Die Arzneimittelproduktion ist sehr energieintensiv: Rohstoffe und Medikamente müssen gekühlt und chemische Prozesse gleichzeitig durch Energiezufuhr in Gang gesetzt werden. Das ist nicht gerade nachhaltig. Der japanische Biopharmazeut Takeda entwickelt in Wien nun ein innovatives Wärmepumpen-System, das mit natürlichen Energiequellen für bis zu 90 Prozent weniger CO2 -Emissionen sorgen soll.
Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK), dem Klima- und Energiefonds und dem AIT Austrian Institute of Technology (AIT) präsentierte Takeda ein New Energy for Industry (NEFI)-Projekt der FTI-Initiative „Vorzeigeregion Energie“: Das Forschungsprojekt AHEAD (Advanced Heat Pump Demonstrator). An einem der größten Takeda-Produktionsstandorte in Wien soll die dampferzeugende Wärmepumpe erstmals zum Einsatz kommen - und dafür sorgen, dass der Betrieb nahezu emissionsfrei vonstatten geht. Die Innovation wird ausschließlich mit natürlichen Kältemitteln betrieben. Karl-Heinz Hofbauer, Vorstand der Takeda Manufacturing Austria AG und Leiter der Takeda-Produktionsstandorte in Wien, erklärt: „Takeda ist sich seiner Verantwortung gegenüber der Umwelt bewusst: AHEAD wird beispielgebend für andere internationale Takeda-Standorte und ein Vorzeigemodell für die gesamte Arzneimittelindustrie.“
Volker Schaffler, Leiter der Abteilung Energie- und Umwelttechnologien des BMK, das das Forschungsprojekt fördert, betont: „Österreich hat sich dazu verpflichtet bis 2040 klimaneutral zu werden. Dieser wichtige Schritt bedarf gemeinsamer Anstrengung und Österreichs Industrie ist hierbei ein zentraler Akteur. Dafür braucht es Forschung, Entwicklung und vor allem die Demonstration unter Realbedingungen.“ Der Geschäftsführer des Klima- und Energiefonds, Bernd Vogel, ergänzt: „Die Industrie ist einer der zentralen Hebel für das Erreichen der europäischen und nationalen Klimaziele: Um industrielle Prozesse nachhaltiger zu gestalten, müssen innovative Technologien entwickelt werden und Unternehmen, Forschungseinrichtungen und die öffentlichen Hand Schulter an Schulter gehen – wie hier bei diesem Projekt ,AHEAD‘.“
„Unser nächstes Ziel ist, bis 2035 Zero-Emission zu erreichen. AHEAD ist ein wichtiger Schritt auf diesem Weg“, betont Karl-Heinz Hofbauer, Takeda Austria-Vorstand. (Bild: Lukas Lorenz)
Heizen und Kühlen sehr energieintensiv
Harald Erös, AHEAD-Projektleiter bei Takeda, erläutert: „Das Forschungsprojekt AHEAD liefert eine umweltfreundliche Lösung für die Dampfversorgung industrieller Prozesse. Ein großer Teil des Prozesswärmebedarfs in der Arzneimittelproduktion wird bis dato hauptsächlich durch Erdgas gedeckt.“ Mit dem Projekt AHEAD sei das nicht mehr nötig: Durch die Wärmepumpe werde eine CO 2 -Reduktion von bis zu 90 Prozent und über sieben Monate völlige Emissionsfreiheit pro Jahr erreicht. „Dies entspricht 1.900 Tonnen CO 2 pro Jahr.“ Es werde bereits an einem Konzept gearbeitet, mithilfe dessen man das AHEAD-System auch an den anderen österreichischen Standorten implementieren kann. Außerdem wird daran geforscht, welches Potenzial das System für andere wichtige Industriesektoren mit hohem Energieaufwand biete, beispielsweise der Papier-, Chemie- oder Lebensmittelindustrie.
„Dies ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg, vor 2035 unsere Betriebsstätten mit Netto-Null Treibhausgasen Emissionen zu betreiben“, meint AHEAD-Projektleiter Harald Erös. (Bild: Erös)
Aus Kälte wird Wärme - und aus Wärme wird Dampf
Das technische Fundament des AHEAD-Projekts ist eine bereits in Betrieb befindliche Energiezentrale am Takeda-Standort in Wien, in der die Kälteerzeugung auf 100 Prozent natürliche Kältemittel umgestellt wurde. Diese Kältemittel sind nicht nur hocheffizient, sondern geben auch kein CO2 ab. Mit der Zentralisierung der Kühlung wurde gleichzeitig die Möglichkeit geschaffen, ebenjene für die Wärmerückgewinnung zu nutzen. Dabei wird die Abwärme der Kälteanlage weiterverwendet und mit einer Wärmepumpe auf 65 bis 70°C erwärmt. Diese wird bereits jetzt für das Heizungswasser des Standorts verwendet.
AHEAD wird in Zukunft die vorhandene Wärme des Heizungswassersystems durch eine weitere spezielle Wärmepumpe zur Dampferzeugung nutzen. Die technische Herausforderung dabei ist, dass es aufgrund der hohen Temperaturen zu thermischen Problemen im Verdichter oder Problemen mit dem Kältemaschinenöl kommen kann. Zudem sind die meisten herkömmlichen Kältemittel nicht für so hohe Temperaturen geeignet. Es existiert aber bereits eine Wärmepumpe, bis zu 165 Grad Celsius liefern kann: Ebenjene Wärmepumpe der SPH Sustainable Process Heat GmbH wird nun für den Einsatz natürlicher Kältemittel adaptiert, um so das Heizungswasser zuerst von 65 auf etwa 130 Grad zu erwärmen und dabei zu verdampfen. Dieser Dampf wiederum wird auf 11 bar verdichtet und dabei auf über 184 Grad erhitzt, so wie es für die Arzneimittelproduktion erforderlich ist. In der Kombination mit Dampfverdichtern erreicht das System sogar höchste Wärmenutzungstemperaturen von 200 - 260 Grad Celsius.
Ende 2024 soll das System erstmals in Betrieb gehen. Gegen Ende 2025 findet die finale Auswertung des Projekts statt.
(Titelbild: Takeda)