Photovoltaik im Gewerbe - zum Beispiel Aufdach-Anlagen - soll zur Energiewende in Österreich beitragen. Für die Umsetzung sorgen Expert*innen wie Renate Steger, Geschäftsführerin Suntastic.Solar Contracting. »Das Thema kommt gut an«, meint sie, es fehle aber an Transparenz seitens der Netzbetreiber - und an Netzzugängen.
Fehlende Gesetzesbeschlüsse in Österreich für den raschen Umbau unseres Wirtschaftssystems, die Leistbarkeit von Energie und prinzipiell eine angespannte Wirtschaftslage: Wie optimistisch sind Sie, dass wir die gesetzten Klimaziele schaffen?
Renate Steger: Bei der aktuell viel zu geringen Ausbaurate der Erneuerbaren für die geforderten CO2-Reduktionen fürchte ich, dass es eher darum gehen wird, künftige Strafzahlungen so gering wie möglich zu halten. Unterm Strich ist Österreich im Strombereich vergleichsweise gut in Richtung der Klimaziele unterwegs. Wesentliche Faktoren sind aber der Verkehr und der Wärmesektor wie zum Beispiel Sanierungen im Wohnbau.
PV war in den vergangenen Jahren vor allem ein Thema im Haushaltsbereich. Wie schaut die Entwicklung dazu bei Gewerbekunden aus – und wie sind Ihre Erwartungen dazu?
Steger: Wir sind mit den Ausbauzielen für Österreich heuer ganz gut im Plan. Trotzdem sehen wir bei Contracting-Projekten, aber auch im Handel, dass Projekte aufgrund fehlender Netzzugangsmöglichkeiten redimensioniert oder sogar abgesagt werden müssen. Zum Teil lohnt sich aufgrund der Erfahrung mit Anfragen beim Netzbetreiber nicht einmal mehr die Planung in bestimmten Regionen. So wissen wir, dass wir Netzanschlüsse beispielsweise im Bezirk Hollabrunn oder im Bezirk Gänserndorf gar nicht mehr anfragen brauchen – da wir uns stets nur Absagen einholen.
An Standorten mit hohem Eigenverbrauch vor Ort kann das trotzdem funktionieren, viele Interessent*innen aber – etwa mit einer Maschinenhalle, einer Lagerhalle oder einem Stadl, die sich für PV-Flächen eignen würden – würden den erzeugten Strom gerne einspeisen. Die Netze stellen vielerorts die große Hürde für den gewerblichen Ausbau der Erneuerbaren dar – das betrifft auch nicht nur die PV.
Der Netzzugang ist für größere Anlagen ein Problem?
Steger: Bei Anlagen in Haushaltsgrößen funktioniert die Zusammenarbeit mit dem Netzbetreiber in der Regel gut. Bei größeren Projekten ist das nicht der Fall. Ein Paradebeispiel ist eine aktuelle Einreichung einer 15-MW-Aufdachanalge – der Energiebedarf des Unternehmens vor Ort wäre groß genug. Die Antwort des Netzbetreibers war dann, lediglich rund 100 kW einspeisen zu können. Die fehlende Netzkapazität in Österreich bedeutet für uns, Projekt für Projekt MWp an möglicher PV-Erzeugung zu verlieren.
Sind Speicherlösungen bereits ein Teil der Lösung, um Erzeugungsspitzen abzufedern?
Steger: Die Hoffnung ist hier allgemein groß, doch sind aktuelle Speicher auf die Kilowattstunde bezogen noch nicht wirtschaftlich genug. Bei einer kürzlichen Berechnung eines 50-kW-Speichers sind wir auf 25 Cent Kosten für die Kilowattstunde gekommen. Das ist immer noch sehr viel. Aber es wird sicherlich eine weitere Preisentwicklung nach unten geben, wenn man den Herstellermarkt in China beobachtet. Sowohl die Kosten als auch die Performance werden in den kommenden Jahren besser – ähnlich wie es auch bei Fahrzeug-Akkus der Fall ist.
Aus welchen Beweggründen setzen gewerbliche Kunden auf eine Eigenversorgung?
Steger: Das ist unterschiedlich. Bei Landwirt*innen zum Beispiel steht bei einer Aufdachanlage und einem Speicher bei einem Wirtschaftsgebäude nicht unbedingt eine schnelle Amortisation an erster Stelle. Es ist vielmehr oft der Wunsch, unabhängiger zu sein. Im Contracting oder generell bei größeren Anlagen bleibt klar die Wirtschaftlichkeit das Hauptargument für die Entscheidung zu einem Projekt.
Wenn Sie einen Wunsch an die Branche frei hätten, was benötigen wir für den raschen PV-Ausbau besonders dringend?
Steger: Es würde schon mehr Transparenz helfen. Wenn Planer*innen und Errichter die Netzkapazitäten bis runter auf Ebene der Trafos nachlesen könnten, würden wir uns viel Arbeit, die ins Leere geht, ersparen. Auch Einreichungen könnten so besser abgestimmt werden. Von dieser Datenverfügbarkeit hätten alle etwas davon – auch die Netzbetreiber. Ich würde einmal naiv behaupten, dass in Österreich nur mit dem Ausbau der Netze die Energiewende gelingen kann. Wenn die Betreiber besser die Nachfrage an den unterschiedlichen Netzpunkten kennen, könnten auch sie besser steuern und zielgerichteter ausbauen.
Wie sieht ein typisches Contracting-Projekt in der Praxis aus?
Steger: Wir bieten hier zwei Modelle an. Zum einen geben wir dem Contracting-Partner eine Pacht für Dach- oder Freiflächen, die wir nutzen. Verdient Suntastic.Solar aufgrund der Volatilität des Strommarktes mehr daran, teilen wir den Gewinn mit dem Pächter – wir brauchen einen gewissen Centbetrag pro Kilowattstunde, aber auch er soll etwas davon haben.
Wenn auch ein Eigenbedarf gegeben ist, erhält der Kunde im zweiten Modell den günstigen Strom aus der Anlage, der Rest wird eingespeist. Hier arbeiten wir mit einem fixen Strompreis, der sich in unserer Kalkulation für Wartungs- und Servicearbeiten in den Jahren nach der Errichtung am Verbraucherpreisindex (VPI) orientiert. Alles andere ist viel zu kompliziert. Die Kund*innen wollen es einfach haben. Übliche Laufzeiten sind 20 bis 25 Jahre, wir bieten aber jederzeit die Möglichkeit, eine Anlage um den buchhaltärischen Restwert zu kaufen. Das wird sehr transparent gehandhabt. Man kennt die Kosten bei der Errichtung, aber auch den Wert einer Anlage beispielsweise im Jahr 17.
Wir haben aus unserer Partnerlandschaft heraus einen Schwerpunkt im Osten Österreichs, sind damit aber in ganz Österreich tätig. Projekte werden zum größten Teil mit unseren Kunden aus der Elektrobranche umgesetzt. Der lokale Elektriker übernimmt stets die AC-Seite am Anlagenstandort und vermittelt an uns auch Unternehmen, die vielleicht nur eine Fläche zur Verfügung stellen oder auch einfach nicht die Investitionssumme selbst aufbringen wollen. Die Dichte der produzierenden Betriebe mit entsprechenden großen Hallen ist auch in Ostösterreich höher als im Westen.
Ist die durchschnittliche gewerbliche Halle baulich für eine Aufdachanlage geeignet?
Steger: In der Regel ja. Und je weniger Störflächen am Dach wie etwa Lichtkuppeln vorhanden sind, desto besser. Hallen, insbesondere von produzierenden Unternehmen, eignen sich oft auch aus netztechnischer Sicht gut. Jemand mit einer Produktion hat meist bereits eine große Bezugsleistung und mit den Leitungen die physikalische Möglichkeit auch für Einspeisungen. Ein Idealfall. Über den Tag wird der produzierte Strom selbst verbraucht, dann geht es nur noch um die Verwertung des PV-Stroms am Wochenende. In einem ersten Energiegemeinschafts-Modell, das wir gerade umsetzen, versorgt ein Gewerbetreibender die Gastwirte im Ort mit dem überschüssigen Strom am Sonntag.
Weitere Contracting-Kunden sind auch Immobilienentwickler, die so zusätzliche Einnahmen über die Vermietung von Dachflächen auf Bürogebäuden lukrieren. Mitunter geht die Anlage auch später vertraglich in einen Eigentum über, wenn der Betreiber eines Gebäudes selbst Endkunden für die Abnahme des erzeugten Stroms hat – beispielsweise ein Supermarkt im Erdgeschoß. Auch das kann in Richtung Energiegemeinschaft gehen und wir sehen selbst, dass sich die Menschen dafür interessieren. Mehr und mehr sind die Kund*innen bei Erstgesprächen zu unseren Contracting-Angeboten gut vorinformiert. Das Thema kommt gut an.
Wo stehen Sie hier aktuell in der Umsetzung im Contracting-Geschäft?
Steger: Insgesamt läuft das Contracting-Geschäft sehr gut, wir sind damit aber erst im Juni des Vorjahres gestartet. Bislang wurden vier Projekte umgesetzt, was auch mit der Dauer zusammenhängt, bis ein Netzzugang bewilligt wird. Durchschnittlich waren das Wartezeiten für Netzanfragen von acht Monaten.
Unser Ziel ist, jedes Monat ein weitere Anlage zu bauen. Aktuell haben wir 20 Projekte mit Kunden durchgesprochen und geplant – und warten nur noch auf die Antwort der Netzbetreiber. Wir informieren unsere Kund*innen, dass das einfach die große Unbekannte bei den Projekten ist.