Die Belastungsprobe durch Covid19 führt zu einer Neubewertung in Digitalisierungsfragen. Der internationale IT-Dienstleister Nagarro analysierte im Rahmen des Quality Leadership Circles im April 2020, wie sich Infrastrukturen und Services in den nächsten fünf Jahren verändern.
Der Lockdown hat viele Betriebe kalt erwischt. Organisatorische und technologische Schwächen in der Infrastruktur und bei internen Prozessen traten deutlich zutage. Unternehmen, die sich bisher auf den typisch österreichischen Standpunkt »Schauen wir erstmal, was die anderen machen« zurückzogen, wurden von Geschwindigkeit und Nachdruck des Innovationsbedarfs überrascht.
»IT ist erfolgskritisch für Unternehmen. Das wurde durch die Krise ganz stark fühlbar«, sagt Thomas Riedl, Geschäftsführer von Nagarro Österreich. Die Wahrnehmung der IT-Abteilung habe sich von einer reinen Kostenstelle zu einem wichtigen Enabler zukunftsweisender Themen wie Cloud, Big Data, Analytics, Assisted und Augmented Reality, Artifical Intelligence, Internet of Things und Connected Worker gewandelt.
In einer weltweit durchgeführten Befragung von rund 4.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu ihrer »Work from Home«-Experience, beurteilten zwischen 81 und 95 % die Remote-Arbeit von daheim als sehr gut oder gut. Österreich liegt mit 87 % im Mittel. Den künftigen Homeoffice-Anteil schätzen die Nagarro-MitarbeiterInnen mehrheitlich auf drei Tage pro Woche. Trotz der guten Erfahrungen hält Thomas Riedl jedoch eine Rückkehr zu alten Modi für wahrscheinlich: »Bestehende Teams können gut im Homeoffice zusammenarbeiten. Aber für neue Mitarbeiter, die erst Teil der Unternehmensfamilie werden müssen, ist das schwierig.«
Best Practices
Die eigenen Kunden sah Nagarro-Chef Riedl gut vorbereitet: »Für unsere Partnerunternehmen war die plötzliche Umstellung nicht mehr als das Umlegen eines Hebels.« In nur zwei Wochen implementierte Nagarro etwa für die Modul University Vienna virtuelle Klassenzimmer auf Basis von Microsoft Teams. So blieb nicht nur der Lehrbetrieb während des Sommersemesters aufrecht, zusätzlich wurden auch Richtlinien für die technischen Prozesse und die Service-Infrastruktur erstellt.
Wie Business Innovation schon heute aussehen kann, zeigt sich am Beispiel von RHI Magnesita: Dem weltweit führenden Hersteller von Feuerfest-Materialien für Hochöfen und Stahlkessel mit Hauptsitz in Österreich gelang ein wichtiger Qualitätssprung in der laufenden Prüfung bzw. Wartung der Produkte. Bislang wurden die Bilddaten der Kunden nicht für weitere Analysen des Zustands der Feuerfest-Beschichtungen genutzt.
Nagarro führte die Datenerfassung mit einer Analyse und wichtigen Informationen über die Produktlebensdauer, Verschleißrate und den aktuellen Zustand in einer nutzerfreundlichen, mobilen App zusammen. Mithilfe einer speziell entwickelten Software werden die vom Kunden gelieferten Bilddaten verknüpft und ausgewertet. Die KI-basierte Prozessoptimierung errechnet einen digitalen Zwilling, der Vorhersagen über die Lebensdauer bzw. notwendige Wartungen ermöglicht.
Wartungsarbeiten sind auch in Windkraftanlagen eine Herausforderung. Industriekletterer überprüfen in 160 Metern Höhe regelmäßig die Rotorblätter auf Haarrisse. Ihre Tätigkeit wird oft durch Ineffizienzen, Medienbrüche und aufwendige Nacharbeiten erschwert. Nagarro setzte für den Energieversorger Energie Burgenland eine Lösung mit WebApp, SmartGlass und Smartphone um.
Die Wartung der Windräder wird nun »hands free« über Remote Assistance durchgeführt, die Erstellung der Prüfberichte erfolgt auf Knopfdruck. Neben der erhöhten Sicherheit für die Arbeiter überzeugt diese »Connected Enterprise«-Lösung auch auf der Kostenseite: Die Durchlaufzeit konnte um ca. 50 % reduziert werden.