Ein Interview mit Martina Jochmann, Energiecomfort.
2011 erreichte die Energiecomfort, ein Tochterunternehmen der Wien Energie, erstmals einen Jahresumsatz von 50 Millionen Euro. Geschäftsführerin Martina Jochmann zieht über veränderte Anforderungen in Zeiten des Klimawandels Bilanz.
(+) plus: Die Energiecomfort ist seit mehr als 30 Jahren im Energiemanagement aktiv. In diese Zeitspanne fiel die Liberalisierung der Energiemärkte, die erneuerbaren Energien boomen. Was hat sich für Sie als Dienstleister dadurch verändert?
Martina Jochmann: Unser erstes Standbein waren dezentrale Wärmeversorgungsanlagen. Durch den Klimawandel und das Bestreben, Energie einzusparen, hat dieses Thema wieder stark an Bedeutung gewonnen – auch weil es die Möglichkeit bietet, neue Technologien in Kombination mit erneuerbaren Energien einzusetzen. Wir leben in einem Breitengrad, wo Sonnenenergie grundsätzlich nicht zur Beheizung von Häusern ausreicht, aber zur Warmwasserbereitung macht das durchaus Sinn. Im Fall von Kesselhäusern kann man zum Beispiel auf den umweltfreundlichen, erneuerbaren Brennstoff Pellets umsteigen. Aus den Erfahrungen mit unseren Biomassewerken haben wir eigene Regelungstechniken entwickelt, die zu besseren Wirkungsgraden führen. Immer präsenter werden auch Wärmepumpen, für die man Erdwärme oder Grundwasser nützt. Im Kaufhaus Tyrol, das wir gemeinsam mit den Innsbrucker Kommunalbetrieben betreuen, wird das Wasser des Inns zur Unterstützung der Heizung bzw. der Lüftung verwendet.
(+) plus: Spätestens seit der Wirtschaftskrise versuchen die Unternehmen, Kosten zu minimieren. Wie viel kann durch Energie Contracting eingespart werden?
Jochmann: Gut 20 % der jährlichen Energiekosten. Große Investitionen sind dafür nicht immer notwendig. Oft reichen schon regelungstechnische Maßnahmen, um gleich eine Einsparung zu lukrieren. Aber Energiesparen muss man auch wollen, es erfordert ein Umdenken im Nutzerverhalten. Das individuelle Wärmeempfinden ist sicher unterschiedlich, aber eine Raumtemperatur von 25 Grad ist nicht unbedingt notwendig. Gerade bei Büroimmobilien kann ein Unternehmer steuernd eingreifen.
(+) plus: Welchen Vorteil hat die Auslagerung von Energiedienstleistungen – abgesehen von der Kostenreduktion?
Jochmann: Die Unternehmen können sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. Die technischen Anforderungen einer Büroimmobilie sind ja heute um einiges komplexer als noch vor einigen Jahren. Früher hatte man eine Heizungsanlage – und das war’s. Inzwischen gibt es auch im Wohnbereich Klima- und Lüftungsanlagen. Die warme Abluft wird zur Aufheizung der Frischluft verwendet. Die Luftqualität muss passen, die Luftmengen müssen ständig bewegt werden. Das erfordert erheblichen Aufwand und technisches Know-how.
(+) plus: Wie kann man alte Anlagen optimieren?
Jochmann: Zunächst ist zu prüfen, ob man an den bestehenden Anlagen etwas ändern kann: Ist die Anlage hydraulisch richtig reguliert? Stimmen die Wassermengen, die da durchs Haus geschickt werden? Sind der Vorlauf und der Rücklauf optimal? Wenn die Anlage zu veraltet ist, muss man natürlich Investitionen tätigen, die sich aber über die Einsparungen refinanzieren. Häufig wird auf Brennwertkessel umgestellt, um auch die Abluft noch einmal zu verwenden. Als dritten Schritt kann man sich die Bauphysik anschauen. Das ist nicht unser Kerngeschäft, aber wir werden uns in Zukunft damit intensiver beschäftigen. Bei der Wärmedämmung kann man sehr viel machen.
(+) plus: Mit Facility Management betreiben Sie ein weiteres Geschäftsfeld. Wie ergänzen sich die beiden Bereiche?
Jochmann: Natürlich ergeben sich Synergien. Wir sind das einzige Unternehmen in Österreich, das Wärmeversorgung und Facility Management anbietet. Beim Facility Management liegen wir bereits an dritter Stelle. Vor kurzem haben wir die Ausschreibung für die Betriebsführung der Nicht-Kern-Objekte des Flughafen Wien gewonnen. Seit 1. Jänner betreuen wir dort 600.000 m² und sind für Wartung, Instandhaltung und Störmanagement verantwortlich. Von den Pflegewohnhäusern, für die wir 2009 den Zuschlag bekommen haben, sind schon drei in Betrieb. Das nächste Projekt, das wir anstreben, ist das Krankenhaus Nord – dafür werden wir uns sehr anstrengen.