Würde die Mehrheit der Haushalte und kleineren Unternehmen von den volatilen Strompreisen des Spotmarktes profitieren? Definitiv ja, ist Harri Mikk, Geschäftsführer von Spotty, überzeugt.
Es ist ein relativ neuer Markt, zumindest auf Ebene der Haushalte und KMU. Ein Spotpreis bildet den physischen Strommarkt zum jeweiligen Zeitpunkt ab, während der herkömmliche Terminmarkt mit seinen Fixpreisen eine finanzielle Absicherung gegen die Preisvolatilität aufschlagt. Über einen längeren Betrachtungszeitraum sind die durchschnittlichen Fixpreise ein Stück höher als die alternativen Spotpreise. Endkund*innen haben über Jahrzehnte diesen Aufschlag über ihre Strombezugsverträge in Kauf genommen.
Der durchschnittliche arithmetische Spotpreis – also der reine Energiepreis ohne Steuern und Abgaben – in diesem Jahr liegt teilweise weit unter dem Level der Strompreisbremse für Haushalte von 10 Cent pro kWh. Derzeit sind es 6 bis 8 Cent im Tagesschnitt, teilweise sogar noch weniger (Grafik). Haben Haushalte oder Unternehmen eine Möglichkeit, Verbraucher wie etwa Elektroautos mit »Smart Charging« zu versorgen, profitieren sie davon. Es macht eben einen Unterschied zu welchem Zeitpunkt geladen wird.
Grafik: Der durchschnittliche Spotpreis liegt auch in diesem Jahr zu einem Großteil unter dem Level der Strompreisbremse für Haushalte von 10 Cent pro kWh.
»Wenn ein kleineres oder mittelständisches Unternehmen stets Strom zum Börsenpreis für Spot kauft, wird es im Schnitt günstiger Strom beziehen«, betont Harri Mikk, Geschäftsführer des Stromanbieters Spotty. Natürlich gäbe es Betriebe, die eine Planungssicherheit mit fixen Energiepreisen benötigen. Sie haben meist Produkte mit einer hohen Energiekomponente in der Herstellung. Ebenso lehnen auch manche Haushaltskunden eine Volatilität bei Strompreisen ab. »Der überwiegenden Mehrheit aber ist es weniger wichtig, ob sie nun in einem Monat zehn Euro mehr oder weniger zahlen. Sie wollen bei ihrer Gesamtrechnung weniger zahlen, als es bei Fixpreisen eines Landesenergieversorgers der Fall wäre«, so Mikk.
Bild: Harri Mikk steht dem in Estland gegründeten Energiehandelsunternehmen Spotty vor, das mittlerweile Klagenfurter Eigentümer hat.
Auch für Produktionsbetriebe wie eine kleinere Bäckerei eignen sich die variablen Tarife. Sie sind in der Kalkulation meist nicht auf den Strompreis fürs nächste Halbjahr gebunden, sondern können die Preise für Endkundenprodukte bei Bedarf anpassen. Spotty gibt auch Negativpreise, wie sie stundenweise auftreten können, an die Kunden weiter. Stromverbrauch werde damit sogar belohnt. Und mit dem Zuwachs von kleineren PV-Anlagen, die für die Netzbetreiber nicht steuerbar sind – sie sind zur Abnahme des erzeugten Stroms verpflichtet –, werden die Phasen der Negativpreise weiter zunehmen, nimmt der Energieexperte an. »Anfang Juli 2023 hatten wir einen Preis von minus 50 Cent pro Kilowattstunde«, erinnert sich Mikk. Der teils gesetzlich gestützte PV-Zubau in Österreich, mit Richtlinien für Eigenerzeugung im Neubau, werde das noch verstärken.
Aus diesem Grund werden Spotpreise sogar als Instrument für den Ausgleich in den Netzen gesehen: Mit dem Tarif reagieren Verbraucher*innen unmittelbar auf die Marktsignale. Es ist das Ende der rein nutzerzentrierten Sicht am Endkundenmarkt, wenn das Laden des Elektroautos in netzdienlich günstigere Stunden verlagert wird. Spotty kauft die Strommengen tagesaktuell an der Börse und gibt diese mit einem Aufschlag weiter, Bindefristen gibt es keine. In Estland gegründet, ist der Energiehändler mittlerweile im mehrheitlichen Eigentum des Klagenfurter Unternehmens Gasser und Partner. Die Österreicher haben Erfahrung am Energiemarkt mit weiteren Beteiligungen, darunter Piadeno Green Energy Management für Großbatteriespeicher für den Regelenergiemarkt und Pooling virtueller Kraftwerke.
Grafik: Am Wochenende des 13. und 14. April 2024 gab es am Spotmarkt wieder negative Preise und einen Durchschnittspreis von 1,57 Cent pro kWh.
Beispiele Spotpreise
Diese Unternehmenskunden beziehen Strom zum stündlichen Börsenpreis (Angaben der Energiekomponente ohne Steuern und Abgaben).
1. Mode
Ein Kleidungsgeschäft in Kirchdorf an der Krems, Jahresverbrauch 52.872 kWh: Der Kunde von Spotty hat seit letztem Sommer einen Durchschnittspreis von unter 10 Cent/kWh erzielt. Dazu kommt der Spotty-Aufschlag von 1,49 Cent/kWh.
2. Gastronomie
Eine Pizzeria in Kremsmünster mit 50.296 kWh Jahresverbrauch ist Spotty-Kunde seit März 2021. In den vergangenen zwölf Monaten lag in drei Monaten der Spot-Preis bei knapp über 10 Cent/kWh, in neun Monaten bei unter 10 Cent/kWh. Dazu kommt der Aufschlag von 1,49 Cent/kWh.
3. Landwirtschaft
Ein Landwirt im Oberösterreich mit 50.552 kWh Jahresverbrauch ist Kunde seit Februar 2023. Er hat seitdem in keinem Monat für den Strom mehr als 12 Cent/kWh bezahlt. In den letzten zwei Monaten lag der Preis unter 7 Cent/kWh. Im April 2024 wurde ein Preis von 4,58 Cent/kWh erzielt. Dazu kommt der Aufschlag von 1,49 Cent/kWh.