Mittwoch, Februar 05, 2025

Eine deutsche Ernst & Young-Studie sieht im Smart-Meter-Rollout eine massive Mehrbelastung der Kunden – und empfiehlt treuherzig die Vermarktung der anfallenden Kundendaten.

Die E-Wirtschaft ist auf dem Gleis in Richtung Smart Meter. In wenigen Jahren schon sollen die schlauen neuen Zähler bei Stromkunden völlig neue Welten der Strommessung einläuten. Ein Win-win-Szenario, so wird beteuert, sei der Rollout dieser neuen Technologie: Die Kunden bekämen einen genauen Überblick über ihren Stromverbrauch und könnten so ihr Verhalten wirtschaftlicher gestalten, und auch die Stromerzeuger selbst könnten mit den Daten genauer planen und schlauer wirtschaften. Das, so das Versprechen, ist gut für alle und trägt überdies zum Energiesparen bei – so gewinnt auch die Umwelt.

Eine jüngst vom Wirtschaftsprüfungsunternehmen Ernst & Young im Auftrag des deutschen Bundeswirtschaftsministeriums veröffentlichte Studie hat sich nun näher mit dem Thema Smart Meter befasst. Unter dem dürren Titel »Kosten-Nutzen-Analyse für einen flächendeckenden Einsatz intelligenter Zähler« werden allerdings unliebsame Fakten auf den Tisch gelegt. Die Kurzfassung: Durch Smart Meter wird wohl keine Stromrechnung eines Privatkunden merklich kleiner – die Kosten für den Rollout hingegen werden die Privaten durch Erhöhungen wohl aufgebrummt bekommen.

Keine Einsparungen

Private Haushalte mit einem Verbrauch von bis zu 6.000 Kilowattstunden im Jahr, so wird von Ernst & Young vorgerechnet, könnten durch Smart Meter bescheidene 1,2 bis 1,8 Prozent ihrer Stromkosten sparen. Das wären durchschnittlich 39 Euro im Jahr – allerdings ist dies ein Verbrauch, der im Durchschnitt nur von Vierpersonenhaushalten erreicht wird. Ein- oder Zweipersonenhaushalte brauchen weniger Strom und sparen daher auch weniger – 3.500 kWh Durchschnittsverbrauch hat der deutsche Privatkunde jährlich. Die Kosten für die neuen Zähler samt jährlich anfallenden Betriebskosten hingegen würden mit 89 Euro unabhängig vom Verbrauch für jeden Haushalt jährlich zu Buche schlagen, rechnet die Studie vor. Wenn die Stromanbieter etwa bei Neubauten die Kosten für die  dann in Deutschland  gesetzliche verpflichtende Verbauung von Smart Metern an die Kunden weiterreichen – wovon ausgegangen werden muss –, dürfen diese sogar 109 Euro pro Jahr mehr bezahlen, bei durchschnittlich sehr bescheidenen Einsparungen, so die Studienautoren weiter.

Um diese Kostenfallen erträglicher zu machen und alternative Finanzierungen aufzutun, empfehlen die Wirtschaftsprüfer ungerührt für Datenschützer Haarsträubendes: Als zusätzliche Einnahmequelle für die Stromanbieter sieht Ernst & Young nämlich die sich massenhaft häufenden Daten, die die schlauen Stromzähler von ihren Benutzern anlegen und viertelstündlich nach Hause funken. Zunächst, so schreiben die Analysten, solle man sich aber auf die breite öffentliche Akzeptanz für die smarten Zähler konzentrieren – denn die angesprochene »weitergehende Nutzung der Daten durch Dritte könnten zu erhöhten Datenschutzbedenken führen, die in der Phase der Einführung vermieden werden sollten«.

Datenschutz

Damit sehen sich all jene Datenschützer bestätigt, die in der engen Überwachung der Endkunden per Stromverbrauch immer schon das Einfallstor der nimmermüden Datensammler ins Privateste sehen wollten. Und in Verbindung mit den von den Wirtschaftsprüfern als illusorisch angenommenen Einsparungen ergibt sich eigentlich ein recht düsteres Bild von der smarten Energiezukunft. So betrachtet erscheint die erst im Herbst durchgesetzte lokale  Variante hierzulande als klassisch »österreichische Lösung«: Im Land des »Ja, aber« wird es zwar per Gesetz einen Rollout geben – die Kunden können aber per Opt-out auch die Versmartung ihres Haushalts ablehnen. Gute Nachrichten für Datensensible – aber weniger für die Energieversorger, die dann aufwendig alte und neue Infrastruktur servicieren müssen. Bezahlen wird diesen Aufwand sicher jemand. Man braucht nicht lange nachzudenken, wer das sein wird.

Meistgelesene BLOGS

Alfons A. Flatscher
06. November 2024
Mit Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus zeichnet sich ein neues Kapitel der Handelspolitik der USA ab – und für europäische Unternehmen könnten die nächsten Jahre herausfordernd werden. Trump, bekan...
LANCOM Systems
14. Oktober 2024
Die österreichische Bundesbeschaffung GmbH (BBG) hat die Lösungen des deutschen Netzwerkinfrastruktur- und Security-Herstellers LANCOM Systems in ihr Portfolio aufgenommen. Konkret bezieht sich die Ra...
Nicole Mayer
25. November 2024
Globalisierung, Digitalisierung, New Work, Kriege: Die Kette der Herausforderungen, die Unternehmen zu stemmen haben, reißt nicht ab. Um in diesen unsicheren Zeiten nicht nur zu überleben, sondern sog...
Marlene Buchinger
31. Oktober 2024
Beim Thema Nachhaltigkeit stellt sich oft die Frage, für wen machen wir das überhaupt? Im vierten Teil der REPORT-Serie geht es um die Anspruchsgruppen, auch Interessensträger oder Stakeholder genannt...
Firmen | News
23. Oktober 2024
In den letzten Jahren hat das Thema Nachhaltigkeit auch im Bauwesen an Bedeutung gewonnen. Immer mehr Bauherren, Architekten und Unternehmen suchen nach Möglichkeiten, umweltfreundliche und ressourcen...
Andreas Pfeiler
04. November 2024
Naturereignis wie ein Hochwasser zeigen uns immer wieder auf, wie verwundbar unsere Gesellschaft ist und wie hilflos wir gegenüber solchen Naturgewalten sind. Ohne mineralische Rohstoffe sind wir auch...
Firmen | News
08. Oktober 2024
Wohlstand aufzubauen, ist für viele Menschen eines der größten Ziele im Leben. Doch ein Vermögen anzuhäufen, beispielsweise durch die Gründung und Führung eines eigenen Unternehmens, ist nur der erste...
Firmen | News
30. Oktober 2024
In der heutigen Arbeitswelt sind die richtigen Werkzeuge und Ausrüstungen entscheidend für den Erfolg. Von der passenden Berufskleidung bis zu unverzichtbaren Geräten – alles spielt eine Rolle. Entdec...

Log in or Sign up