Im Mittelpunkt der Veränderungen am Energiemarkt steht die Digitalisierung. Siemens präsentierte auf der Energy Utilities Week eine Applikation für das Management von Zählermessdaten und setzt auf den Forschungsstandort Aspern.
Mit der Weiterentwicklung des Energiesektors wandeln sich auch die Märkte der Energieversorger weltweit. Die Gründe dafür sind heute die Einführung intelligenter Zählern, die zunehmende dezentrale Stromerzeugung, Smart-Grid-Initiativen sowie neu entwickelte Technologien. Die Energiebranche steht seit jeher auch unter dem Einfluss der Politik. In den vergangenen Jahren fordern aber besonders die Konsumenten dedizierte Energieerzeugung und Geschäftsmodelle. Somit werden die Positionen der Verbraucher im Energienetz gestärkt – bis hin zum Prosumer, der sich den eigenen Energiebedarf teilweise selbst deckt. In dem Zusammenspiel einer rasant wachsenden Zahl an Erzeugern mit den aufgeklärten Verbrauchern ist eine Beschleunigung der Marktprozesse erforderlich – mit dem Ziel, den Energiemarkt wettbewerbsorientiert zu stärken. »Digitalisierung ist dabei das wesentliche Thema«, ist Thomas Zimmermann, Leiter des neu geschaffenen Geschäftsbereichs Digital Grid der Siemens-Sparte Energy Management, überzeugt.
Bild: Thomas Zimmermann, Siemens, empfiehlt seinen Kunden, auf offene Plattformen zu setzen, »um technologisch flexibel zu bleiben«. |
In einem Gespräch am Rande der Energy Utilities Week Anfang November in Wien zeigt sich Zimmermann enthusiastisch. »Der Energiesektor ist derzeit der spannendste aller Märkte. Jeder spricht hier von den Veränderungen.« Waren die Energiesysteme früher mehr oder weniger in linearen Abfolgen von Erzeugung, Transport und Verbrauch organisiert, hat sich diese Welt stark verändert. Die Marktarchitektur entspricht heute nicht mehr starren Prozesseketten, sondern vielmehr einer komplexen Matrix. Energieversorger und Netzbetreiber müssen sich auf eine »wesentlich größere Zahl an Marktteilnehmer in den unterschiedlichsten Rollen« einstellen. Dies ist Zimmermann zufolge nur möglich, wenn die zugrundeliegende Infrastruktur flexibel, leistungsfähig und sicher betrieben werden kann.
Drehscheibe für Zählerdaten
Um diesen Herausforderungen Rechnung zu tragen, hat Siemens den »Market Transaction Manager« vorgestellt, der als Applikation auf der Smart-Grid-Plattform »EnergyIP« läuft. Das Werkzeug bietet Übertragungsnetzbetreibern und Verteilnetzbetreibern sowie Energiehändlern, Stromerzeugern und Prosumern eine zentrale Informationsdrehscheibe für Zählermessdaten an. Der Manager aggregiert die erfassten Zählermessdaten, verarbeitet sie und stellt sie Teilnehmern mit Zugansgberechtigung für ihre Abrechnungsprozesse zur Verfügung. Über diese einheitliche Informationsdrehscheibe können zentral Zugriff auf Zählermessdaten und Verbrauchsdaten gewährt, Wechselprozesse orchestriert, Netzverlustdaten analysiert und Störfälle verarbeitet werden.
Bild: Mit dem »Market Transaction Manager« bietet Siemens unterschiedlichen Marktteilnehmern eine zentrale Informationsdrehscheibe für Zählermessdaten an. |
Die zentrale Datenverwaltung der MTM-Lösung ist speziell auf liberalisierte Energiemärkte ausgerichtet, um die Geschäftsprozesse auf den Märkten der Energieversorger zu ermöglichen, zu unterstützen und zu intensivieren. Dabei handelt es sich um einen Markt mit unterschiedlichen Marktteilnehmern wie Übertragungsnetzbetreibern, Verteilnetzbetreibern, Energieversorgern, Drittanbietern, Stromerzeugern und Prosumern. Diese Marktparteien können sich gemeinsam mit den Regulierungsbehörden für die Einrichtung von zentralen Datenverwaltungsfunktionen entscheiden oder selbst eine zentrale Stelle einrichten, die Geschäftsprozesse, Messdatenflüsse und das Daten-Clearing abwickelt. Verbraucher, Marktteilnehmer und der Markt selbst – und damit der Wettbewerb – profitieren von einer solchen zentralen Informationsdrehscheibe wie dem Market Transaction Manager.
Integration kein Problem
Die Drehscheibe dient als Register für alle Strommesswerte bis hinab zur örtlichen Messstelle im gesamten Markt. Zu den wichtigsten Funktionen der MTM-Lösung gehören das Management von Bilanzkreisen sowie die Abrechnung von Bilanzabweichungen für gemessene Lastgang- und Lastprofilmessstellen. »Unsere EnergyIP-Plattform bietet genau jene Flexibilität, die heute für ein schnelles Reagieren auf Marktströmungen und Veränderungen notwendig ist. Das System kann mit seinen unterschiedlichen Applikationsmodulen auch in bereits bestehende Technologieumgebungen integriert werden«, erklärt er.