Erzeugung, Speicherung und Anwendung von grünem Wasserstoff und Flüssiggas auf der Straße für die Strom- und Wärmeerzeugung. Aktuelle Vorzeigeprojekte aus Österreich und Deutschland.
MPREIS: Erster H2-Lkw im Einsatz
Der Tiroler Lebensmittelhändler MPreis hat den ersten wasserstoffbetriebenen Lkw Österreichs in Betrieb genommen. Den grünen Wasserstoff dafür stellt das Unternehmen selbst her. Dafür hat der Nahversorger Europas größte Single-Stack-Elektrolyseanlage errichtet, die am 2. März 2023 offiziell eröffnet wurde. In den nächsten Jahren soll der gesamte Fuhrpark sukzessive auf Brennstoffzellen-Lkw umgestellt werden.
Derzeit stößt die Lkw-Flotte von MPreis jährlich noch rund 4.000 Tonnen CO2 aus. Betankt wird der H2-Lkw am Firmensitz in Völs – die erste LKW-Tankstelle inklusive Trailerbefüllstation in Österreich und die derzeit leistungsstärkste Wasserstoff-Tankstelle in Europa. Ein H2-Lkw, der ohne Auflieger 19 Tonnen wiegt, braucht für einen vollen Tank circa 39 Kilogramm Wasserstoff. Vollgetankt ist er in rund elf Minuten. Die Strecke, die das Brennstoffzellen-Fahrzeug mit einem vollen Tank zurücklegen kann, beträgt etwa 450 Kilometer.
- Partner (Auszug): MPreis, Hyzon Motors, JuVe AutoMotion, FEN Research, Forschungszentrum HyWest, Sunfire, TIWAG
- Projekt: Mit dem emissionsfreien Sattelschlepper der Marke »Hyzon Hymax 250« werden zunächst Filialen angefahren, die in der Nähe der Inntalautobahn zwischen dem Firmensitz von MPreis in Völs bei Innsbruck und Kufstein liegen.
- Effekt: Ein H2-Lkw reduziert die Emissionen im Vergleich zu einem herkömmlichen Dieselfahrzeug um gut 65 Tonnen CO2 pro Jahr. Die eingesparte Diesel-Menge beträgt circa 25.000 Liter jährlich.
Wien Energie: Baustart für Erzeugungsanlage
Wien Energie und Wiener Netze starten mit der Errichtung der ersten städtischen Wasserstoff-Erzeugungsanlage in Wien-Simmering. Die Elektrolyseanlage erzeugt mit einer Leistung von drei Megawatt ab Sommer 2023 täglich bis zu 1.300 Kilogramm grünen Wasserstoff aus Ökostrom. Die H2-Erzeugungsanlage entsteht am Campus der Wiener Netze, betrieben wird sie künftig von Wien Energie. Das Investitionsvolumen beträgt rund zehn Millionen Euro.
Spatenstich im Wien: Peter Weinelt (Wiener Stadtwerke), Gudrun Senk (Wiener Linien), Gerhard Fida (Wiener Netze), Stadtrat Peter Hanke, Michael Strebl (Wien Energie), Thomas Steinhart (Bezirk Simmering), Karl Gruber (Wien Energie), Helmut Meixner (Wiener Netze). (Bild: Wien Energie/Martin Steiger)
Die täglich produzierte Wasserstoffmenge reicht aus, um etwa 60 Busse oder Lkw zu betanken. Neben der H2-Erzeugungsanlage entsteht in Simmering auch eine weitere Wasserstoff-Tankstelle. Dort können Verkehrs- und Logistikunternehmen künftig mit 350 oder 700 bar grünen Wasserstoff tanken. Nicht nur Mobilitäts-, sondern auch Industriepartner können dann den Wasserstoff beziehen. Dazu wird ein eigener Bereich für die Abholung mit Trailern eingerichtet. Auch die H2-Tankstelle am Gelände der Wiener-Linien-Busgarage in der Leopoldau wird in Zukunft von Simmering aus beliefert.
Bei den Wiener Linien kommt klimaneutraler Wasserstoff als Treibstoff für Busse bereits zum Einsatz. In den vergangenen Monaten wurde getestet, ab sofort ist der erste H2-Bus auf der Linie 39A im regulären Fahrgastbetrieb unterwegs. Erst kürzlich hat das Verkehrsunternehmen verkündet, dass die Linie 39A bis 2025 komplett auf emissionslose Antriebe umgestellt wird. Zehn Wasserstoff-Busse werden dann zwischen Heiligenstadt und Sievering unterwegs sein.
- Unternehmen: Wien Energie, Wiener Netze
- Projekt: Die PEM-Elektrolyseanlage (Protonenaustausch-Membran) mit 3 MW Leistung wird ab dem Sommer rund 54 Kilogramm Wasserstoff pro Stunde erzeugen – bis zu 1.300 Kilogramm pro Tag.
- Aussichten: In einem Forschungsprojekt wird im Kraftwerk Donaustadt Wasserstoff zum Erdgas beigemischt werden. Auch hier soll zum Teil Wasserstoff aus der neuen eigenen H2-Erzeugungsanlage zum Einsatz kommen.
Flaga: Flüssiggas im ländlichen Raum
Die Dekarbonisierung der Raumwärme spielt eine Schlüsselrolle in der Energiewende. Mitte März erfolgt die erste Lieferung von Biopropan an das Flüssiggas-Unternehmen Flaga in Österreich. Der Anbieter will die CO2-Emissionen seiner Kunden bis 2030 in diesem Bereich um 33 % und bis 2040 um 100 % reduzieren. UGI International, der Mutterkonzern von Flaga, investiert in Technologien für erneuerbares Gas, um dieses künftig CO2-neutral zu machen. »Mit diesem Vorhaben sind wir in bester Gesellschaft – auch in Frankreich, Deutschland, UK und den skandinavischen Ländern ist erneuerbares Flüssiggas bereits erhältlich, vielerorts sind weitere Produktionsstätten in Bau oder in Planung«, führt Flaga-Geschäftsführer Gerhard Ölsinger aus.
Gerhard Ölsinger, Geschäftsführer der Flaga GmbH. (Bild: FLAGA)
Aktuell verwenden rund 50.000 Kunden in Österreich Flüssiggas für das Heizen, Kochen oder für Prozesswärme vor allem im ländlichen Raum. Erneuerbares Flüssiggas stellt für viele in den Regionen die einzig leistbare Möglichkeit dar, fossile Brennstoffe zu ersetzen. Der Vorteil daran: Der Anteil an erneuerbarem Flüssiggas kann ohne zusätzliche Investitionen in Infrastruktur oder Umbauten stetig erhöht werden.
- Unternehmen: Flaga GmbH, UGI International
- Besonderheit: Flüssiggas zeichnet sich durch einfache Lager- und Speicherfähigkeit aus, der gesamte Jahresbedarf kann in der Regel direkt vor Ort eingelagert werden.
- Ziele: Flaga plant heuer als ersten Schritt im Freizeit-Segment (Grillen, Camping) 10 % Biopropan in Flaschengas beizumengen. UGI International will erneuerbares Flüssiggas und Dimethylether künftig auch selbst herstellen.
Enapter: Elektrolyseure in Dortmund
Das Technologieunternehmen Enapter hat im Rahmen einer Kooperation mit der Wilo Gruppe 96 AEM-Elektrolyseure zur Energieversorgung der Firmenzentrale Wilopark in Dortmund mit grünem Wasserstoff geliefert. Die sogenannte H2-Powerplant wird durch eine eigene Photovoltaikanlage gespeist. Die Gesamtanlage erzeugt mittels Solarpaneel auf dem Dach des Wiloparks grünen Strom, den die Elektrolyseure von Enapter in grünen Wasserstoff wandeln und in einem über 29 Meter langen Tank mit einem Fassungsvermögen von 520 Kilogramm speichern.
Es ist geplant, dass das modulare System auf Basis der »Anion Exchange Membrane«-Elektrolyseure jährlich bis zu zehn Tonnen grünen Wasserstoff produziert. Im ersten Schritt wird die H2-Powerplant als Pilotanlage Notstrom beziehungsweise Netzersatzversorgung für die Firmenzentrale von Wilo bereitstellen. In einer weiteren Erweiterungsstufe soll dann die Anlage eine autarke Stromversorgung erlauben.
- Beteiligte: Enapter AG und Wilo Gruppe
- Fertigstellung: Mit 96 in Reihe geschalteten AEM-Elektrolyseuren schafft die Wilo Gruppe die Grundlage für eine autarke, dezentrale und regenerative Energieversorgung im neuen Firmensitz mit Verwaltung und Produktion.
- Produktionskapazität: zehn Tonnen H2 pro Jahr
(Bilder: MPREIS, Wilo Dortmund)