HMP und die FH Krems haben in einer grossen Studie heimische Unternehmen zu Bürokommunikation und dem Wandel in der Arbeitswelt befragt. Statements zum Markt, Lösungen zum Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft.
Falls Sie es noch nicht bemerkt haben: Sie befinden sich in der neuen Welt des Arbeitens. Und wenn Sie nicht bereits darin leben, dann sicherlich Kollegen und Bekannte. Unsere Arbeitswelt ist im Wandel und kaum ein Unternehmen kann sich den veränderten Bedingungen entziehen. Der augenscheinlichste Aspekt der neuen Arbeitswelt manifestiert sich in dem Wunsch nach mobilem und flexiblem Arbeiten. Das Büro nicht mehr als einziger Ort für Arbeit. Traditionelle Organisationsstrukturen werden konstruktiv aufgelöst. Evolutionär gesehen bietet diese neue Art der Bürowelt ein Habitat für den modernen Wissensarbeiter. Die Evolution schlägt also wieder zu – nur diesmal mit Smartphone, Notebook und per Videokonferenz. Also üben und experimentierten viele Unternehmen bereits an einer größeren Flexibilität von Hierarchien und Teams. Noch aber ist nicht völlig klar, wo sich die Grenze zwischen dem produktiven Loslassen der Zügel und der völligen Auflösung von Unternehmensstrukturen befindet. Für Thomas Schmutzer, Geschäftsführer des Beratungsunternehmen HMP, ist diese Rechnung auch nicht pauschal lösbar. »Jedes Unternehmen ist anders und muss deshalb auch gesondert betrachtet werden«, meint Schmutzer.
Klar ist für den Experten jedenfalls, dass sich durch eine Öffnung der Zusammenarbeit und Kommunikation in Unternehmensprozessen gerade für kleine und mittlere Unternehmen überproportional hohe Chancen auftun. »Die Transformation rechnet sich. Die Einführung neuer Arbeitsformen führt zu klar messbaren betriebswirtschaftlichen Vorteilen«, behauptet er.
Studie zur neuen Welt
Gemeinsam mit der Fachhochschule Krems haben HMP und der Report wieder heimische Wirtschaftstreibende zu Veränderungen in der modernen Bürokommunikation und Arbeitswelt gefragt. Die Untersuchung zu »New World of Communication 2014: Wie gearbeitet wird – Kommunikation & Collaboration in Österreich« wurde im Dezember 2013 durchgeführt, die Aussagen von knapp über 260 Teilnehmer von den HMP-Experten Hellmuth Leinfellner und Julia Fischer ausgewertet. Eine der Kernfragen betrifft die Erwartungshaltung in Unternehmen, wenn auf Unified Communication und Collaboration-Plattformen im Büro, mobil oder im Home-Office gesetzt wird. Was haben die Mitarbeiter, was hat die Firma davon? Auch diesmal wurde wieder der Faktor »verbesserte Zusammenarbeit« an erster Stelle mit knapp 80 % genannt. Eine verbesserte Kommunikation von Mitarbeitern an unterschiedlichen Standorten erwarten 51 % aller Teilnehmer. Dieser Faktor wird heuer bereits an zweiter Stelle genannt. Vor zwei Jahren reichte es nur für Rang fünf in den Argumentationslinien. Werden diese Werkzeuge und Plattformen auch eingesetzt, um Kosten zu sparen? Diese Argumentation ist bereits ins Mittelfeld (Rang vier der Nennungen) abgefallen. Vor drei Jahren rangierte der Faktor der Gesamtkosten noch am zweiten Platz.
Entscheider für Investitionen
Steigend ist der Anteil jener Unified-Communication-Projekte, deren Umsetzung und Ausbau Chefsache sind. 62,2 % der Investitionen werden durch die Geschäftsführung entschieden. Im Vorjahr waren es noch 40 %. Der Anteil der Geschäftsführung, die sich direkt mit Kommunikationsagenden befasst, sinkt jedoch mit zunehmender Unternehmensgröße. Bei größeren Firmen werden UC-Projekte von den IT- und Telekommunikationsabteilungen entschieden. In der Vergangenheit haben Unternehmen in Österreich übrigens primär in Voice-over-IP-Lösungen investiert (59 %), also in eine einheitliche Leitungsinfrastruktur für Telefonie und Datenverkehr, gefolgt von Videokonferenzlösungen (49 %), Projekte für die Zusammenarbeit in Teams (»Collaboration«, 48 %) und den Kauf von Tablet-PCs (45 %). Zwar gehen die Erwartungen zu Einsparungen durch Unified Communications und neue Arbeitsorganisation zurück, in einem begrenzten Rahmen gibt es sie dennoch. Jeder Zweite setzt dazu auf Einsparpotenziale in der Infrastruktur, knapp über 40 % bei Administration, und noch knapp jeder Vierte in der Kommunikation. Das Thema Prozessoptimierung ist heuer nur noch unter »ferner liefen« zu finden. Im Vorjahr wurde ihm mit 69 % der Nennung noch das größte Potenzial bescheinigt. »Auch Einsparungen bei Reisekosten sind von rund 50 % auf 9 % gefallen«, spricht Studienleiter Hellmuth Leinfellner von einem »deutlichen Paradigmenwechsel«.
Bring dein eigenes Gerät
Der Trend zu »Bring your own device«, kurz BYOD, ist auch heuer ungebrochen: Für zwei von drei Befragten ist die Möglichkeit, das eigene private Werkzeug am Arbeitsplatz verwenden zu können, klar ein Vorteil für die Mitarbeitermotivation – gefolgt von Mobilitätssteigerung (54 %) und einer Erhöhung der Arbeitgeberattraktivität (49 %). Überhaupt keinen Nutzen in BYOD sehen 15 % der Teilnehmer. Freilich gibt es auch Vorbehalte gegenüber diesem Modell, wie Leinfellner erklärt: »Viele sehen Datensicherheit und die saubere Abgrenzung zwischen privaten und geschäftlichen Inhalten noch als sehr große Herausforderung.«
Ebenfalls Einzug in die heimische Unternehmenswelt haben sogenannte Social-Collaboration-Tools gefunden. Es sind Plattformen, die unterschiedliche Formen der Kommunikation und Zusammenarbeit in Projekten und Teams unterstützen. Die bekanntesten Anbieter sind Microsoft, salesforce.com, IBM und Atos. Für die Befragten verbessern deren Tools vor allem die interne Kommunikation, helfen E-Mail zu reduzieren, und Wissensträger zu identifizieren. Mehr als jeder Zweite (54 %) glaubt an eine Reduktion der E-Mail-Flut, jedoch ist für die Mehrheit (63 %) das komplette Ersetzen von E-Mail durch Social Media nicht denkbar.
Veränderung der Wahrnehmung
Unter der neuen Welt des Arbeitens wird oft auch eine Veränderung der Arbeitsmodelle verstanden. In Österreich meinen jedoch 55 % der Teilnehmer, dass es keinen Rückgang an Vollzeitarbeitsplätzen in ihrem Unternehmen geben wird. Dagegen geht ein Viertel der Teilnehmer von einen Rückgang von 5 % aus. Auf die Frage, wie die derzeitigen Rahmenbedingungen (etwa Arbeitsrecht oder die Verpflichtung zu Zeitaufzeichnung) empfunden werden, gaben in der Studie 45 % an, sie seien »hinderlich«. Ebenfalls 45 % meinen, der aktuelle Rechtsrahmen ist »adäquat« für die Anforderungen der Unternehmen. Paradox: Nur rund jeder Zehnte meint ausdrücklich, sie seien »hilfreich, um Arbeitnehmer zu schützen«. Scheinbar driften Recht und Praxis immer mehr auseinander: Im Jahr zuvor gaben noch 51 % den Rahmenbedingungen eine positive Note. Wie auch damals wurde auch die Arbeitgeberattraktivität abgefragt: Unternehmen, die kein flexibles Arbeiten anbieten oder zulassen, sind für knapp 77 % für den Arbeitsmarkt unattraktiver als progressiver eingestellte Mitbewerber. Rund 16 % sehen darin kein relevantes Unterscheidungsmerkmal.
Bestätigung in der Branche
Schauplatzwechsel zu IT-Herstellern: Innovative, zeitgemäße Arbeitsmodelle sind für den Information Worker, der vielerorts bereits 75 % der Belegschaft stellt, eine Selbstverständlichkeit in der Arbeitskultur.
»Diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erwarten von ihrem Arbeitsplatz flexible Zeit- und Zugriffsmodelle und eine moderne Infrastruktur, welche gleichzeitig die Zusammenarbeit fördert«, unterstreicht Daniel Freiberger von Tieto. Der Leiter eines »Digital Services«-Teams bei dem IT-Dienstleister sieht in Informationen und Wissen eine der wichtigsten Ressourcen für den Geschäftserfolg von Unternehmen heute – vorausgesetzt, dass sie an der richtigen Stelle eingesetzt werden. »Deshalb ist ein möglichst reibungsloser Kommunikationsfluss innerhalb des Betriebs unabdingbar. Das Verschicken von E-Mails reicht dabei längst nicht mehr aus. Gegenüber Instant Messaging, Blogs und Diskussionsforen erscheint das Versenden eines elektronischen Briefes heute geradezu antiquiert«, meint er. Gerade bei dezentralen Organisationsformen würde sich jede Menge Know-how ansammeln, welches bereichsübergreifend eingesetzt werden sollte. Also liefern Hersteller wie Tieto auch gleich die Lösungen für die Herausforderungen in der neuen Arbeitswelt. »Future Office« wird hier eine Methodik genannt, die zur Verbesserung von Wissensmanagement und Collaborationaufgaben führen soll. Gemeinsame Märkte, gemeinsame Themenbereiche und gemeinsame Ziele werden ebenso berücksichtigt und abgebildet wie die Beziehung der einzelnen Personen zum Unternehmen als Ganzes.
Unter welchen Namen die Philosophien und Werkzeuge zu den veränderten Organisationsformen von den Herstellern auch gehandelt werden – sie alle haben eines gemeinsam: Der Mensch kommt zuerst. Dies war in der Informationstechnologie nicht immer so. Früher verstand man unter EDV etwas zutiefst Technisches, eine Disziplin für Ingenieure. Heute wissen die Hersteller um den Erfolgsfaktor Nutzerfreundlichkeit. Nun wird der IT sogar Fähigkeit zu Emotion verliehen. »Shy Technology« nennt Margarete Schramböck, Geschäftsführerin bei NextiraOne, dieses Phänomen. »Technologie bringt die Menschen wieder näher zusammen und tritt dabei in den Hintergrund. E-Mail war in den vergangenen Jahren ein Sinnbild für unpersönliche Kommunikation. Mit den neuen, sozialen Medien wird es wieder menschlicher«, ist sie überzeugt.
Für die Managerin ist der Wandel in allen Zweigen der Wirtschaft, der durch den Werkzeugkasten IT ausgelöst wird, eine unumstößliche Tatsache. Für Unternehmen bedeutet dies, auch aus der vorhandenen Infrastruktur das Beste zu machen. »Man glaubt ja nicht, welchen Wildwuchs selbst kleinere Firmen oft in ihrer IT haben«, verrät Schramböck und bietet prompt ein weiteres Tool, um diesem wieder Herr zu werden. Ein Monitoringservice namens »One-Cockpit« überwacht und managt Netzwerk infrastruktur und Unternehmensanwendungen, und zeigt übersichtlich die unterschiedlichen Leistungsindikatoren an. Derart verständlich aufbereitet kann der Status quo von Applikationen sogar auf Tablets und Smartphones abgerufen werden – so einfach, dass es auch Chef und Chefin verstehen. Der Werkzeug gilt damit auch als »management-tauglich«.
Das ist sie also auch, die neue Welt des Arbeitens: verständlich auf allen Ebenen. Sich nun »möglichst schnell diesem Thema zu widmen«, empfiehlt Experte Thomas Schmutzer. »Viele werden positiv überrascht sein, wie viele Bausteine und Teilbereiche der neuen Arbeitswelt in ihrem Unternehmen schon umgesetzt sind und gelebt werden.«