Ohne Automatisierung würde das Leben heute nahezu stillstehen. Von der Waschmaschine über das Auto bis zur Glühbirne und der Kopfwehtablette – Automation ist der Schlüssel zur Herstellung. Auch langfristig wird es ein klares Miteinander von Mensch und Maschine geben.
Wenn jedes Werkzeug auf Geheiß oder auch vorausahnend das ihm zukommende Werk verrichten könnte, wie des Dädalus Kunstwerke sich von selbst bewegten oder die Dreifüße des Hephästos aus eignem Antrieb an die heilige Arbeit gingen, so bedürfte es weder für den Werkmeister der Gehilfen noch für die Herren der Sklaven.« Aristoteles’ Wunsch ist in Erfüllung gegangen: Automatisierung lässt seit Jahrzehnten Einrichtungen ohne Mitwirkung des Menschen bestimmungsgemäß arbeiten. Laut Manfred Brandstetter, Leiter Industrial Automation Systems CEE bei Siemens, werden heute 98 % aller Produktionstätigkeiten bereits maschinell oder maschinell unterstützt wahrgenommen. »Bei einigen Produkten wie dem iPhone wird noch überwiegend händisch gefertigt. Die Fertigung eines Autos erfolgt dagegen bereits nahezu komplett automatisiert. Automatisierung ist im Gegensatz zur Situation vor 50 Jahren keine Grundsatzdiskussion mehr. Sie bildet den Standard und sorgt für die Verbesserung von Qualität und Geschwindigkeit sowie Kostenoptimierung.« Siemens, Phoenix Contact, Festo, ABB, Beckhoff, B&R und Bachmann sind einige der führenden Player am Markt, die auf die komplexen Ansprüche der österreichischen Industrie bezüglich Automation reagieren.
>> Automatisierungstrio <<
»Sensoren, Antriebe und Steuerungen bilden das Herz beinahe jeder umfassenden Industrieautomationslösung«, informiert Wolfgang Keiner, Geschäftsführer von Festo Österreich. »Als Mensch erfasse ich mit Augen, Ohren und Nase, wo ich mich hinbewege. Eine Steuereinheit hat zwar andere Aufgaben, agiert aber nicht anders«, gibt Wolfgang Valicek, Product Manager Automation bei Phoenix Contact, einen plastischen Vergleich. Sensoren wie Lichtschranken, Temperatursensoren und Bewegungsgeber erfassen die Signale, verarbeiten sie und senden die Daten an das Steuergerät. Die zentrale Schlagader für die Kommunikation bilden dabei Feldbussysteme. Aufgrund der Inputs steuern Programme Aktionen, etwa den Anlauf von Maschinen oder Produktionsprozessen. Diese Elemente in einem Engineeringsystem zu planen und zusammenzufassen, ist eine sehr komplexe Aufgabe. Siemens hat mit dem TIA Portal auf diese Herausforderungen reagiert. Die Software optimiert Betriebs-, Maschinen- und Prozessabläufe und stellt den Schlüssel zur vollen Leistungsfähigkeit von Totally Integrated Automation dar.
>> Breiter Einsatzradius <<
Automatisierung ist heute schon Pflicht – in der Industrie ebenso wie im Gebäude. »Die Industrie hat andere Anforderungen an die Bustechnologie, hier gelten beispielsweise andere Genauigkeitsklassen. Im Pharmaprozess wird die Temperatur auf vier Kommastellen geregelt, da sonst die Fermentation nicht wie gewünscht verläuft. Die Geschwindigkeit wird in Millisekunden berechnet. Dafür gibt es im Gebäude wesentlich mehr Signale, was in der Automatisierungstechnik umfassende Konzepte erfordert«, zeigt Brandstetter auf. Den Kern der Automatisierung bildet in allen Fällen IT. »Wir arbeiten in kaum einem Produktbereich mehr mit Analogtechnik. Alles ist digitalisiert, das bedeutet leicht bedienbare, gut erkennbare Oberfläche, parametrieren muss über Handy möglich sein, in jedem Umrichter befindet sich Software«, betont Paul Dworschak, Leiter Antriebstechnik Discrete Automation & Motion bei ABB. In einem durchschnittlichen Automatisierungsprojekt beträgt der Software-Engineeringanteil 70 bis 80 %. »Auch ein Gebäude ist eine Maschine, wenn auch eine sehr langsame«, definiert Armin Pehlivan, Geschäftsführer von Beckhoff Automation und berichtet von einem Automatisierungsbeispiel in Linz: In der Stelzhamerschule bilden eine Lüftungsanlage, die natürliche Nachtkühlung und die Beschattung die Komponenten der Automatisierungslösung für optimierte Raumtemperatur. Phoenix Contact hat in seinem Firmengebäude in Wien einen Selbsttest gestartet. »Erdgeschoß und erster Stock wurden 2012 komplett automatisiert – von Licht über Lüftung bis zur Heizung. Auch der Outdoorbereich wie Firmenschilder, Parkplatz und Außenbeleuchtung wird automatisiert gesteuert. Eine Wetterstation misst etwa alle Lichtdaten und steuert damit die Beleuchtung«, berichtet Wolfgang Valicek.
>> Herausforderung Energie <<
(Quelle: ABB) Installierte Basis. ABB-Antriebe halfen 2010, weltweit 260 Terawattstunden Strom einzusparen.
Eine zentrale Position nimmt im Automatisierungswesen der Bereich Energieeffizienz ein. »50 bis 60 % der Industrieenergie werden in der Antriebstechnik verbraucht. Viele Motoren arbeiten ungeregelt und laufen oft leer. Hier kann ich mit Automatisierung gute Alternativen bieten«, so ABB-Techniker Dworschak. Durch Automatisierungstechnik ergibt sich ein riesiges Potenzial für Effizienzsteigerung. Das hat auch Festo erkannt und bietet seit Herbst 2012 die Veranstaltungsreihe »fit4mechatronics« an. In kostenfreien Fokusveranstaltungen wird das Thema Energieeffizienz technologieübergreifend unter Einbeziehung der pneumatischen und der elektrischen Antriebs- und Handhabungstechnik von verschiedenen Seiten beleuchtet. ABB bietet neben dem umfassenden Produktportfolio hinsichtlich der Umsetzung von Energieeinsparungspotenzialen seit vielen Jahren qualifizierte Beratungsleistungen, sogenannte Energieappraisals, an. »Speziell in der Antriebstechnik unterstützen wir Endverbraucher bei entsprechenden Analysen ihrer Betriebe und bieten energieoptimierte Lösungen«, informiert Dworschak.
>> Automatisierung 2013ff <<
Die Bandbreite für Automatisierung ist noch lange nicht ausgeschöpft. Siemens setzt den Schwerpunkt im Bereich Engineering-Effizienz und arbeitet an integrierten Securitylösungen – »das ist ein Schwerpunkt der neuen Generation bei Controllern«, stellt Brandstetter fest. ABB forscht an Synchron-Reluktanztechnologie für deutlich effizientere und kompaktere Motoren, Softwarearchitekturen und Engineeringmethoden für die Prozessautomation, Integrationstechnologien und Engineeringlösungen für die Fabrikautomation sowie Energieeffizienz durch Gebäudeautomation. Phoenix Contact beschäftigt sich u.a. mit der Datenkommunikation im Firmennetzwerk sowie den Themen Vernetzung und Sicherheitstechnik. Festo investiert 9 % des jährlichen Umsatzes in die Entwicklung praxisorientierter Innovationen. Ergebnisse dieser Forschungstätigkeit sind unter anderem das industrielle Highspeed-Kompaktkamerasystem oder die bionischen Studienobjekte des Festo Bionic Learning Networks, wie die ExoHand, die die vielfältigen Möglichkeiten des Greifens und Tastens einer menschlichen Hand unterstützt.
>> Heimvorteil mit Automatisierung <<
Mit Automatisierung wird die Fertigung in Europa wieder zum Thema. »Wir haben für unsere eigenen Steuerungssysteme, die in voll automatisierter Fertigung hergestellt werden, auch ein Werk in China. Die Produktion in Asien erfolgt aber aufgrund der Notwendigkeit lokaler Wertschöpfung und nicht aus Kostenvorteilen«, berichtet Manfred Brandstetter. Für Siemens bedeutet Automatisierung dabei nicht vorrangig Personalreduktion, die Tätigkeiten werden auf ein höheres Niveau verlagert. »Maschinen brauchen Menschen, die sie entwickeln, bauen, überwachen, reparieren und servicieren. Ich sehe hier daher auch längerfristig ein klares Miteinander von Mensch und Maschine«, erklärt auch Wolfgang Keiner. Ein Grund, warum Fachkräfte – insbesondere in technischen Berufen – gefragter sind denn je.