Welche Erwartungen haben Sie für 2023? Welche Themen werden Sie bei ihren Kunden und in der Wirtschaft positiv adressieren können? Der Energie Report hat in der Energiewirtschaft und Industrie nachgefragt.
Beitrag für Energiezukunft
Barbara Schmidt, Generalsekretärin Oesterreichs Energie
»Die E-Wirtschaft blickt auf ein Jahr der Krisen zurück, die wohl auch die kommenden Monate bestimmen werden. Angesichts dieser Entwicklungen ist rasches Handeln weiterhin geboten. Gleichzeitig dürfen aber langfristige Ziele nicht aus den Augen verloren werden: In sieben Jahren soll Österreich vollständig mit erneuerbarem Strom versorgt werden, 2040 soll das Land klimaneutral sein. Dafür muss sich die erzeugte Strommenge verdoppeln, die installierte Leistung verdreifachen, Netze und Speicher müssen massiv ausgebaut werden. Gleichzeitig soll die Versorgung gesichert und der Strompreis stabilisiert werden. Damit all das gelingen kann, brauchen wir ein stabiles Umfeld und Rahmenbedingungen, die umfassende Investitionen in die Energiewende ermöglichen. Dafür werden wir uns 2023 einsetzen – die E-Wirtschaft kann und will ihren Beitrag zu unserer Energiezukunft leisten.«
Schub für Wende
Brigitte Ederer, Sprecherin des Forums Versorgungssicherheit
»Ich erwarte für 2023 einen gewaltigen Schub vorwärts in Richtung Energiewende. Das ist eine Folge der aktuellen Krise. Wir erleben bereits einen Boom bei Photovoltaik. Mit der Zunahme von Wind- und Sonnenenergie steigt die Notwendigkeit zur Speicherung, ich erwarte, dass dadurch Innovationen in der Wasserstoff-Technologie wie auch bei anderen Speichertechnologien ausgelöst werden. Was ich mir wünsche: Dass die Gesetzgebung und die Regulierung mit diesen Veränderungen Schritt halten. Derzeit sind viele Fragen ungeklärt, gerade rund um die netzdienliche Speicherung. Oder auch, ob die Netzbetreiber Produktionsspitzen beim Einspeisen abregeln dürfen, um die Kapazität der Netze besser zu nutzen. Ebenso sollte das schon lang in Diskussion stehende Tarifsystem 2.1 mit Leistungstarifen umgesetzt werden.«
All Electric Society
Thomas Lutzky, Geschäftsführer Phoenix Contact Österreich
»Phoenix Contact verfolgt das Ziel, einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung der Vision der ›All Electric Society‹ zu setzen. Mit unseren Produkten für die Elektrifizierung, Vernetzung und Automatisierung bieten wir schon heute ein großes Portfolio für die Segmente Photovoltaik, Wind, Wasserkraft, Elektro-Mobilität, Smart-Grid, Gebäudeautomation und Sektorkopplung. Wir sind daher überzeugt, auch 2023 als geschätzter Partner der Energiebranche weiter wachsen können. Neben Klemmleisten, Markierungssystemen und Generatoranschlusskästen stellt unser Angebot im Bereich der Regler für Erzeugungsanlagen, Schutztechnik oder für die Digitalisierung von Ortsnetzstationen einen Schwerpunkt unserer Aktivitäten dar.«
Marathon, kein Sprint
Roland Kuras, Geschäftsführer PowerSolution Energieberatung
»Mit dem Krieg in der Ukraine ist eine Energiekrise ausgelöst worden, die man seit der Ölpreiskrise in den 70er-Jahren nicht mehr gesehen hat. Wie wurde 1973 reagiert? In Österreich wurden vor allem kurz- und mittelfristige Maßnahmen ergriffen, um den Energieverbrauch der Haushalte zu reduzieren. Dazu zählte ein Tempolimit, verlängerte Schulferien (›Energieferien‹) und ein autofreier Tag. In den Folgejahrzehnten hat unsere Gesellschaft jedoch geglaubt, dass eine derartige Energiekrise durch eine enge wirtschaftliche Verflechtung nicht mehr passieren könne. Mit Folgen, die wir heute zu spüren bekommen. Die Energiepreise werden auch 2023 auf einem sehr hohen Niveau bleiben. Viele Verbraucher*innen werden erst im kommenden Jahr den Preisschock erleben, da sie für das Jahr 2022 von einem fixen Strom- beziehungsweise Gaspreis profitiert haben. Um nicht die gleichen Fehler der Ölpreiskrise ’73 zu wiederholen, muss langfristig gedacht und in eine nachhaltige Energieversorgung investiert werden. Unabhängig von fossilen Energieträgern zu werden, ist ein Marathon, kein Sprint.«
Einsparungspotenziale erkennen
Christian Ammer, Geschäftsführer ista Österreich
»Wir rechnen Wärme, Kälte, Warm- und Kaltwasser sowie Sonnenstrom aus gemeinschaftlichen Erzeugungsanlagen bedarfsgerecht ab. Bei den aktuell hohen Energiekosten ist eine verbrauchsgerechte Abrechnung immer wichtiger. Dadurch wird es für Wohnungsnutzer*innen möglich, individuelle Einsparungspotenziale zu erkennen. Dabei hilft auch das monatliche ›VerbrauchsDatenMonitoring‹ von ista. Ein mehr an Transparenz führt zu Einsparungen, jedenfalls gilt: Jede vermiedene Kilowattstunde ist die günstigste und umweltfreundlichste!«
Fundamentale Transformation
Gerhard Christiner, Technischer Vorstand APG
»Die Energiewirtschaft befindet sich in einer fundamentalen Transformation. Versorgungssicherheit wurde als Schlüsselthema für Wirtschaft, Standort und Gesellschaft erkannt. Die Investitionen in die Netzinfrastruktur der APG in der Höhe von 3,5 Milliarden Euro bis 2032 sind der Schlüssel, um die Energiewende versorgungssicher zu schaffen. Damit das gelingt, braucht es eine Gesamtsystemplanung und die Umsetzung von allen Projekten in den Bereichen Netze, Speicher, Produktion, Reserven und digitale Plattformen. Nur wenn die notwendigen Kapazitäten gesamthaft implementiert werden, Flexibilität mittels digitaler Plattformen nutzbar zu machen, kann Versorgungssicherheit leistbar geschaffen und die Elektrifizierung von Wirtschaft, Industrie und Gesellschaft realisiert werden. Es ist Zeit zu handeln. Wir müssen stolz auf die sichtbaren Zeichen – Masten, Windräder, PV-Anlagen – der Energiewende sein.«
Automatisierungsschub
Michael Finkler, Geschäftsführer Business Development proALPHA
»Das Jahr 2022 hat ganz klar die Druckpunkte im ERP-Bereich aufgezeigt: Unternehmen müssen schneller, flexibler und anpassungsfähiger auf geopolitische und wirtschaftliche Situationen reagieren. Hierbei wird – gerade in Zeiten mit begrenzten Mitteln und Ressourcen – dem im Unternehmen eingesetzten ERP-System eine noch bedeutendere Rolle zukommen als bisher. Denn als digitales Rückgrat eines Unternehmens spielt es beim Zusammenhalt partnerschaftlicher Ökosysteme, der Verzahnung von Lieferketten und somit auch für den Fortgang in der Produktion eine unternehmensentscheidende Rolle. Die klassische Produktionsplanung könnte vor einer Renaissance stehen. Dazu werden smarte und prädiktive Beschaffungslösungen sowie nahtlos integrierbare Tools aus der Cloud auf Basis von KI, Machine Learning und Robotic Process Automation dem klassischen ERP-System mehr Intelligenz und den nötigen Automatisierungsschub verleihen.«
(Bilder: iStock, Regina Hügli, Christopher Fuchs, Petra Halwachs, PowerSolution, ista, Rudi Fröse, www.economy-business.de)