Künstliche Intelligenz in der täglichen Anwendung – zur Erkennung wirtschaftlich riskanter Bauprojekte, zur Rettung von Menschenleben, für den automatisierten Rechnungs- und Auftragseingang und als Superassistent für Fragen im Lebensmittelhandel.
Zentraler Hebel
Der Baukonzern Strabag richtet gemeinsam mit Microsoft einen Data Science Hub ein, auf dem verteilte Daten gesammelt und daraus neue Anwendungsfälle generiert werden können. »Die Bauindustrie ist sehr traditionell und Innovationen können durch ihre Ineffizienzen gebremst werden«, weiß Marco Xaver Bornschlegl, Leiter Innovation und Digitalisierung bei Strabag SE. Der Aufbau eines Data Science Hub eröffnet eine Vielzahl von Möglichkeiten – zum Beispiel eine KI-basierte Risikomanagementlösung, mit der bewertet wird, welche Bauprojekte eher scheitern könnten. Dadurch werden Geld und Zeit gespart. Mit nur drei Monaten an Datenmaterial können Risiken mit einer Genauigkeit von 80 % prognostiziert werden. Die Lösung wurde mit dem Azure OpenAI Service erstellt. Damit sind Prognosen möglich, wann das Wetter den Einsatz eines Krans auf der Baustelle verhindern wird. Außerdem weiß die Immobilienentwicklungsabteilung mit Hilfe des generativen Designs mit wenigen Klicks, wie viel Bruttogeschossfläche sie auf einem Grundstück maximal entwickeln kann. Es sind Informationen, die bei Projekten im Wert von zwei Millionen Euro mit einer Marge von vier bis fünf Prozent unerlässlich sind. (Bild oben)
Sichere Minenerkennung
Die humanitäre Minenräumungsorganisation HALO erprobt gemeinsam mit Amazon Web Services (AWS) den Einsatz von künstlicher Intelligenz mit Drohnenbildern, um Minenfelder und explosive Kriegsreste zu lokalisieren – auch in aktiven Kriegsgebieten wie der Ukraine. Je schärfer die verfügbaren Luftbilder sind, desto wertvoller können sie sein, aber desto größer ist auch die erforderliche Rechenkapazität, um sie zu speichern und zu analysieren. Mit AWS werden Machine-Learning-Modelle trainiert, um Minen und Kriegstrümmer in Drohnenbildern zu erkennen – zum Beispiel um bombengeschädigte Gebäude auf Satellitenbildern zu untersuchen. Dadurch können Teams gewarnt werden, wo sich wahrscheinlich nicht explodierte Bomben und Granaten befinden. Auf diese Weise konnte der Zeitaufwand für die Identifizierung von Schäden an solchen Brennpunkten von vielen Tagen auf Stunden reduziert werden.
Effiziente Verarbeitung
Bei dem Kreditversicherer Acredia werden für die Auftrags- und Rechnungsfreigabe nicht mehr aufwändig Listen und Formulare mit Daten aus dem E-Mail-Eingang gefüllt. »Mit der Kraft der KI verarbeitet unsere App eingehende Rechnungen automatisch, extrahiert relevante Informationen und spielt diese direkt in den Genehmigungsprozess ein«, beschreibt Markus Wernad, CIO von Acredia. Durch das Minimieren manueller Aufgaben wird nicht nur Zeit gespart, sondern auch die Datenqualität verbessert. Mit der Microsoft Power Platform entstand die App für die Freigabe. Sie ist direkt im Kommunikationskanal Microsoft Teams eingebunden. Mitarbeitende von Acredia erledigen den gesamten Prozess ortsunabhängig in ihrer gewohnten Arbeitsumgebung. Die Daten in der App sind bereits vorausgefüllt. Verantwortlich dafür ist eine spezielle KI von Microsoft, die die Informationen von den Rechnungen eines dedizierten E-Mail-Postfaches ausliest. Das Projekt wurde gemeinsam mit Communardo, einem Spezialisten für Prozessautomatisierungen und Modern Work, umgesetzt.
Tool für Filialen
»Rabattmarkerlbuch vergessen einzulösen, was tun?«, »Wie gebe ich einen Krankenstand in den Personaleinsatzplan ein?«, »Wie schneide ich eine Honigmelone?« Das sind Fragen, die dem neuen KI-basierten »Marketwhisperer« bei SPAR von den Mitarbeiter*innen in allen Filialen gestellt werden. Die Lösung deckt alle Themenbereiche aus dem Marktleiter- sowie dem Personal-Handbuch ab und ist über das Intranet zugänglich. Die Idee entstand aus diesem Feedback von Marktleiter*innen, die den zeitaufwendigen Suchprozess im Handbuch und im Intranet kritisierten. Die Lösung wurde in der Cloud-Umgebung von SPAR ICS entwickelt, wobei auf GPT-Modelle zurückgegriffen wurde. Alle zugrundeliegenden Dokumente sowie die ein- und ausgehenden Informationen bleiben innerhalb der sicheren Umgebung des Unternehmens. Die Entwicklung des Marketwhisperers dauerte etwa zehn Monate, mit kontinuierlichen Testphasen und Verbesserungen basierend auf dem Feedback der User*innen. Die eigentliche Entwicklungszeit betrug rund drei Monate. Parallel dazu wurden die zugrundeliegenden Dokumente optimiert und strukturiert.