Dienstag, März 19, 2024
Wendige IT-Infrastruktur – hybride Cloudlösungen

Wie lassen sich hybride Cloud-Lösungen bestmöglich verwalten? Welche IT-Services und Cloudstrategien decken den Bedarf von Unternehmen optimal ab? Wir haben dazu mit IT-Experten gesprochen.

Cloud oder nicht Cloud – das ist mittlerweile gar nicht mehr die Frage, blickt man in die IT-Landschaft der Unternehmen in Österreich. Der in den vergangenen Jahren offen sichtbare Argwohn vor allem gegenüber den Infrastruktur-Services von Public-Cloud-Providern ist vielerorts gewichen, zumindest in den meisten Bereichen. Wurden bis vor gut zwei Jahren mehrheitlich noch Argumente vorgebracht, warum der Gang in Cloudservices nicht möglich ist, hat sich das Blatt gewendet: Wer kann, nutzt Cloudinfrastruktur. Auch wenn sich die Strategien der IT-Abteilungen weiterhin nicht über einen Kamm scheren lassen, wie Georg Chytil, Geschäftsführer des Wiener Infrastrukturproviders next layer, betont. »Wir sehen bei vielen Unternehmen, dass diese Cloudlösungen in Anspruch nehmen wollen, dies aber aus unterschiedlichen Gründen nicht immer möglich ist: aufgrund von Kostenfaktoren, der Frage des Speicherorts oder bei Anwendungen, die sich nur schwer migrieren lassen«, berichtet Chytil. Doch werde dieser Spagat mit hybriden Cloudlösungen möglich: Dabei wird die Betriebsführung der IT-Infrastruktur aus dem lokalen Rechenzentrum hinaus in die Domänen von lokalen Cloudanbietern oder Hyperscalern wie AWS, Microsoft und Google erweitert.



Bild: Georg Chytil, next layer: »Der Spagat wird mit hybriden Cloudlösungen möglich.«


»Es gibt Kunden, die klassisch auf Microsoft 365 zugreifen, unternehmensspezifische, eigene Anwendungen aber bei sich laufen haben. Und umgekehrt: Unternehmen starten mit neuen Projekten in Amazon EC2 und mit Kubernetes in der Cloud und lassen dann größere Umsetzungen auch wieder vor Ort laufen«, erklärt Andreas Schoder, Leiter Cloud and Managed Services bei next layer. Beim Wachstum der IT würden sich die Unternehmen nach einer gewissen Zeit in der Regel dann für die Auslagerung in  eine lokale Cloud oder Hyperscaler-Infrastruktur entscheiden. »Die wenigsten bauen noch ein Rack dazu oder ihr Datacenter weiter aus, verbinden die Bestandsinfrastruktur aber oft mit direkten Anbindungen zu den Cloudanbietern«, so der Infrastrukturexperte.

Auch wenn »Insourcing« kaum nachgefragt werden – ein Wechsel etwa aus Kostengründen zwischen Cloudanbietern sei mittlerweile gang und gäbe. Auch die Wiener bieten eine Infrastruktur für Cloudservices und stehen zum Teil im Mitbewerb mit den Großen. Das komme etwa bei Multicloud-Settings zum Tragen: Eine Anwendung wird beispielsweise bei DigitalOcean oder AWS gehostet, eine andere bei next layer. Gerade hier werde auch die Qualität der Netzanbindungen in die Rechenzentren der Cloudanbieter relevant. Mittlerweile ermöglichen auch die US-Anbieter ihren österreichischen Kunden Direktanbindungen mit entsprechender »Quality of Service«. Abseits der großen Ausbaupläne von Microsoft in Österreich sind die europäischen Rechenzentren der Hyperscaler spätestens in Frankfurt auch netzwerkmäßig erreicht. Die Latenz sei dabei für die meisten Anwendungen kaum Thema, beobachtet Schoder. Das Phänomen Jitter sei etwa bei Videokonferenzlösungen schlimmer, bei dem Datenpakete einander »überholen« und dadurch Bild- und Tonstörungen produzieren.

Nach welchen Kriterien werden also Cloudanbieter von den IT-Abteilungen der Unternehmen ausgesucht? Ist es rein der Preis? Oder sind es Faktoren wie die Verfügbarkeit einer Servicemannschaft? »Bin ich security- und datenschutzaffin, werde ich tendenziell einen kleineren österreichischen Provider oder zumindest einen europäischen Anbieter wählen«, meint Schoder. Der Support sei auch bei den internationalen Anbietern hervorragend. Die Wartungsverträge und Service-Schnittstellen sind bei Microsoft, Google und AWS recht ähnlich gut gestaltet. Ausschlaggebend sei vielmehr die Basistechnologie beim Hyperscaler: So greifen viele für ein Kubernetes-Umfeld auf Google zurück. Für andere, etwa im Finanz- und Payment-Bereich, punktet AWS mit der allgemeinen PCI-Zertifizierung seiner Dienste. Auch Auditoren akzeptieren den gebotenen Sicherheitslevel, der auf diese Weise für die Unternehmenskunden erfüllt wird. Amazon Web Services sind seit jeher auch mit »Datenbanken als Service« erfolgreich und bieten eine hohe Anzahl weiterer Dienste aus der Cloud. Der Cloudanbieter DigitalOcean wiederum ist stark in der Entwickler-Community präsent. Und Microsoft ist Branchenprimus im Office-Applikations-Umfeld.



Bild: Andreas Schoder, next layer: »Wir helfen Unternehmen, wenn diese noch keine konkreten Lösung parat haben.«

Beschäftigt man sich nicht bereits intensiv mit dem Cloudmarkt, fällt die Wahl schwer. Deshalb bieten viele IT-Dienstleister die Evaluierung der passenden Cloudpartner an. »Wir helfen Unternehmen, wenn diese ein Problem oder eine Herausforderung bei ihren IT-Services sehen, aber noch keine konkrete Lösung parat haben«, so Schoder. Bei neuen Themen wie Kubernetes, die zunächst einmal im Kleinen – etwa mit einem Referenzprojekt – in Angriff genommen werden, sei ein lokaler Anbieter mit auch persönlichem Support meist günstiger. »Wir verstehen auch, was die österreichischen Kunden wollen. Vielerorts wird aus Gründen der Planbarkeit und Kostensicherheit eine pauschale Verrechnung von Clouddiensten nachgefragt. Wir können beides, auch die Usage-basierte Abrechnung.« Was in den letzten Jahren hinzugekommen ist: Unternehmen müssen auch aus DSGVO- und Compliance-Gründen ihre Daten streng lokal hosten. »Das spielt uns, mit unseren drei Rechenzentren in Wien, in die Karten. Daten in Österreich zu halten, kommt im Moment sehr gut an.«

Zentrale Plattform
Welche IT-Services und Cloudstrategien den Bedarf von Unternehmen optimal abdecken, fasst auch Markus Mattmann, Regional Director Österreich und Schweiz bei Commvault, zusammen: »Der Schlüssel für ein hybrides Datenmanagement ist ein integriertes Portfolio, das einfach und individuell an die aktuellen Anforderungen jeder Organisation angepasst werden kann.« Die Sicherung von Daten in gleich mehreren Clouds sei allerdings keine einfache Aufgabe und benötigt eine agile und moderne Lösung, die sämtliche Cloud- und On-premises-Daten über eine einzige Plattform migrieren, verwalten und vor allem auch wiederherstellen kann. »Hybrides Datenmanagement und Multi-Cloud-Datensicherung ist definitiv ein Bereich, in dem wir wachsende Nachfrage verzeichnen. Der Großteil der Commvault-Cloud-Kunden nutzt tatsächlich nicht nur eine einzige Cloud, sondern setzt auf hybride Cloud-Lösungen. Wichtig ist dabei, den Kunden größtmögliche Flexibilität und Skalierbarkeit zu bieten, auch wenn sich die Bedürfnisse der Organisation spontan ändern«, so Mattmann.




Bild: Markus Mattmann, Commvault: »Sicherung von Daten in gleich mehreren Clouds ist keine einfache Aufgabe.«


Sicherheit zuerst
Außereuropäische Cloud-Anbieter haben derzeit einen Vorsprung auf dem Markt im DACH-Raum: Sie stellen rund 28 % der cloudbasierten IT-Services bereit, die Unternehmen und Behörden in Deutschland, Österreich und der Schweiz nutzen. Demgegenüber werden nur gut 23 % bei europäischen Providern eingekauft, kommt eine aktuelle Studie von Capgemini zum Schluss. Mit Bewegung nach oben: Knapp 45 % der befragten Unternehmen, die Cloud-Services von außereuropäischen Anbietern nutzen, wollen ihre Kapazitäten bei europäischen Providern in den kommenden Jahren aufstocken. Sie begründen die Verlagerung in erster Linie mit der Einhaltung des Datenschutzes und dem Wunsch, die Datensouveränität zu erhöhen.

Auch im Zusammenhang mit intelligenten Systemen ist die Sensibilität für die Datensouveränität leicht gestiegen: In diesem Jahr befürworten mehr Studienteilnehmer, den Betrieb von intelligenten Systemen auf europäische oder unternehmenseigene Clouds zu begrenzen. »Intelligente Datenanalyse eröffnet Unternehmen und Behörden große Chancen: Auf Basis dieser Erkenntnisse können sie Prozesse optimieren, neue Absatzmöglichkeiten entdecken und ihre Umweltbilanz verbessern ­– indem sie etwa den Energieverbrauch und Ausschuss in der Produktion senken. Bereits kleine intelligente Lösungen können dabei Mehrwert erzeugen«, betont Bernd Bugelnig, CEO von Capgemini in Österreich.



Bild: Bernd Bugelnig, Capgemini: »Bereits kleine intelligente Lösungen können einen Mehrwert erzeugen.«


Die Ergebnisse der IT-Trends-Studie hätten gezeigt, dass die Bedeutung von Datensicherheit und Datensouveränität Cloudstrategien beeinflusst. Das wichtigste Thema derzeit aber in der produzierenden Industrie ist »Production Safety and Security«. Aufgrund einiger folgenreicher Cyberangriffe auf Industrieunternehmen im letzten Jahr ist das Risikobewusstsein zuletzt wieder stark gestiegen.



Treibende Kraft

Wie sich Unternehmen für die Zukunft krisenfest und sicher aufstellen können, war das große Thema der Hannover Messe 2021, die von 12. bis 16. April in digitaler Form über die Bühne ging. Im Livestream »Smart Manufacturing: Think beyond the factory« demonstrierte Fujitsu, wie eine vollständige digitale Integration aller Lieferketten den Materialfluss mit der digitalen Entwicklung und Fertigung neuer Produkte verknüpft. Jörn Nitschmann, Head of Manufacturing and Automotive bei Fujitsu: »Die Digitalisierung ist derzeit die treibende Kraft in der Fertigung. Wir machen deutlich, wie wichtig das Zusammenspiel ist und wo Synergien zwischen ihnen noch effizienter genutzt werden müssen.« Sicherheit und Geschwindigkeit sind entscheidende Faktoren. Nitschmann setzt große Hoffnung in den Ausbau des 5G-Netzes: »Es braucht dringend einen neuen Kommunikationsstandard.« Fujitsu bietet mit »Enterprise 5G« bereits eine Lösung, die im Consumer-Markt großen Anklang findet. Ob breitere Lieferketten oder Fertigung in Losgröße 1 – die digitale Konfiguration von Produkten über spezielle Online-Plattformen bietet individuelle Lösungsansätze. Mit »Digital Annealing« setzt der Hersteller auf eine zukunftsweisende Brückentechnologie zum Quantencomputing, mit der die Fertigung effizient und durchgängig optimiert wird.

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