Sonntag, Dezember 22, 2024
Wärme: Großanlagen für ein breites Spektrum
Foto: Austria Solar

Photovoltaik ist die am häufigsten genannte Technologie in Bezug auf Sonnenenergie. Für Solarthermie war der Markt viele Jahre rückläufig, vor allem im großvolumigen Segment gewinnt sie aber derzeit an Bedeutung.

Aktuell werden fast 50 % des Endenergieverbrauchs Österreichs, aber auch Europas für Wärme im privaten und industriellen Bereich verwendet. Bereitgestellt wird dies vor allem durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe. Kühlen erfolgt mit wenigen Ausnahmen durch elektrischen Strom, ebenso fossil erzeugt. »Die Photovoltaik hat der Solarthermie etwas den Rang abgelaufen«, bedauert Roger Hackstock, Geschäftsführer von Austria Solar, »und das, obwohl thermische Solarkollektoren bis zu 85 % der Sonneneinstrahlung in Wärme umwandeln, während PV nur einen Wirkungsgrad von rund 30 % erreicht.«

Die Erklärung: Sonnenlicht umfasst ein breites Spektrum, von Infrarot bis Ultraviolett. In Wärme kann jede Strahlung umgewandelt werden, PV-Anlagen können dagegen nur einen kleinen Teil des Spektrums nutzen. Wachstumsmarkt gibt es für Solarthermie im mehrgeschoßigen Bau, 20 % der Beherbergungsbetriebe arbeiten bereits mit thermischen Solaranlagen, vorwiegend für die Bereitstellung von Warmwasser. »In der Hotellerie kann man pro Quadratmeter Kollektorfläche 60 bis 80 Liter Heizöl beziehungsweise Kubikmeter Erdgas sparen«, zeigt Hackstock auf.

Bild oben: Roger Hackstock bei der Solarthermie-Anlage des Hotels Wilhelmshof. Mit dem Ausbau der Solarwärme in Österreich könnte 2030 im Gebäudebereich ein Drittel des Reduktionsziels der Wärmestrategie von drei Millionen Tonnen erreicht sein. Austria Solar hat daher die Initiative 20>>50 gestartet. Die Installationsrate von Solarthermie soll in den nächsten zehn Jahren von 20 auf 50 Anlagen pro Tag gesteigert werden.

 

Bei einem neu errichteten Bürogebäude mit Bauteilaktivierung lassen sich die Heizkosten mit Kollektoren und Bauteilaktivierung fast auf null reduzieren. »Man schaut immer auf das Innovative und das wird vor allem der Photovoltaik zugeschrieben.« Die Innovationenliste der Solarthermie bietet aber auch einiges, z.B. eine erhöhte Effizienz der Großflächenkollektoren um 50 % pro Quadratmeter und die Etablierung vorgefertigter und vormontierter Frischwasserstationen am Speicher. Die laufende Verbesserung der Dämmmaterialen erhöht den Wirkungsgrad im Wärmebereich. Austria Email verwendet für die Isolierung »Eco Skin« etwa Polyester-Vlies, wodurch die Wärmeverluste eines 1.000-Liter-Pufferspeichers verglichen mit Weichschaumisolierung um 47 % verringert werden.

Markt für Solarthermie

Den größten Markt für Solarthermie bildet mit 56 % nach wie vor der Einfamilienhausbereich, dahinter folgen mit 38 % Mehrfamilienhäuser und mit zwei beziehungsweise vier Prozent Beherbergungsbetriebe, Gewerbe und Industrie.Produktionsbetriebe werden derzeit intensiv umworben. Eine Potenzialstudie zur thermischen Solarenergienutzung ergab, dass 40 % der Prozesswärme und 20 % der Beheizung und Kühlung von Betriebsgebäuden wirtschaftlich durch Solarenergie erfolgen könnte.

Bild oben: Thermische Sanierung und Wärmedämmung im Neubau sowie Effizienzverbesserung bei den Heizanlagen sind Pflichtbereiche für die BUWOG. »Damit erzielen wir ökologische Verbesserungen und gleichzeitig wirtschaftlichen Nutzen für Mieter und Wohnungseigentümer«, betont Geschäftsführerin Valerija Karsai. Beim Großprojekt RIVUS mit rund 800 Wohnungen im 23. Wiener Bezirk wird die gesamte Dachfläche im technisch höchstmöglichen Maß für Solarthermie ausgelegt.

 

Laut europäischer Technologieplattform »Renewable Heating and Cooling« wird im Jahr 2020 im Sektor Wärme ein Viertel und im Jahr 2030 die Hälfte des europäischen Bedarfs durch erneuerbare Energie gedeckt. Das Unternehmen Habau aus Perg, Oberösterreich, arbeitet seit 2014 mit einer thermischen Solaranlage mit 980 kWh Wärmeleistung und 1.400 m² Kollektorfläche. »Die Solarwärme deckt über 90 % der Hallenheizung und liefert mehr als ein Drittel der Energie für den Fertigungsprozess der Betonteileaushärtung«, informiert Walter Preisinger, Geschäftsbereichsleiter Fertigteilbau.

Jährlich sorgt die Sonne in Perg im Durchschnitt für 400.000 kWh/m2 an klimafreundlicher Energie. Habau spart 50.000 m³ Erdgas pro Jahr und vermeidet damit 190 Tonnen CO2. Andreas Kröll, Geschäftsführer der Wohnmanufaktur Kröll & Winkel in Taxenbach, Salzburg, präsentiert bei einer Veranstaltung von Austria Solar seinen Handwerkbetrieb, der dank Solarthermie beinahe das gesamte Jahr keinerlei Energiekosten hat, wobei die Deckung bei 80 % mit Bauteilaktivierung und 105 m² Kollektorfläche liegt. »Die Energieeinsparung beträgt 55.000 kWh pro Jahr. Diesen Betriebskostenvorteil geben wir an unsere Kunden weiter«, betont Kröll.

Solarthermische Förderung

Um das Potenzial für Solarthermie in Produktionsbetrieben zu erschließen, fährt der Klima- und Energiefonds seit 2010 das Förderprogramm »Solarthermie – Solare Großanlagen«. Das Budget aus nationalen plus EU-Mitteln für 2019 liegt bei 2,6 Mio. Euro. Bisher wurden 279 Projekte unterstützt. Themenvorherrschend sind die solare Einspeisung ins Wärmenetz (38 %) und die Erzielung hoher solarer Deckungsgrade (33 %). Die geförderten Anlagen zeigen die Breite der Anwendungsmöglichkeit von Solarthermie – es geht von der Obst- und Fleischverarbeitung über Textilreinigung bis zum Restaurant eines Flughafens.

Bild oben: Österreichweit wurden im Jahr 2018 insgesamt 99.390 m² thermische Solarkollektoren installiert – eine Leistung von 69,6 MWh. Habau in Oberösterreich arbeitet bereits seit 2014 mit Solarthermie: Im Zuge der Errichtung von vier Fertigungshallen für Betonfertigteile wurde eine Solaranlage mit 1.400 m² Kollektorfläche und einer Wärmeleistung von 980 kWh installiert. Die Solarwärme deckt über 90 % der Hallenheizung und liefert mehr als ein Drittel der Energie für den Prozess der Betonteileaushärtung. Von April bis Oktober wird die gewonnene Solarenergie als Prozesswärme genutzt, zur Heizung der Schalungen für die Hohldielendeckenproduktion und Trockenkammern in der neuen Umlaufanlage.

 

Die Wohnbauförderung enthält seit rund zehn Jahren keinen Solarschwerpunkt mehr, die Länder sehen allerdings eine Solarverpflichtung von 10 % vor, zu erzielen über Photovoltaik, Solarthermie oder Anschluss an die Fernwärme. Roger Hackstock:  »Im Neubau wie bei Sanierungen muss der verpflichtende Einbau von Solaranlagen Fördervoraussetzung sein, mit gleichberechtigten Bestimmungen für Solarthermie und PV«, fordert er und verweist auf die Solarinitiative 20>>50 von Austria Solar.

Im Bundesland Tirol werden Umrüstungen der zentralen Heizanlagen auf CO2-neutrale Energieträger durch die Wohnhaussanierungsförderung des Landes unterstützt. »Unseren Mietern entstehen durch die Umstellungen keine Mehrkosten«, betont Hannes Gschwentner, Geschäftsführer der Neuen Heimat Tirol. Im Gegenteil: Mit der Reduzierung schwer kalkulierbarer Betriebskostenkomponenten wie dem volatilen Öl- und Gaspreis kann der Bauträger sein Versprechen hinsichtlich nachhaltig leistbarem Wohnraum einhalten.

Dazu kommt der wirtschaftspolitische Aspekt, dass mit der Umrüstung auf alternative Energiesysteme ein nicht unbedeutendes Investitionsvolumen ausgelöst wird, das nahezu ausschließlich für regionale Wertschöpfung für das Heizung-, Sanitär- und Lüftungsgewerbe sorgt. Diesen Vorteil erkennt auch die Buwog. »Wir erzielen ökologische Verbesserungen und gleichzeitig wirtschaftlichen Nutzen für Mieter und Wohnungseigentümer«, betont Geschäftsführerin Valerija Karsai.

Potenzial für Solarthermie

Für Hackstock besteht großes Potenzial für die Solarthermie in Österreich. »Der Anbietermarkt in Österreich ist für ein Vielfaches gerüstet, die Produktionskapazität ist noch lange nicht ausgelastet«, betont er und verweist auf den vierfach so großen Markt, der noch vor einigen Jahren bestand. Der Markt sei geschrumpft, da es eine Konkurrenz zu PV gab und die Preise für die fossilen Energieträger Öl und Gas sehr gering waren.

Bild oben: »Mit der Reduzierung schwer kalkulierbarer Betriebskostenkomponenten wie etwa dem volatilen Öl- bzw. Gaspreis können wir nachhaltig leistbaren Wohnraum bieten«, so Hannes Gschwentner, Neue Heimat Tirol.

 

Für Hannes Gschwentner gibt es keine zentrale Heizanlage, die nicht auf erneuerbare Energieträger umgerüstet werden kann. Solarwärme bildet mit über 80 % auch eine der exportstärksten Branchen Österreichs. Die Gesamtproduktion von Sonnenkollektoren in Österreich lag 2018 bei 513.919 m².

Den Brückenschlag zwischen Forschung und Markt und die Erschließung neuer Marktsegmente soll das Förderprogramm des Klima- und Energiefonds bilden. Es sieht auch Begleitforschung besonders innovativer Großanlagen vor. Nach Fertigstellung werden die Projekte ein Jahr lang wissenschaftlich betreut und erhalten einen erhöhten Fördersatz sowie Feedback zur Anlagenoptimierung. Ziel ist die kontinuierliche Sammlung von Betriebsdaten, deren Auswertung und somit die Schaffung einer fundierten Wissensbasis über den optimalen Betrieb großer Solaranlagen. Im Rahmen der Ausschreibungen von 2010 bis 2018 wurden von AEE INTEC rund 120 Anlagen betreut, derzeit stehen 97 Projekte unter Beobachtung.

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