Welche Bedeutung haben Großanlagen in der PV heute? Welche Einschätzungen gibt es dazu für die nächsten Jahre? Der Energie Report hat nachgefragt. Update: Statement suntastic.solar
Titelbild: Mit einer Freiflächen-PV-Anlage auf einer ehemaligen Deponie hat die Lenzing Gruppe weitere eigene Stromerzeugung im Oktober 2022 in Betrieb genommen. (Credit: Verbund)
Historisch bedingt ist der Anteil von Photovoltaik-Großanlagen (der Verband PV Austria spricht von Projekten größer als fünf Megawatt Leistung) äußerst gering. »Das Bewusstsein, dass es neben den vielen kleinen PV-Anlagen auch große PV-Kraftwerke braucht, gibt es erst seit kurzem«, erinnert PVA-Geschäftsführerin Vera Immitzer. So gab es in der Vergangenheit in Österreich keine Förderungen für Anlagen, die mehr als 0,2 MW umfassten.
Mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz sind seit 2015 wieder Förderungen von größeren Projekten und Anlagen auf Freiflächen möglich. Immitzer blickt dennoch sorgenvoll in die Zukunft: »Abgesehen von der faktischen Notwendigkeit von Großanlagen hängt die Entwicklung zum größten Teil von den Bundesländern ab, die Flächen für diese Anlagen zur Verfügung stellen müssen. Wenn es danach geht, sind keine großen Entwicklungen zu erwarten«. Dies sei »äußerst problematisch«. Denn Österreich würde so »nie von den fossilen Energieträgern wegkommen«.
Doch warum sind großflächige Anlagen wichtig? Welche Herausforderungen sieht die Branche im Vergleich zu kleinteiligen PV-Strukturen? »Neben den tausenden kleinen Anlagen brauchen wir ganz einfach auch große PV-Kraftwerke, die Strom für die Allgemeinheit und die Industrie erzeugen«, erklärt die Expertin. Studien würden zeigen, das mit kleineren Anlagen auf den Dächern die notwendige Umstellung der Stromerzeugung nicht vollständig gelingen wird. Zudem gäbe es im zersplitterten Ausbau Probleme mit der Einspeisung von PV-Strom.
Vera Immitzer, PV Austria: »Auch Unternehmen mit großen Hallendächern rüsten nach.« (Bild: Weinwurm Fotografie)
»Während Großprojekte den Stromanschluss über das Projekt finanzieren können und müssen, ist mittlerweile sehr oft sogar bei Kleinanlagen ein Ausbau des Netzes an Ort und Stelle notwendig – der durch die private Person zu zahlen wäre. Das ist für viele nicht leistbar und die Anlage wird damit am Ende des Tages doch nicht errichtet«, berichtet Immitzer.
Neben befestigten Betriebsflächen oder Parkplätzen, sind es vor allem die brachliegenden Flächen oder geschlossene Deponien, die sich für große PV-Parks eignen. Auch Grenzertragsflächen – die beispielsweise auf Grund der Trockenheit nicht mehr nutzbar sind – könnten sich eignen. »Die besten Fläche helfen aber nichts, wenn der nächste Einspeisepunkt viele Kilometer entfernt ist – dann rentiert sich das Projekt schlicht nicht«, spricht sie davon, stets auch Kompromisse eingehen zu müssen.
Schafe zwischen Modulen
Auch für Michael Strebl, Vorsitzender der Geschäftsführung der Wien Energie, ist der Erneuerbaren-Ausbau entscheidend für den Erfolg der Energiewende. »Wien hat Dächer und wir machen sie zu Ökokraftwerken mitten in der Stadt. Klar ist aber auch: Durch die Errichtung von kleinen PV-Anlagen auf Dächern wird nicht genügend Solarenergie erzeugt werden können, um den Umbau des Energiesystems zu schaffen. Es ist daher dringend erforderlich, auch Freiflächen für die Solarstromproduktion zu nutzen.« Strebl betont, dass neben der sauberen Energiegewinnung damit auch Lebensräume für bedrohte Pflanzen- und Tierarten geschützt werden können. Wien Energie setzt hierbei auf naturverträgliche Anlagen und Doppelnutzung.
Michael Strebl, Wien Energie: »Dringend erforderlich, auch Freiflächen für die Solarstromproduktion zu nutzen.« (Bild: Wien Energie/Martina Draper)
»Bei Freiflächenanlagen muss speziell darauf geachtet werden, dass die zur Verfügung stehenden Flächen optimal genutzt werden. Dabei müssen nicht nur technische Anforderungen berücksichtigt werden, sondern auch die Umgebung und die Natur miteinbezogen und Artenvielfalt aufrechterhalten werden«, unterstreicht der Manager. PV-Freiflächenanlagen zeigt auf der Ackerfläche eine weitgehend positive Wirkung auf Flora und Fauna, das würden Studien auch an den Anlagen von Wien Energie zeigen. Die untersuchten Flächen zeigen sich nach wenigen Jahren bereits deutlich artenreicher, was sowohl die Pflanzen- als auch die Tierwelt anbelangt, als das umliegende Agrarland.
2021 hat Wien Energie beispielsweise die größte Photovoltaikanlage Wiens in Donaustadt mit einer Leistung von 11,5 MW – auf einer Fläche so groß wie der Belvedere-Garten – in Betrieb genommen. Zwischen den PV-Modulen grasen bis zu 150 Schafe und fungieren als »natürliche Rasenmäher«. Die Module bieten den Schafen im Regen Unterschlupf und im Sommer Schatten. Für große PV-Anlagen eignen sich unterschiedlichste Flächen, besonders auch vorbelastete, so Strebl weiter, etwa entlang von Autobahnen und Eisenbahnen. Auch er sieht es als essenziell, dass die benötigte Netzinfrastruktur mit entsprechenden Einspeisemöglichkeiten vor Ort vorhanden ist.
Deckung des Verbrauchs der Industrie
Auch der Verbund entwickelt Großanlagen in der PV für Unternehmenskunden. Die erste Großanlage wurde gemeinsam mit der OMV in Schönkirchen-Reyersdorf (NÖ) errichtet. Sie hat mittlerweile eine Leistung von knapp 15 MWp. Eine Partnerschaft gibt es weiters mit Lenzing, wo neben mehreren PV-Anlagen auf Dächern auch eine PV-Anlage auf einer Deponiefläche in Oberösterreich gebaut wurde. Ein weiteres Projekt ist die Errichtung eines PV-Parks auf einem Industriegrundstück am Borealis-Produktionsstandort in Schwechat, der eine Leistung von 4,7 MWp liefern wird.
Martin Wagner, Geschäftsführer Verbund Energy4Business (Bild oben, Foto: Verbund), spricht in einem Interview im Energie Report im Dezember 2022 von »low hanging fruits« im PV-Geschäft (Link). »Photovoltaik ist am wirksamsten, wenn die erzeugte Energie gleich am Standort verbraucht wird, ohne übers Netz gehen zu müssen.« Mit einer Freiflächen-Photovoltaik-Anlage auf der ehemaligen Deponie »Ofenloch« hat die Lenzing-Gruppe mit 5.560 kWp Leistung die jüngste Erweiterung der eigenen Stromerzeugung im Oktober 2022 in Betrieb genommen. Die jährlich erzeugte Strommenge entspricht 6000 MWh, bei einer jährlichen CO2-Ersparnis von rund 4.400 Tonnen. Es sind diese Projekte, die bereits zeigen, in welche Größen es künftig gehen wird.
Markus König, Geschäftsführer suntastic.solar (Bild oben, Foto: suntastic.solar), geht davon aus, dass der PV-Ausbau bis 2030 mit national erforderlichen 11 GWp rund zu einem Drittel im Privatbereich und zu zwei Dritteln über Großprojekte respektive gewerbliche Projekte stattfinden wird. "Beide Segmente sind für die Energiewende wichtig und unerläßlich, daher sind auch Großprojekte absolut notwendig", so König. Es gehe darum, "Strom dort zu produzieren, wo er verbraucht wird." Einen Engpass für den Ausbau sieht er bei fehlenden Anschlußleistungen auf Seite der Netzbetreiber. "Täglich werden Großprojekte abgesagt oder langfristig verschoben wegen fehlender Netzausbaupläne." Der PV-Distributor und Anlagenerrichter betrachtet mitunter Riesensolarparks im Eigentum der Energieversorger kritisch. Sie würden keine echte Betriebssicherheit und Unabhängigkeit für Unternehmen liefern.