Der schwarze Kontinent öffnet sich fast unbemerkt der erneuerbaren Energierevolution.
Von Rainer Sigl
Während die größten Treibhausgasemittenten in Peru auf dem Weltklimagipfel um die dringend notwendige Reduktion der Kohledioxidemissionen ringen, die den schon fast unausweichlich erscheinenden Klimawandel verlangsamen soll, zeigt sich ein ermutigender Hoffnungsschimmer von unerwarteter Seite: Die sich entwickelnden Staaten Afrikas, die wegen geringerer Industrialisierung ohnedies zum Großteil weniger Treibhausgase produzieren als die Umweltsünder der westlichen Welt und China, entdecken die Vorteile erneuerbarer Energien für sich. Am Rande des Klimagipfels in Peru berichtet Achim Steiner, Executive Director des United Nations Environment Programme (UNEP), dass sich der schwarze Kontinent zunehmend seiner erneuerbaren Energieressourcen bewusst werde. »Es gibt eine afrikanische Energierevolution, die bislang von der Weltöffentlichkeit wenig wahrgenommen wird. In Ägypten, Kenia, Äthiopien, Namibia und Mosambik zeigt sich zunehmend, dass erneuerbare Energien in den nächsten 15 Jahren die Antwort auf Afrikas Energieproblem geben können«, sagte Steiner in einem Interview mit Inter Press Service. Als beispielhaften Vorboten nennt Steiner das Hauptquartier seiner Behörde in Nairobi, Kenia: »Durch die Lage nahe des Äquators hat sich eine Versorgung unserer afrikanischen Zentrale durch Sonnenenergie angeboten. Sowohl die UNEPBüros als auch jene des Hauptquartiers von UNHabitat, des Wohn- und Siedlungsprogramms der UN in Nairobi, und somit 1.200 Menschen werden durch Photovoltaik mit 750 MW pro Jahr versorgt.« Die Investitionen werden sich innerhalb eines Jahrzehnts amortisiert haben, meint der Experte. 6.000 MW will Kenia in den nächsten fünf Jahren jährlich erzeugen, 90 % davon aus erneuerbaren Energieträgern. Das ostafrikanische Land setzt dabei nicht nur auf die Sonne, sondern auch auf Geothermie und Windkraft. Ein Entwicklungsprogramm für geothermale Energiegewinnung ist im Aufbau, und auch der geplante größte Windkrafterzeuger des Kontinents mit einer Kapazität von 350 MW beginnt aktuell als PPP-Unternehmen seine Tätigkeit. Im Äthiopien finanziert die Regierung den Ausbau des Geothermie-Kraftwerks Aluto-Langano auf das Zehnfache seiner bisherigen Kapazitäten, unterstützt von Investoren aus Japan und durch die Weltbank.
Grünes Potenzial
Eine aktuelle Studie der International Renewable Energy Agency (IRENA) schätzt das Potenzial für Geothermie in Uganda, Äthiopien, Kenia und Tansania als beträchtlich ein; in mindestens 21 afrikanischen Staaten sieht IRENA erneuerbare Energiegewinnung aus Sonne, Wind und Biomasse als vielversprechende Alternative zu fossiler Energie. Die kommt Afrika nämlich ohnedies teuer zu stehen: 2010 importierten afrikanische Staaten Öl um 18 Mrd. Dollar. IRENA-Direktor Adnan Z. Amin sieht deshalb den Ausbau erneuerbarer Energien als essentiellen Schritt aus dieser Abhängigkeit: »Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen ist außerdem ideal für weniger industrialisierte, ländliche Gebiete, die abseits der großen Energienetze liegen. Mit Erneuerbaren lässt sich nicht nur der in Afrika steigende Energiebedarf decken, sondern ihr Einsatz kommt auch noch günstiger und trägt zum Klimaschutz bei. Erneuerbare sind die Lösung für Afrikas Energieproblem.« Zur Finanzierung dieser Energiezukunft sind innovative Instrumente gefragt – die Investitionen sind eine Hürde für die armen Länder. »Für genau diese Problematik gibt es ›Green Bonds‹ als ideale Lösung für die Anfangsinvestitionen«, meint Amin. »Mit diesem speziell auf erneuerbare Energiegewinnung zugeschnittenen Finanzierungsinstrument wurden letztes Jahr bereits 14 Mrd. Dollar vergeben. Heuer sind es 40 Mrd., und für 2015 rechnen wir mit 100 Mrd. Dollar zur grünen Finanzierung. Mit dieser Unterstützung wird auch Afrika die Anfangshürde auf dem Weg in eine erneuerbare Energiezukunft bewältigen.«