Im Kraftwerk Donaustadt stellen sich die Weichen für den Einsatz von Wasserstoff in Gaskraftwerken. Ob sich das Gemeinschaftswerk von Wien Energie, RheinEnergie, Siemens Energy und Verbund als zukunftsträchtig erweist, wird sich im Testlauf erweisen.
Grüner Wasserstoff gilt als ein Schlüssel-Energieträger auf dem Weg zur Klimaneutralität. Expert*innen rechnen mit einem allmählichen Markthochlauf ab Anfang der Dreißigerjahre. Diese Woche startete der erste Betriebsversuch in einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage von Wien Energie, dem Kraftwerk Donaustadt. Dort mischen die Projektpartner erstmals Wasserstoff dem normalerweise eingesetzten Energieträger Erdgas bei. Dieser Versuch ist der weltweit erste dieser Art - an einer kommerziell genutzten Gas-und-Dampfturbinen-Anlage dieser Leistungsklasse. Das Ziel ist, wichtige Forschungserkenntnisse für die Umstellung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen auf grüne Gase gewinnen.
Die Bedeutung dieses Experiments jedoch geht weit über die Projektpartner hinaus: Von dem im Kraftwerk Donaustadt eingesetzten Gasturbinenmodell sind allein in Europa über 115 Anlagen im Einsatz - ein Modell für die europäische Zukunft? In jedem Fall für Wien, ist Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke überzeugt: „Wir werden auch in Zukunft flexible Energieerzeugungsarten brauchen. Mit dem Versuch kommen wir dem grünen Kraftwerk hier in Wien einen großen Schritt näher.“ „Der weltweit erste Wasserstoff-Betriebsversuch bei uns im Kraftwerk Donaustadt ist ein besonderer Meilenstein, um künftig grüne Gase in großen Kraftwerken einzusetzen. Mit unserer länderübergreifenden Kooperation setzen wir entscheidende Impulse für die Energiewende in ganz Europa“bekräftigt Michael Strebl, Vorsitzender der Wien Energie-Geschäftsführung.
Zu 15 Prozent Wasserstoff
Rund 10 Millionen Euro haben die Projektpartner in das Projekt investiert, Förderungen vom Klima- und Energiefonds wurden beantragt. Von Mitte Juli bis Mitte September werden an mehreren Testtagen unterschiedliche Mengen an Wasserstoff beigemischt. Beginnend bei 5 Volumenprozent, wird der Wasserstoff-Anteil im Rahmen des Versuchs auf bis zu 15 Prozent erhöht. In einem Nachfolge-Projekt ist eine Steigerung des Anteils auf rund 30 Volumenprozent geplant. Ist der Versuch erfolgreich, soll die Anlage für den Dauerbetrieb zertifiziert werden. Schon bei 15 Volumenprozent Beimischung von grünem Wasserstoff im Kraftwerk Donaustadt würden jedes Jahr rund 33.000 Tonnen CO2 eingespart werden.
Der Umbau der Turbine war der erste Meilenstein des Projekts. Die Gasturbine selbst ist damit bereit für die Beimengung von Wasserstoff. (Foto: Wien Energie/ Johannes Zinner)
Wichtige Erkenntnisse für Energiezukunft erhofft
Der Betriebsversuch wird an einer Gasturbine vom Typ SGT5-4000F vorgenommen. Der Plan dafür steht seit 2021, im Sommer 2022 wurde die Gasturbine in Wien für den Betriebsversuch umgerüstet. „Der Turbinentyp, der bei diesem Versuch zum Einsatz kommt, ist besonders weit verbreitet“, erklärt Aleš Prešern, Geschäftsführer von Siemens Energy Austria. „Wir sind überzeugt, dass der Wasserstoff-Einsatz in unseren Turbinen ein wichtiger Schlüssel zur Bekämpfung des Klimawandels ist.“
Die beteiligten Unternehmen erwarten sich Daten zur Effizienz und den Emissionen der Wasserstoffmitverbrennung - hoch relevant für die Weiterentwicklung der wasserstofffähigen Gasturbinen- und Kraftwerksinfrastrukturen. Die Expert*innen der Kooperationspartner werten die Ergebnisse bis Anfang 2024 gemeinsam aus und treffen daraus Folgerungen für die weitere Anpassung an neue künftige grüne Energieträger.
„Mit innovativen Ansätzen gelingt uns die Energiewende. Gemeinsam testen und forschen wir hier an einer neuen und klimaneutralen Art, unsere Kraftwerke zu betreiben“, so Verbund Thermal Power Geschäftsführer Robert Koubek. Andreas Feicht, Vorstandsvorsitzender der RheinEnergie, einem großen regionalen Stadtwerk mit Sitz in Köln, ergänzt: „Dekarbonisierte Wärmebereitstellung ist einer der wichtigsten Bausteine für effektiven Klimaschutz. Deswegen kooperieren wir dazu international, setzen es am Ende vor Ort um und garantieren somit für Zigtausende Menschen eine zukunftssichere Versorgung.“
Ähnliche Gasturbinen als Vorteil
Bei allen drei Unternehmen ist eine Siemens Energy-Gasturbine vom Typ SGT5-4000F im Einsatz und damit glücklicherweise nahezu baugleich. Je nach Bedarf erzeugen sie Strom und Wärme, die in Fernwärmenetze eingespeist werden kann, und sind agil einsetzbar. So gleichen die Turbinen beispielsweise Schwankungen im Stromnetz aus, die bei der Erzeugung von Wind- und Sonnenstrom zwangsläufig entstehen. Kaum ein anderer Kraftwerkstyp ist so flexibel.
Dieser Anlagentypus trägt die Hauptlast der Versorgung am österreichischen Strommarkt, besonders in Wien. In Europa sind mehr als 115 Gasturbinen dieser Klasse in Betrieb.