Windenergie Symposium AWES 2020: Dringlichkeit politischen Handelns wurde nicht nur von Umweltökonom Gernot Wagner eingemahnt.
Ende November versammelte sich die Windbranche im digitalen Raum und diskutierte nicht nur über fachliche Themen, sondern auch über die dringende Notwendigkeit neuer politischer Rahmenbedingungen. So fordert auch Sigrid Stagl, Professorin der Wirtschaftsuniversität Wien: "Wir müssen weg von den Ankündigungen und hin zum Tun.“ Nicht nur für Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft wurde es deutlich, dass mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz die Politik stabile Rahmenbedingungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien für die nächsten zehn Jahre sicherstellen muss.
Mit über 500 TeilnehmerInnen war die AWES 2020 noch nie so gut besucht, heißt es. Auf zwei digitalen Bühnen konnte sich die Branche über aktuelle Themen der Windenergie informieren und an über 70 DiskutantInnen am Podium ihre Fragen stellen, die geschickt von führenden JournalistInnen des Landes in die Diskussion eingebunden wurden. „Trotzt der schwierigen Umstände, die uns der Lock Down in der Corona-Pandemie beschert hat, war die Veranstaltung ein voller Erfolg“, freut sich Moidl.
Europäische Zulieferbranche
In Österreich arbeiten mehr als 180 Firmen in der Windbranche. Beinahe jeder Teil eines Windrades wird auch in Österreich hergestellt. Einige Firmen sind sogar Weltmarktführer in ihrem Segment. Damit diese Firmen am Weltmarkt reüssieren können, ist auch der Ausbau der Windkraft im Heimmarkt wichtig. „Es macht auch für einen Zulieferbetrieb, der seine Produkte international vermarktet, einen großen Unterschied ob ein Land als windkraftfreundliches Land vom Ausland aus wahrgenommen wird oder nicht“, erklärt Bernhard Zangerl von Bachmann electronic aus Vorarlberg. Besonders auch für die Forschung und Entwicklung ist eine funktionierende Zulieferbranche von größter Bedeutung.
„Forschung zu betreiben über Produkte, wo die Produktion auf einem anderen Kontinent liegt, ist eine große Herausforderung“, erklärt Roland Stör von WINDnovation: „Die Produktion in Europa zu halten ist ein wichtiger Faktor um Innovation und technologischen Fortschritt langfristig zu erhalten.“ „Bei Corona haben wir gesehen, dass es von Vorteil ist, wenn wir Produkte vor Ort produzieren, anstatt alles importieren. Dies trifft auch auf die Windbranche zu. Die Innovation müssen wir in Europa halten, damit die Wertschöpfung in Europa bleiben kann“, betont Moidl. Auch bei der Diskussionsrunde der Windkrafthersteller herrschte Konsens, dass die Branche stabile Rahmenbedingungen braucht. „Besonders wenn es um die Sektorkopplung geht, die wir für die Klimaneutralität 2040 dringend benötigen“, bemerkt Bernhard Fürnsinn von der IG Windkraft.
Neben technischen Fragestellungen der Windenergie waren aber auch die politischen Rahmenbedingungen ganz oben auf der Themenliste des Symposiums. Sowohl bei der Diskussionsrunde der Energie- und Umweltsprecher der Parteien, aber auch bei jenen von hochkarätigen Fachpersonen aus Europa und Übersee wurde besonders deutlich, dass die politisch gesetzten Ziele nun endlich mit konkreten Maßnahmen umgesetzt werden müssen. "Weg von den Ankündigungen und hin zum Tun" forderte auch Sigrid Stagl, Professorin der Wirtschaftsuniversität Wien und setzt fort: „Es müssen sich alle Sektoren und alle Akteure am Riemen reißen und jetzt handeln.“ Dem stimmt auch Gernot Wagner, Umweltökonom von der New York University zu: „Ohne Politik geht bei Covid-19 wenig und ohne Politik geht auch beim Klimaschutz nichts.“ Österreich hat sich das Ziel gesetzt bis 2030 eine Stromversorgung mi t 100 Prozent erneuerbarer Energien zu erreichen und bis 2040 zur Gänze klimaneutral zu sein.
Die Europäische Union ist gerade dabei seine Klimaschutzziele anzuheben. Österreich hat mit dem Ziel bis 2040 klimaneutral zu sein, die Verschärfung der Ziele schon vorweggenommen. Damit die Ziele aber auch erreicht werden können, sind die Bundesländer und Gemeinden gefordert, jetzt aktiv zu werden und ebenfalls Konzepte für ein klimaneutrales Bundesland, oder eine klimaneutrale Gemeinde, zu entwickeln. „Für eine naturverträgliche Energiewende brauchen wir ein gemeinsames Voranschreiten der Gemeinden, Bundesländer und des Bundes“, fordert auch Karl Schellmann, Klima-und Energiesprecher vom WWF. „Dies betrifft auch klare Ausbaupläne für die erneuerbaren Energien, damit die Ziele erreicht werden können“, ergänzt Hans Winkelmeier vom Energiewerkstatt Verein und Hans-Dieter Kettwig, Geschäftsführer von Enercon setzt fort: „Ob man die nationalen Ausbauziele nimmt oder deren Summe auf EU-Ebene oder die globalen Klimaziele aus dem Pariser Abkommen – stets wird klar: Ohne einen substanziellen Ausbau der Onshore Windenergie sind alle Energiewendepläne und mithin alle Klimaschutzziele Makulatur.“
EAG als Nagelprobe
Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) soll Anfang nächsten Jahres im Parlament beschlossen werden. „Das EAG muss für die erneuerbaren Branche endlich stabile Bedingungen zur Verfügung stellen, und das nicht für ein Jahr, sondern für die nächsten zehn Jahre“, fordert Moidl: „Dabei sollten wir nicht dieselben Fehler machen, die in den letzten Jahren in Deutschland passiert sind.“ Heiko Messerschmidt, von der IG Metall Bezirk Küste aus Deutschland ergänzt: „Unsere Sorge ist, dass die rund 30.000 Arbeitsplätze, die wir in der Windbranche verloren haben, nicht wiederkommen. Das kann man nicht aus und wieder anschalten. Es braucht hier eine Kontinuität, die wir derzeit nicht haben.“ Auch Daniela Kletzan-Slamanig vom WIFO stößt in dasselbe Horn: „Eine Stop-And-Go Politik bringt nicht nur Arbeitsplatzverluste, sondern auch die Abwanderung von Know How. Klimaschutz ist kein Add-On, sondern muss endlich umfassend gedacht und umgesetzt werden.“ Stefan Moidl hofft in diesem Zusammenhang auf ein EAG, das die nötigen Rahmenbedingungen für die dringend nötige Energiewende schafft.