Möbelzustellungen mit Wasserstoff, saisonale Speicherung von Spitzenstrom, die Substitution von klimaschädlichen Gasen und Forschungsprojekte für die emissionsneutrale Nutzung von Gas – aktuelle Vorzeigeprojekte und Umsetzungen in Österreich.
Strom für Elektrolyseur
Die OMV plant Investitionen von rund fünf Milliarden Euro bis zum Jahr 2030 in Projekte wie kohlenstoffarme Geothermie, Kohlenstoffabscheidung und -speicherung und Lösungen für erneuerbare Energien. Mit dem Bau der größten Elektrolyse-Anlage Österreichs soll am Standort der Raffinerie Schwechat nun im ersten Halbjahr 2024 die jährliche Produktion von bis zu 1.500 Tonnen grünem Wasserstoff stufenweise hochgefahren werden. Produziert wird über ein PEM-Verfahren (»Proton Exchange Membrane« oder auch »Polymer Electrolyt Membrane«) mit 10 MW Leistung. Eine erste Stromlieferung für die Elektrolyse wurde bereits 2022 mit einem langfristigen privatwirtschaftlichen Vertrag (»Power Purchase Agreement«) bei dem Windkraftbetreiber W.E.B abgesichert. Im April 2023 wurde eine 5,6-MW-Anlage in Velm-Götzendorf im Weinviertel in Betrieb genommen. Deren Stromertrag geht direkt an die OMV. Der Windstrom der Anlage wird rund ein Fünftel des notwendigen erneuerbaren Stroms für den Elektrolyseur decken.
(Foto: W.E.B.)
Fakten:
Unternehmen: OMV, W.E.B
Projekt: Errichtung und Betrieb eines Elektrolyseurs für grünen Wasserstoff für die Hydrierung von biobasierten und fossilen Kraftstoffen. Die Substitution von grauem Wasserstoff in der Raffinerie Schwechat bringt eine Reduktion von bis zu 15.000 Tonnen CO2 pro Jahr.
Hintergrund: Die OMV plant auch bereits größere Anlagen zur Produktion von grünem Wasserstoff, so die Errichtung einer 100-MW-Elektrolyse-Anlage. Gemeinsam mit Daimler Truck, Iveco, Shell und Volvo soll in der Interessengemeinschaft »H2Accelerate« das Thema wasserstoffbetriebene Lkw europaweit vorangetrieben werden.
Umgewidmete Leitungen
Klimaneutraler Wasserstoff kann einen Beitrag liefern, um bis 2050 das angestrebte Netto-Null-Ziel Europas bei Treibhausgasen zu erreichen. Der Wasserstoff soll dabei über Leitungen, die bisher für Erdgas genutzt werden, zu den Verbraucher*innen gelangen. Ein Konsortium unter der Leitung der Energienetze Steiermark will bis 2025 mit dem Projekt »HyGrid2« offene Fragen beantworten, die eine Leitungsumwidmung ermöglichen sollen. Dazu zählen die Inspektion und Reinigung der Pipelines, die Qualität des transportierten Wasserstoffs, sowie die Verträglichkeit von Komponenten und Materialien. Im Zuge dessen wird der erste österreichische Erdgas-Stahlleitungsabschnitt für den Wasserstofftransport umgewidmet und zu einer Demonstrationsanlage ausgebaut. Das Verfahren zur Gefährdungsanalyse ist nahezu finalisiert, im März erfolgt die Einreichung. Der Bau des Demonstrators soll planmäßig im Sommer beginnen. Die ehemalige Erdgasleitung wird dann mit reinem Wasserstoff unter realen Bedingungen betrieben, um Erkenntnisse für die Praxis zu gewinnen.
(Foto: Linz AG/Fotokerschi)
Fakten:
Unternehmen: Bilfinger Industrial Services, ÖVGW, DBI Gas- und Umwelttechnik, Energienetze Steiermark, Materials Center Leoben, HyCentA, Montanuni Leoben, WIVA P&G
Projekt: Mit den Ergebnissen des Pipeline-Demonstrators soll ein Leitfaden für die erfolgreiche Umwidmung von Erdgasleitungen erstellt werden.
Herausforderung: Beim Transport von Wasserstoff durch Erdgasleitungen kann es zu einer »Versprödung« kommen, einer Diffusion und Auflösung von Wasserstoff in der Mikrostruktur von Metallrohren. Das führt mit der Zeit zu einer Schädigung der Leitungen und damit zu Leckagen.
Emissionsfrei heißt auf schwedisch »utsläppsfri«
Seit zwei Jahren beliefert IKEA in Österreich einen Großteil seiner Kund*innen im urbanen Bereich elektrisch. Seit Herbst 2023 erfolgt die emissionsfreie Lieferung zusätzlich mit wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen. Ziel sind vollständig emissionsfreie Lieferungen »auf der letzten Meile« im ganzen Land bis 2025. Österreich ist der erste Marktplatz des schwedischen Konzerns, in dem Wasserstofftrucks zum Einsatz kommen. Die Trucks wurden in Zusammenarbeit mit dem deutschen Lösungsanbieter Quantron AG auf Wasserstoff-Brennstoffzellen-Technologie umgerüstet und schaffen eine Reichweite von 400 Kilometern. Der QLI FCEV (»Fuel Cell Electric Vehicle«) ist das erste Wasserstoff-Fahrzeug im Segment der Brennstoffzellen-Nutzfahrzeuge bis 7,5 t in Europa.
(Foto: IKEA)
Um die Fahrzeuge zu betreiben, setzt IKEA auf Gas, das auf klimafreundliche Weise gewonnen wird. Strategischer Partner ist Wien Energie mit einer Tankstelle im Bezirk Floridsdorf. Der grüne Wasserstoff wird in einer Elektrolyseanlage von Mpreis in Tirol erzeugt und geliefert – es ist die erste Anlage dieser Art, die in Österreich errichtet worden ist. Bereits jetzt spart IKEA durch den Einsatz seiner E-Trucks im städtischen Bereich rund 450 Tonnen CO2 pro Jahr ein. Mit dem flächendeckenden Einsatz von emissionsfreien Transporttechnologien wie der Wasserstoff-Brennstoffzellen-Technologie sollen jährlich weitere 1.500 Tonnen CO2 eingespart werden.
Fakten:
Unternehmen: IKEA, Quantron, Wien Energie
Projekt: IKEA hat in Österreich bereits 56 vollelektrische Transporter »QLI BEV« im Einsatz. Diese Flotte wird nun um fünf Wasserstoff-Fahrzeuge erweitert.
Besonderheit: Der Lkw »QLI FCEV« basiert auf dem Iveco Daily. Der kanadische Hersteller Ballard Power Systems liefert die 45-kW-Brennstoffzellen.
Versorgung der Stadt
Die Energiewende benötigt neben dem Ausbau der Erneuerbaren auch die Speichermöglichkeit von Spitzenstrom für eine spätere Nutzung. Auch ein rascher »Wasserstoffhochlauf« und der Ausbau eines Marktes rund um den Energieträger sollen künftig Sonnen- und Windstrom der Sommermonate speicherbar für die Wintersaison machen. Expert*innen gehen bis 2030 vom Bedarf des saisonalen Energietransfers von 10 TWh pro Jahr aus. In dem europäischen Projekt EUH2STARS zeigt Konsortialführer RAG Austria AG gemeinsam mit der Linz AG, der AGGM Austrian Gas Grid Management AG, Axiom und dem Energieinstitut der JKU Linz erstmals, wie Ballungsräume ganzjährig die Sommersonne im Winter in Form von grüner Wärme und Strom nutzen können. Das Projekt ist auch ein Baustein für die Stadt Linz, die Fernwärmeversorgung bis 2040 von derzeit bereits 40 Prozent auf 100 Prozent erneuerbare Quellen auszubauen. Untersucht wird dazu nun die Anbindung an Wasserstoffspeicher und die technische Anbindung des Fernheizkraftwerks Linz-Süd sowie der vorgelagerten Infrastruktur, wie beispielsweise die Zuleitungen. Ebenso sollen notwendige Anpassungen im Kraftwerkslayout analysiert werden.
(Foto: Energienetze Steiermark)
Die AGGM verantwortet als Markt- und Verteilergebietsmanager die Planung der Gasinfrastruktur in Österreich. Mit der geplanten Umwidmung von rund 1.400 km bestehender Gasleitungen für den Transport von Wasserstoff und dem Zubau von rund 300 km neuen Wasserstoffleitungen kann parallel zum Methannetz ein leistungsfähiges Kernnetz in Österreich aufgebaut werden, so die AGGM.
Fakten:
Unternehmen: RAG Austria, Linz AG, AGGM, Axiom, JKU Linz
Projekt: In EUH2STARS werden die Möglichkeiten der Skalierung großvolumiger unterirdischer Speicher von Wasserstoff untersucht. Eine Grundlage bilden die Erfahrungen aus den ersten Wasserstoffspeicher-Projekten der RAG Austria in Oberösterreich.
Hintergrund: Eine „H2-Roadmap für Österreich“ sieht eine Nachrüstung der Gasinfrastruktur in Österreich bis 2050 vor. Ein Baustein dieses Plans sind die Umwidmung und Neubau von Gasleitungen, insbesondere der West Austria Gasleitung (WAG) und Trans Austria Gasleitung (TAG) bis 2030.
Erneuerbares Gas im Netz: Die Plattform inGRID zeigt Einspeisepunkte für erneuerbare Gase ins österreichische Netz und erleichtert die Standortplanung für Biomethan-Produzenten.