard IFRS bei 598 Millionen Euro. Das Ergebnis ergibt sich vorrangig aus der erfolgreichen Strom-Vermarktung aus den Kraftwerken am Energiemarkt. Rund die Hälfte davon kommt aus außergewöhnlich hohen Bilanzierungseffekten (darunter vor allem die Erlöse von Tochterunternehmen, Bewertung der Speicher und Rückstellungen für Pensionen). Nach UGB liegt das Ergebnis von Wien Energie bei 294,8 Millionen Euro und damit niedriger als im Vorjahr.

Preissenkungen
Aus aktueller Sicht wird der Energieversorger die Strom- und Gaspreise im Juli weiter senken können, heißt es. Für Kund*innen, die sich bislang nicht an Tarifumstellungen gebunden haben, sinkt der Strompreis nach derzeitiger Prognose aufgrund der positiven Index-Entwicklung automatisch um 55 Prozent. Wer im Vorjahr das Angebot mit einjähriger Bindung angenommen hat und damit bereits seit einem Jahr einen sehr guten Strompreis hatte, profitiert von einer automatischen Senkung um voraussichtlich 6 Prozent. Dafür müssen die Kund*innen nichts tun. Auch bei Gas sinken die Preise im Sommer spürbar um voraussichtlich rund 10 bis 20 Prozent, je nach Vertrag.

Investitionen
2023 hat Wien Energie über 320 Millionen Euro investiert und damit das investitionsstärkste Jahr im letzten Jahrzehnt hinter sich gebracht. In den nächsten fünf Jahren will Wien Energie neuerlich ein Rekordprogramm umsetzen. Von den geplanten 2,6 Milliarden Euro fließen rund eine Milliarde in den Ausbau von Sonnen- Wind- und Wasserkraft. Rund 800 Millionen Euro investiert Wien Energie in erneuerbare Wärmeerzeugung und Kreislaufwirtschaft und rund 260 Millionen Euro in den Ausbau der Fernwärme, Fernkälte und dezentrale Erzeugung. Weitere rund 260 Millionen Euro fließen in Digitalisierung, Innovation, E-Mobilität und Telekommunikation und rund 320 Millionen Euro in die Versorgungssicherheit.

Schwankungen in der Erzeugung
Insgesamt hat der städtische Versorger im Vorjahr mit 5.475,5 Gigawattstunden (GWh) rund 17 Prozent weniger Strom erzeugt als 2022. Auch die Wärmeerzeugung ist um rund 6,3 Prozent auf 5.427,4 GWh gesunken. Grund für die rückläufigen Erzeugungszahlen ist vor allem der geringere Einsatz der Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen aufgrund der Marktbedingungen sowie die warmen Witterungsverhältnisse. Im Gegensatz dazu konnte die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien stark ausgebaut werden: 2023 hat Wien Energie mit 1,3 Terawattstunden rund 13 Prozent mehr Strom aus Sonnen-, Wind- und Wasserkraft erzeugt als im Vorjahr.

Dekarbonisierung auf mehreren Ebenen
Wien Energie hat im Jahr 2023 rund 60 Photovoltaikanlagen, davon rund 50 direkt in Wien, errichtet. Zusätzlich hat der Energiedienstleister ein neues Wasserkraftwerk erworben und ein weiteres befindet sich aktuell im Bau. Auch im Bereich der Windkraft hat Wien Energie die Weiterentwicklungen von Bestandskraftwerken gesteigert und die Planungen dreier Windparks weitergeführt. 2024 hat Wien Energie viel geplant: „Zahlreiche Photovoltaikprojekte mit einer Leistung von über 38 Megawatt sollen 2024 entstehen: Wir wollen in diesem Jahr wieder rund 70 Photovoltaik-Großanlagen errichten und im Herbst mit der Errichtung des Windparks Ebreichsdorf starten“, erklärt Karl Gruber, Geschäftsführer von Wien Energie.

Auch im Wärmebereich arbeitet Wien Energie 2024 an Großprojekten: Aktuell errichtet das Unternehmen bei der Müllverbrennungsanlage Spittelau eine weitere Großwärmepumpe, die künftig Fernwärme für umgerechnet 16.000 Wiener Haushalte erzeugen soll. Auch die Nutzung der Tiefengeothermie wird im Joint Venture „deeep“ gemeinsam mit der OMV weiter vorangetrieben. Die grüne Tiefenwärme aus Aspern wird es bis 2027 für bis zu 20.000 Haushalte geben. Im Endausbau in den 2030er Jahren sollen sogar bis zu 200.000 Haushalte mit der Tiefengeothermie versorgt werden.

Gaseinkauf ohne EU-Plattform
"Wir arbeiten mit Hochdruck daran, Wien unabhängig von russischem Erdgas zu machen", sagt Michael Strebl. Auch wenn derzeit kein verbindliches Kennzeichnungs-System ("Labelling") existiere, das die Herkunft von Erdgas transparent nachvollziehbar macht. Die Beschaffung von Erdgas nicht-russischer Herkunft sei nur über individuelle Lieferverträge möglich, bei denen Handelspartner diese Mengen extra beschaffen. Für Strebl ist aktuell die EU-Plattform (für den Einkauf von nicht-russischem Erdgas) "für uns nicht attraktiv genug", um sie zu nutzen. Bereits im Vorjahr hat Wien Energie 2,5 Terawattstunden nicht-russisches Erdgas erworben. Die Versorgung ist aktuell sichergestellt: Die Gasspeicher waren mit Beginn der Speichersaison Ende März mit 95 Prozent komplett gefüllt - auch dank eines milden Winters.

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