Eryn Devola, Vice President Sustainability im Industriebereich bei Siemens, über Nachhaltigkeit in Prozessen und Produkten.
Sie sind für Nachhaltigkeit im Industriebereich bei Siemens weltweit verantwortlich. Welche Themen umfasst Ihre Arbeit?
Eryn Devola: Im Bereich unseres Portfolios für digitale Industrien sind das unsere Automatisierungslösungen für Prozesse, für diskrete Industrien, unser Motion-Control-Geschäft und das Servicegeschäft, ebenso Engineering-Software. Zum einen geht es um die Nachhaltigkeit bei den eigenen Betriebsabläufen: Fuhrpark, Produktionsstandorte, Geschäftsreisen – wie groß ist der Fußabdruck, den wir in unserer Arbeit hinterlassen?
Dann fokussieren wir auf unsere eigenen Hardwareprodukte – wie sie herstellt werden, wie Lieferketten gestaltet sind, wie lange die Produkte dann genutzt werden. Drittens bieten wir Kund*innen Lösungen und Werkzeuge, damit diese selbst in ihrem Geschäft nachhaltiger werden. Das beinhaltet zum Beispiel Konstruktionssoftware, Simulationslösungen oder auch energieeffiziente Motoren und Antriebssysteme.
Wir betrachten das Themenfeld Nachhaltigkeit also von innen, ebenso wie von außen mit unserem Angebot am Markt – jeweils angepasst an die Herausforderungen in den unterschiedlichen Branchen. Mit unserer Business-Plattform Xcelerator ergänzen wir unser Portfolio auch mit Lösungen von Partnern.
Sehen Sie hier Herausforderungen, die sich über alle Sektoren, in denen Unternehmen tätig sind, ähneln?
Devola: Wir beschäftigen uns stark mit einer neuen Notwendigkeit zu Transparenz und mit Effizienzen und Einsparungen in den Betrieben. Die Menschen müssen wissen, welche Maßnahmen besonders sinnvoll sind und welche Auswirkungen auch ihr eigenes Tun hat. Wir können nur kontrollieren und verbessern, was wir messen können.
Meist haben Unternehmen aber keinen Überblick über ihre Daten und Prozesse. Und wenn es bereits Transparenz gibt, dann nur innerhalb des Firmengeländes – nicht über Unternehmensgrenzen hinweg. Nun verlangen Gesetze und Regulierungen aber den Blick auf gesamte Wertschöpfungsketten, von der Herstellung, über die Nutzung bis zum Lebensende und der Wiederverwertung eines Produkts.
Das ist ein Riesenwandel, der mit enormer Komplexität verknüpft ist. In den Unternehmen kommt mitunter das Gefühl auf, die Kontrolle über das, was man kennt, zu verlieren. Viele haben sich auch zu Klimazielen bis 2025 oder 2030 bekannt. Diese Jahre rücken jetzt rasch näher. Die selbst auferlegten Ziele, gemeinsam mit dem Regulierungsdruck in der EU durch Richtlinien wie der »Corporate Sustainability Reporting Directive«, erfordern künftig auch eine wesentlich breitere Offenlegung von Daten.
»Dort Maßnahmen ergreifen, wo es wirklich am meisten Sinn macht«, plädiert Eryn Devola, Siemens, für den Einsatz von Datenwerkzeugen und Analysen für Ressourceneinsparungen in der Wirtschaft.
Wie kann eine Transparenz von Ressourcenverbrauch in der Industrie hergestellt werden? Wie ist hier die richtige Strategie für Einsparungen?
Devola: Das kommt auf die Branche an. In einer energieintensiven Industrie, wie es etwa die chemische Industrie ist, kann vieles innerhalb der eigenen Prozesse umgesetzt werden. Mit Energiemonitoring können Verbräuche analysiert und optimiert werden. Mit Zählern im oder vor dem Gebäude werden Ressourcenströme gemessen. Ebenso ist das vor jeder Maschine möglich, vor jedem Gerät, rund um die Uhr. Auf dieser Datenbasis können dann auch präzise Maßnahmen ergriffen werden.
Betrachten wir ein Unternehmen in der Automobilbranche, liegen die Herausforderungen zu einem großen Teil außerhalb der eigenen Hallen. Die Wertschöpfungsketten bis zum fertigen Produkt sind hier besonders ausgeprägt. Die Emissionen eines einzelnen Unternehmens sind meist wesentlich geringer als »upstream« bei Partnern in der Lieferkette und »downstream« in der Nutzung des Produkts. Der Trick ist herauszufinden, wo mit dem geringsten Einsatz die größten Effekte erzielt werden. Bei einem Bierproduzenten, der zu unseren Kunden zählt, war das zum Beispiel die Lkw-Flotte in der Logistik. Bei einem Hersteller in einem anderen Markt kann es etwas ganz anderes sein.
Tipp: Mehr zu den Lösungen, die Unternehmen dabei helfen, ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, finden Sie hier: Dekarbonisierung beginnt mit Daten
Welche Rolle spielen IT und Rechenzentren bei Maßnahmen zur Emissionsreduktion?
Devola: Je mehr ich auf digitaler Ebene umsetzen kann, desto weniger muss ich das in der physischen Welt tun. Simulationen, Modellierungen und Analysen können enorm helfen, Ressourcen einzusparen. Doch ist natürlich auch der Energieverbrauch von Rechenzentren ein Faktor – das geht bis zur Art der Software und Anwendungsarchitektur.
Die Klimakrise, der Druck zu Einsparungen und die Auswirkungen von Unternehmen und ihren Produkten auf die Umwelt – das kann den Einzelnen überfordern. Aber ich bin überzeugt: Wenn viele diese Verantwortung erkennen und gemeinsam etwas bewegen, wird dieser Druck weniger. Es gibt sie bereits, die Lösungen, die eine Transparenz auch zum CO2-Fußabdruck in Wertschöpfungsketten ermöglichen – Werkzeuge wie SiGreen von Siemens. Wenn wir alle zusammenhelfen, schaffen wir das.
(Bilder: Siemens)