Mittwoch, Dezember 25, 2024

Mit der wachsenden Fahrzeugpalette der Hersteller werden jetzt Ladeinfrastrukturen in Österreich und Europa aufgebaut. Wie die ­Strategien dazu lauten.

 Eine Studie der FH Technikum Wien hat die Umwelteffekte einer forciert wachsenden Elektromobilität im Verkehr anhand verschiedener Szenarien bis zum Jahr 2020 untersucht.
Die Evaluierungen sämtlicher Modelle zeigen: Schon mit einem Anteil von 20 % Elektroautos am gesamten PKW-Bestand von 2020 lassen sich die Vorgaben der EU für den motorisierten Individualverkehr erreichen.
Wurden im Jahr 2009 noch im Schnitt 3,6 Elektroautos pro Monat in Österreich zugelassen, steigt dieser Wert seit 2010 exponentiell an.

Allein im März 2015 wurden österreichweit 232 Elektroautos neu zugelassen. Trotzdem, so die Studie, substituiert der Zuwachs an E-Mobilität nicht den Zuwachs bei der Individualmobilität. Der motorisierte Verkehr ist zwischen 1990 und 2010 insgesamt von 57 Mrd. Personenkilometern auf etwa 77 Mrd. Personenkilometer angestiegen. Dabei spricht vieles für Elektromobilität: Ein E-Fahrzeug, das mit Ökostrom aus 100 % erneuerbarer Energie betrieben wird, verursacht nur ein Siebentel der Treibhausgasemissionen gegenüber einem heutigen Benzin-PKW. Auch beim Gesamtenergieeinsatz zeigt der Öko-Stromer seine Qualität mit nur etwa einem Drittel im Vergleich zum Benziner. Steigt der Marktanteil der Elektroautos auf 50 %, können bis zu 42 % der Treibhausgasemissionen in Österreich eingespart werden.

»Beispiele aus Ländern wie Deutschland oder Norwegen zeigen, dass der Umstieg auf E-Mobilität erfolgreich gefördert werden kann«, merkt Hubert Fechner, Studiengangsleiter für Erneuerbare Urbane Energiesysteme am Technikum Wien, an. Mögliche Anreize sind Zusatzleistungen wie Park&Ride-Plätze, die Öffnung von Bus- und Taxispuren für E-Mobilität oder die Zugänglichkeit von Stadtteilen ausschließlich für E-Stromer.

Infrastruktur entsteht

Bis 2021 müssen Automobilhersteller den CO2-Grenzwert neuzugelassener Fahrzeuge auf unter 95 g, einem Spritverbrauch von 3,8 l Treibstoff/100 km senken. So schreibt es die EU vor und spielt damit der Elektromobilitätsbranche direkt in die Hände. Alltagstauglich werden Elektroautos aber erst, wenn Herausforderungen wie Ladeinfrastruktur und -zeit gemeistert sind. Verschiedene Initiativen, Unternehmen und Verbände wollen hier Abhilfe schaffen. So errichtet die ELLA AG, eine Tochter des Windkraftbetreibers W.E.B., derzeit ebenso wie der Fahrzeughersteller Tesla ein Schnellladenetz in Österreich – vornehmlich an neuralgischen Punkten wie Autobahnraststationen.

Auch die Energieversorger bringen sich in den Bundesländern in Stellung: Von Vorarlberg (starkes Engagement) bis Wien (kommt langsam in die Gänge) sind die Weichen auf Elektromobilität in der einen oder anderen Form gestellt. Unterstützung gibt es von öffentlichen Stellen wie dem Klima- und Energiefonds, der recht intensiv Leuchtturmprojekte und -regionen fördert.

Mit 60 zusätzlichen Ladestationen verdichtet aktuell Smatrics, ein Joint Venture von Verbund und Siemens, ein Schnellladenetz. Der jüngste Kooperationspartner McDonald’s richtet an einigen Standorten Ladestationen ein, wobei die ersten beiden Standorte Schwechat und Villach bereits in Betrieb sind. Das Vorhaben ist Teil des Projektes »Central European Green Corridors«. Es ist ein Schnellladenetz, das sich über Österreich, Slowakei und Slowenien mit Einbindung von München und Zagreb erstreckt.

Holger Hirmann, McDonald’s Österreich, und Michael-Viktor Fischer, Smatrics, präsentieren eine Highspeed-Ladestation. Bis Ende 2015 gehen 60 neue Stationen in Betrieb.

»Die Steuerreform war ein wichtiger Schritt zur Förderung von Elektrofahrzeugen«, spricht auch Smatrics-Geschäftsführer Michael-Viktor Fischer die Möglichkeit zum Vorsteuerabzug und die Befreiung vom Sachbezug für Elektroautos ab dem Jahr 2016 an. Gehe man davon aus, dass bei einem herkömmlichen PKW-Besitzer ein Sachbezug in der Höhe von 480 Euro monatlich anfällt, bedeute das für E-Car-Besitzer eine Ersparnis von 6.000 Euro jährlich. Ein verlockendes Argument für den Kauf eines Elektroautos. Während aktuell 40 Fahrzeugmodelle auf dem Markt sind, müssen sich Interessierte mit durchschnittlich ausgestattetem Geldbeutel noch bis 2017 gedulden. Dann sollen bereits 80 Modelle am Markt sein.
Für 2016 wird der neue Audi Q6 erwartet, branchenintern auch »Tesla-Fighter« genannt.

Fischer hofft auf einen »Popcorn-Effekt«, was das Interesse und auch Ankauf von Elektrofahrzeugen betrifft. Dem zögerlichen Start soll durch das Zusammenspiel von Steueranreizen, größerer Modellauswahl und EU-Vorgaben ein rascher Anstieg an Neuzulassungen folgen. Das Unternehmen ist Teil einer derzeit stetig wachsenden Wirtschaftsallianz. Weitere Mitglieder der »Austrian Mobile Power« sind neben anderen Hyundai, ARBÖ, Nissan, Porsche Austria, der Ladestationenhersteller Swarco Traffic Austria, ABB, AIT, AVL List, BMW, Infineon, Raiffeisen Leasing und Renault.

Ladetechnik für Flotten

Die Elektroautos sind längst in der Wirtschaft angekommen. So hat der Elektronikexperte und Automatisierungshersteller Phoenix Contact Fahrzeuge für Fahrten zwischen Standorten in Deutschland in seinen Fuhrpark aufgenommen. An Standorten wurden Ladestationen mit Komponenten aus dem eigenen Unternehmen errichtet. »Zum einen passen die E-Mobile gut ins nachhaltige Energiekonzepts des Unternehmens. Zum anderen soll die Einsatztauglichkeit der Fahrzeuge und Ladetechnik aus Nutzersicht bewertet werden«, heißt es.

Über ein Webportal werden die Daten den Fahrzeugen und Ladestationen zugeordnet und ausgewertet. Auch die Nutzer geben Erfahrungen weiter. Wie gehen sie mit der geringeren Reichweite um? Wie kommen technische Laien mit Ladestation und Stecker zurecht? Wie verhalten sich Fahrzeug und Ladecharakteristik im Alltag? Die Bedienung der Ladestation erfolgt nach einer ersten Anleitung über ein Touchpanel  mit einer Rückmeldung eines erfolgreich gestarteten Ladevorgangs.

Das Konzept wird durchweg als benutzerfreundlich bewertet. Auch die Handhabung des Ladesteckers Typ 2 wird positiv erwähnt, Steck- und Ziehkräfte sind angemessen. Für die Fahrten zwischen zwei 20 km voneinander entfernten Standorten wurden Lademengen zwischen 2 und 4 kWh ermittelt. Man weiß: Es liegt an der individuellen Fahrweise, aber auch an der Nutzung von Licht und Heizung. Im Durchschnitt verbrauchen die Fahrzeuge 15 kWh auf 100 km. Außerdem wurde ein Phänomen beobachtet, das aus anderen Modellregionen bekannt ist: Mit der Nutzungsdauer steigt das Vertrauen in die Reichweite der Fahrzeuge, die Nutzer laden an Zwischenzielen weniger häufig auf. »Aus Netzsicht besteht hier Handlungsbedarf, denn nur mit Elektrofahrzeugen, die mit dem Netz verbunden und im Energiesystem integriert sind, können erneuerbare Energien optimal genutzt werden«, betont Thomas Plachy, Leitung Vertrieb und Marketing bei Phoenix Contact in Österreich.

Reichweite reicht häufig

Die E-Flotten der gewerblichen und kommunalen Unternehmen spielen eine Vorreiterrolle. Die Reichweiten der Elektrofahrzeuge sind bereits für viele Anwendungen ausreichend – in Logistik, bei mobilen Pflegediensten oder in kommunalen Wirtschaftsbetrieben. Dennoch stellt das Aufladen einer Flotte spezielle Anforderungen an die Ladeinfrastruktur. Häufig hat der Fuhrpark nur wenige zentrale Parkplätze zum Laden der Elektrofahrzeuge. Schon wenige Fahrzeuge, die gleichzeitig am Netz sind, können große Ströme und Ladeleistungen bewirken. Daher müssen die Ladevorgänge mittels Last- und Energie-Management aufeinander abgestimmt werden.  Als Grundlage für das Energiemanagement beim Laden von Elektrofahrzeugen dienen die Normen IEC 61851-1 und künftig die ISO 15118. Ein regelbasiertes Lastmanagement kann die Priorität einzelner Fahrzeuge aus dem Fuhrpark-Management übernehmen.

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