Sonntag, Juni 30, 2024
Wasserstofferzeugung in Wien
Fotos: Wien Energie

Die Stadtwerke-Unternehmen Wien Energie und die Wiener Netze haben Anfang April die erste Wiener Erzeugungsanlage für grünen Wasserstoff in Betrieb genommen. Mit einer Leistung von drei Megawatt erzeugt die Elektrolyseanlage täglich bis zu 1.300 Kilogramm grünen Wasserstoff aus Ökostrom.

Die Investitionskosten betragen rund zehn Millionen Euro. Mit der täglich erzeugten Menge an grünem Wasserstoff können umgerechnet bis zu 60 Wasserstoff-Busse oder -LKWs betankt werden. Direkt neben der H2-Erzeugungsanlage nimmt Wien Energie auch eine weitere H2-Tankstelle für Busse und LKWs in Betrieb. Verkehrs- und Logistikunternehmen können den grünen Wiener Wasserstoff mit 350 oder 700 bar direkt vor Ort oder bei der zweiten H2-Tankstelle in Wien-Leopoldau tanken.

Die H2-Erzeugungsanlage ist die erste ihrer Art und Größenordnung, mit der direkt in Wien grüner Wasserstoff aus Ökostrom erzeugt wird. „Wir produzieren grünen Wasserstoff in Wien für Wien! Die H2-Erzeugungsanlage ist ein bedeutender Schritt in unserem Klimafahrplan. Grüner Wasserstoff hat viele Anwendungsfelder: Neben der Mobilität können wir den vielversprechenden Energieträger auch im Industriebereich oder in der Energieerzeugung und -speicherung einsetzen. Mit erneuerbarer Energie hergestellt ist grüner Wasserstoff ein Schlüssel für den Erfolg der Energiewende“, ist Wien Energie-Geschäftsführer Karl Gruber überzeugt.

Industriepartner können ebenfalls Wasserstoff von Wien Energie beziehen. Dazu ist neben der H2-Tankstelle ein eigener Bereich für die Abholung mit Trailern eingerichtet. Die Einspeisung von Wasserstoff in das Wiener Gasnetz ist in Vorbereitung.

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Wasser wird in Einzelteile zerlegt

Für die Wasserstoff-Erzeugung in Simmering kommt ausschließlich Strom aus erneuerbaren Quellen, wie Sonnen-, Wind- und Wasserkraft zum Einsatz. Um aus Ökostrom grünen Wasserstoff zu erzeugen, wird Elektrolyse als Verfahren eingesetzt. Bei diesem Verfahren wird Wasser (H2O) in seine Bestandteile zerlegt: Sauerstoff und Wasserstoff. Der freigesetzte Sauerstoff entweicht in die Luft. Der Wasserstoff wird direkt vor Ort verdichtet. Er ist unter hohem Druck sicher und platzsparend lager- und transportierbar.

Die Wiener Linien testen den Einsatz von grünem Wasserstoff bereits seit 2021 und stellen im kommenden Jahr die erste städtische Buslinie Österreichs auf H2-Busse um. Seit Februar steht das Ergebnis der europaweiten Ausschreibung fest: Ab 2025 werden auf der Linie 39A zehn zwölf Meter lange, barrierefreie Busse des portugiesischen Herstellers CaetanoBus unterwegs sein. „Aufgrund von Steigungen, kurzen Haltestellenabständen und hohem Fahrgastaufkommen ist dies eine der anspruchsvollsten Linien der Stadt, weshalb sich für diese Strecke Wasserstoff-Busse besonders gut eignen“, berichtet Gudrun Senk, Geschäftsführerin der Wiener Linien für den technischen Bereich.

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Vielfältige Einsatzmöglichkeiten

Neben den Wiener Linien tanken auch bereits einige private Logistikunternehmen grünen Wasserstoff an den H2-Tankstellen von Wien Energie, darunter auch IKEA Österreich. Dass grüner Wasserstoff nicht nur im Mobilitätsbereich eingesetzt werden kann, hat Wien Energie bereits im Vorjahr vorgezeigt: Gemeinsam mit Partnern hat Wien Energie im Kraftwerk Donaustadt im Rahmen eines Betriebsversuchs Wasserstoff zum Erdgas beigemischt. Der Versuch war der weltweit erste dieser Art in einem in Betrieb befindlichen Kraftwerk dieser Größenordnung. Das Potenzial dieses Einsatzgebietes ist groß: Allein mit 15 Prozent Wasserstoff-Beimischung könnten jedes Jahr 33.000 Tonnen CO2 eingespart werden.

Aufbau einer Wasserstoff-Wirtschaft in der Ostregion

Die Wiener Stadtwerke-Gruppe treibt gemeinsam die Nutzung von grünem Wasserstoff voran. 2021 hat der Konzern mit einer eigenen Wasserstoff-Strategie einen klaren Fahrplan vorgelegt, wie Wien bis 2030 zur zentralen Wasserstoff-Drehscheibe im Osten Österreichs wird. Zur Umsetzung der Strategie und der Anlagen wurde ein Tochterunternehmen von Wien Energie und den Wiener Stadtwerken gegründet, die Wiener Wasserstoff GmbH. Mit Wien Energie, den Wiener Netzen und den Wiener Linien kann die Wiener Stadtwerke-Gruppe die gesamte Wertschöpfungskette abbilden: Von der Produktion über die Verteilung und Speicherung bis zur Nutzung von H2.

Um den Aufbau der Wasserstoff-Wirtschaft in der Ostregion ganzheitlich zu denken und koordiniert zu entwickeln, ist Wien Energie auch führend im Wasserstoff-Innovationsprojekt „H2REAL“ gemeinsam mit zahlreichen weiteren Partnern aktiv. Das Ziel des Projekts: In der Region Ostösterreich Wasserstofftechnologien und -anwendungen weiterzuentwickeln und deren optimale Zusammenarbeit zu realisieren. Auch die Wasserstoff-Erzeugungsanlage in Wien-Simmering wurde im Rahmen dieses Projekts begleitet und gefördert.

Eckdaten Wasserstoff-Erzeugungsanlage Simmering:

Standort: Campus Wiener Netze, Wien-Simmering
Leistung: 3 Megawatt
Eingesetzte Technologie: PEM-Elektrolyse (Protonenaustausch-Membran)
Erzeugungsmengen: rund 54 Kilogramm grüner Wasserstoff pro Stunde – bis zu 1.300 Kilogramm pro Tag
Wasserstoff-Tankstelle vor Ort: 350 bar Zapfsäule und 700 bar Zapfsäule
Investitionsvolumen: rund 10 Millionen Euro. Das Projekt wurde aus Mitteln des Klima- und Energiefonds gefördert und im Rahmen des Programms „Vorzeigeregion Energie“ durchgeführt.
Baustart: November 2022
Inbetriebnahme: April 2024

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