Samstag, Dezember 21, 2024

  Das Wasserwerk Konstanz wurde mit der PC-basierten Steuerungstechnik von Beckhoff modernisiert.Das Gebäude ist altehrwürdig, die Technik neu. Im Wasserwerk Konstanz wurde eine nicht mehr zeitgemäße Automatisierungstechnik durch Beckhoff-Steuerungskomponenten ersetzt.

Beim Wasserwerk der Stadtwerke Konstanz war die seit 1989 laufende AEG-Anlagensteuerung in die Jahre gekommen. Schon länger war absehbar, dass die Ersatzteilversorgung auf Dauer nicht mehr gewährleistet sein würde. Also plante man ein neues System zur Steuerung und Überwachung der gesamten Betriebstechnik im Wasserwerk. Vollautomatisch sollte dieses System laufen und die Versorgungssicherheit mindestens halten, wenn nicht verbessern. So kümmerten sich Geschäftsbereichsleiter Wolfgang Fettke und sein Technikteam um Wolfgang Treib, vom Wasserwerk Konstanz, um eine Lösung auf dem neuesten Stand der Technik. „Mit der Entscheidung für das Beckhoff-System haben wir eindeutig einen Mehrwert erzielt“, sagt Wolfgang Treib. Den Komfort in der Überwachung und der Dokumentation von Betriebsdaten, den die neue Steuerung mit sich gebracht hat, hatte man zunächst gar nicht so sehr im Visier. Wichtig war den Verantwortlichen die Offenheit des Systems. Cegelec, das ausführende Unternehmen, bekam als Aufgabenstellung mitgeteilt: Keine herstellerspezifischen Abhängigkeiten bei der Auswahl der Hardware und bei der Verwendung der Kommunikationsprotokolle.

Sorgfältige Wasseraufbereitung
87.000 Einwohner in Konstanz und Umgebung versorgt das Wasserwerk. Täglich könnten 50.000 m³ Trinkwasser gefördert werden. Heute liegt die Fördermenge bei durchschnittlich 14.000 m³ pro Tag – Tendenz: abnehmend. Denn die Einwohner von Konstanz gehen effizient mit ihrem Trinkwasser um. Entnommen wird das Wasser aus 40 m Tiefe, unterhalb der so genannten Sprungschicht. In dieser Tiefe ist das Wasser sehr sauber und vor Verschmutzungen der Oberfläche geschützt. Das Wasserwerk Konstanz versorgt drei Zonen, die sich durch ihre Höhenlage unterscheiden und mit unterschiedlichem Druckniveau betrieben werden.

Das Rohwasser wird durch eine 700 m in den See reichende Leitung entnommen und in einer ersten Stufe der Wasseraufbereitung zunächst über Mikrosiebe mit einer Maschenweite von 23 μm geleitet. In der zweiten Stufe wird das Wasser mit Ozon desinfiziert, wobei das Ozon aus Umgebungsluft direkt im Wasserwerk erzeugt wird. Die dritte und letzte Stufe ist ein Sandfilter, der 2005 zu einem Mehrschichtfilter umgerüstet wurde. Geringe Zugaben von Eisen-III-Chlorid verbessern das Filtrationsergebnis. Das Bodenseewasser ist qualitativ jedoch so gut, dass die Zugabe um den Faktor 200 geringer ausfallen kann als üblich.

Nachdem das Rohwasser durch eine 700 m in den See reichende Leitung entnommen und über Mikrosiebe geleitet wurde, wird es mit Ozon desinfiziert, wobei das Ozon aus Umgebungsluft direkt im Wasserwerk erzeugt wird. Modulare Busklemmen ersetzen teure I/O-Karten
Relativ einfach und kostengünstig wäre es gewesen, lediglich die Intelligenz der Anlage auszutauschen. Das war zunächst auch so überlegt worden. Ein Wechsel wäre unkritisch und der Rückbau auf die alten CPUs einfach gewesen. „Da wir eine zukunftsweisende Lösung wollten, kam eigentlich nur eine offene Anlagenarchitektur in Frage, die wir in der offenen und modularen Busklemmentechnik fanden“, umreißt Wolfgang Treib die Vorgaben aus dem Pflichtenheft. „Das hielten und halten wir für die wirtschaftlichste Lösung.“ Und Treib kann das auch in der Praxis begründen: „Für das Geld, das wir vor 20 Jahren für eine E/A-Karte ausgeben mussten, bekommen wir heute mehrere Industrie-PCs samt Busklemmen.“ Allzu viel Kapital werde nicht gebunden, wenn man ein paar Busklemmen im Lager vorhalte.

Auf keinen Fall durfte das neue Automatisierungssystem proprietär sein und serielle Busprotokolle verwenden. „In erster Linie sollte durch die Art und Struktur der neuen Steuerung die Verfügbarkeit der Anlage verbessert werden. Durch die Wahl des Industrie-PC-Systems sind wir viel freier in der Gestaltung der Anwendungen und auch die Handhabung bei der Anbindung von Subsystemen ist durch die jetzige Struktur sehr viel einfacher geworden“, erläutert Wolfgang Fettke: „Die Entscheidung für das Beckhoff-System hat uns deutliche Vorteile gebracht, denn zur feinfühligen, bedarfsgerechten Steuerung gehören einfach viele Detailinformationen von allen möglichen Stellen im Werk. Diese Informationen liefern ganz unterschiedliche Sensoren. Außerdem lassen sich Messsysteme, die ein IP-fähiges Protokoll, wie Modbus TCP, liefern, ganz leicht integrieren.“

Steuerungsumbau bei laufendem Betrieb
Parallel zum bestehenden Prozess hat man das neue Steuerungssystem auf Beckhoff-Basis aufgebaut und mit den beiden Industrie-PCs verbunden. Einer dieser Industrie-PCs arbeitet als Master, ein zweiter steht als „Cold Standby“ zur Verfügung. Beide sind mit einem eigenen Switch zur Prozessanbindung ausgestattet. „Neuralgische Punkte des Systems“, so hält Wolfgang Treib fest, „sind mit Embedded-PCs ausgerüstet.“ Sollte es erforderlich sein, können diese Anlagenteile autark betrieben werden, um die Verfügbarkeit der Anlage sicherzustellen. Für die Anbindung der Bedienpanels an die Steuerung wird Modbus TCP verwendet.

Der Umbau geschah während des laufenden Betriebes. Erleichtert wurde die Umstellung durch die Anlagenstruktur: So gibt es beim Wasserwerk Konstanz drei „Versorgungsstraßen“, wie man die einzelnen Abschnitte nennt. Dabei kann jeder Abschnitt einer Stufe mit einem Abschnitt der nächsten Stufe arbeiten, beispielsweise Mikrofilter 1 mit Ozonierung 2. Diese Variabilität muss in der Steuerung abgebildet sein. Jeweils eine der drei Straßen wurde auf die Beckhoff- Technik umgerüstet, während die anderen beiden die Versorgung sicherstellten. Wo dezentral bedient werden muss, sind insgesamt sechs Panel-PCs im Einsatz. Eine Bedienung „so einfach wie möglich“ wünschten sich die Konstanzer. Über die Panel-PCs können – per Touchscreen-Bedienung – der Prozess gesteuert und die Ist- und Sollwerte kontrolliert werden. Wolfgang Treib ist sich sicher, dass das Bedienpersonal die neue Technik schnell annehmen wird: „Wir haben eine HMI-Schnittstelle, die uns vor Ort eine Bedienung der Luxusklasse erlaubt.“ Signale zum Leitsystem der Stadtwerke laufen über das IEC 60870 5 104- Fernwirkprotokoll. Rund 1.600 Datenpunkte werden hier übermittelt. Bei der Umstellung wurden nach und nach die jeweiligen Stationsadressen geändert und die passenden Parameter eingestellt. Diese Daten auf das Beckhoff-System umzuschreiben, sei technisch kein Problem gewesen, sagt Wolfgang Treib: „Das war allenfalls eine Fleißarbeit.“

Direkt an die Steuerung anreihbare Busklemmen unterstützen den Anschluss aller gängigen Sensoren und Aktoren zur Erfassung aller Parameter.Durchgängiges System
Ein in Jahrzehnten gewachsenes Sensorgefüge, wie bei einem Wasserwerk, könnte sich bei einer Umstellung als spannend erweisen. „An der Sensorik haben wir nichts geändert“, sagt Wolfgang Treib. Die durchaus unterschiedlichen Signale, seien es 0…10 V, 4 bis 20 mA oder digitale Ausgänge, sind jetzt alle einheitlich „verdrahtet“. Wo immer Prozessdaten anfallen, die für den Betrieb wichtig sind, wurde ein Buskoppler installiert. Dank der Busklemmentechnik hat man ein wirklich durchgängiges System. Da für die Busklemmen die Art des Eingangssignals ziemlich unerheblich ist, konnten die meisten Signale 1:1 übernommen werden. „Nur an wenigen Stellen mussten Trennverstärker installiert oder Messsignale gedoppelt werden“, erinnert sich Dieter Völkle, zuständiger Vertriebsmitarbeiter in der Beckhoff-Niederlassung in Balingen. „Das war eher der Redundanz geschuldet als der Funktion selbst.“ Erweiterungen sind durchaus denkbar – und denkbar einfach zu realisieren. Denn das offene System lässt praktisch an jeder Stelle weitere Busteilnehmer zu.

Und noch ein weiterer Vorteil der PC-basierten Steuerung schlägt zu Buche, wie Wolfgang Treib feststellt: „Der Bereitschaftsdienst muss z. B. am Wochenende nicht mehr vor Ort sein, sondern kann sich über einen PC in die Leitwarte einloggen und sich über den Zustand der Anlage informieren. Würde beispielsweise ein Mikrofilter ausfallen, gäbe es ein Signal. Der Wachhabende kann per Fernabfrage feststellen, ob ersatzweise einer der beiden anderen Mikrofilter hochgefahren ist. Ist das der Fall, spart er sich die Fahrt ins Wasserwerk. Durch das jetzige Konzept konnten wir die Bereitschaftseinsätze reduzieren – ein Nebeneffekt, auf den wir nicht abgezielt haben, den wir aber sehr begrüßen.“ Die Konstanzer erhoffen sich von der neuen Steuerung auch eine Verbesserung der Energieeffizienz. „Bei einem Verbrauch von über 2 Mio. kWh pro Jahr, wäre schon eine Einsparung von einem Prozent ein schöner, zusätzlicher Gewinn“, stellt Fettke fest.



Hintergrundwissen: Skalierbare Automatisierungstechnik als durchgängige Steuerungsplattform für den gesamten Prozess der Wasseraufbereitung

Das Produktspektrum von Beckhoff bietet, neben den I/O-Komponenten zur Erfassung aller Datenpunkte und der Automatisierungssoftware TwinCAT, ein durchgängiges, skalierbares und modulares Steuerungssystem, das für jede Aufgabenstellung, bezüglich Rechenleistung, Komplexität und Kosten, eine passende Lösung bietet. Die hutschienenmontierbaren Beckhoff Embedded-Controller mit direktem I/O-Interface decken durch ihr breites Leistungsspektrum alle Steuerungsaufgaben vom mittleren bis zum obersten Segment ab. Dabei bauen die Geräte kompakt, sind platz- und kostensparend und darüber hinaus modular und flexibel. Die noch leistungsstärkeren Beckhoff-Industrie-PCs sind als zentrale Steuerung einer Großanlage einsetzbar. Das modulare I/O-System besteht aus elektronischen Reihenklemmen zur direkten Sensor-/Aktorverdrahtung und einem Buskoppler zur Anbindung an das jeweilige Bussystem. Mit über 400 Signalarten lassen sich alle Sensoren und Aktoren ankoppeln.

Effizientes Wassermanagement setzt den schnellen und präzisen Zugriff und die Verarbeitung einer Fülle von Prozessdaten voraus. Hierfür ist die Serie der Beckhoff Embedded-PCs optimal geeignet: Die angereihten Busklemmen unterstützen den Anschluss aller gängigen Sensoren und Aktoren zur präzisen Erfassung der verschiedenen Prozessparameter, wie Füllstände, Temperaturen, Volumenstrom, ph-Wert, Sauerstoff- oder Stickstoffgehalt usw., an den verschiedenen Wasseraufbereitungsstationen. Die kompakten Embedded-Controller verfügen über ausreichende Performance zur Steuerung der dezentralen Außenstationen eines Klärwerkes. Neben der Regelungstechnik übernehmen sie auch die Datenhaltung und -verarbeitung sowie die Visualisierung vor Ort. Die Skalierbarkeit und Modularität der PC-basierten Steuerung gibt dem Betreiber die Möglichkeit, seine Anlage auf die vielfältigen bzw. wechselnden Anforderungen zu adaptieren, ohne jedes Mal hohe Implementierungskosten und Zeitaufwand in Kauf nehmen zu müssen.

 

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